Geheime Kredite von China bergen „riesiges Transparenzproblem“
„Durch Geheimhaltungsklauseln und fehlende Daten wissen wir einfach kaum etwas über die riesigen Kreditsummen, die China an Entwicklungs- und Schwellenländer vergibt. Das macht es schwer – für die Öffentlichkeit wie für Investoren -, Länderrisiken abzuschätzen“, sagte Trebesch im Gespräch mit dem ZDF.
Doch wieviel ein Staat zu welchen Konditionen schuldet, sei absolut notwendig zu wissen, um die finanzielle Stabilität einzuschätzen. „Das ist im Falle der chinesischen Kredite einfach nicht gegeben. Wir haben also ein riesiges Transparenzproblem“, so der Ökonom weiter. Die „Washington Post“ bezeichnete Kredite von China als „tickende Zeitbombe“.
Chinas Knebelverträge weichen von internationalen Standards ab
„Die Konditionen, zu denen China Geld vergibt, sind meist ungünstiger als bei anderen öffentlichen Geldgebern“, so Trebesch weiter. Dazu zählen zum Beispiel jene der Weltbank oder der OECD. Denn „anders als andere öffentliche Kreditgeber vergibt China aber den Großteil der Kredite zu Marktkonditionen, das heißt zu relativ hohen Zinsen und kurzen Laufzeiten“. Und das Gros der Kredite sei eben „staatlich gelenkt“, sei es durch staatliche Unternehmen, staatliche Banken oder die Regierung selbst.
Im Vergleich dazu enthalten Verträge mit anderen öffentlichen Kreditgebern längere Laufzeiten und Zinssätze unter Marktniveau. Und nicht nur das. Die teilnehmenden Staaten verpflichten sich darüber hinaus zur Geheimhaltung.
Die Rückzahlungen seien darüber hinaus häufig auch durch Sicherheiten (zum Beispiel Öl, Kupfer, Unternehmensgewinne) abgesichert. In Wirklichkeit seien viele Projekte seitens China von „Betrug und Verschwendung“ geprägt, schreibt die „Washington Post“ weiter.
Präzedenzfälle: „Egal was passiert – an China wird zurückgezahlt“
Aktuell berichtete „The Wall Street Journal“, dass Sambia möglicherweise bald eine strategische Reserve, die drittgrößte Kupfermine – im Gegenzug für einen Schuldenerlass an China übertragen könnte.
Ecuador, ein Land, das sehr stark von der Corona-Pandemie betroffen ist, sei „in großem Stil bei China verschuldet“, betont Trebesch. Neben sehr hohen marktüblichen Zinsen von 6 bis 7 Prozent müsse Ecuador in den kommenden Jahren Teile der Öleinnahmen an China abtreten. Das zeige, sagt Trebesch: „Egal was passiert – an China wird zurückgezahlt“.
Ein weiteres Beispiel sei Kenia, das ebenfalls „hoch gegenüber China verschuldet ist“, unter anderem für eine wichtige Bahnlinie von China nach Kenia. Wenn Kenia die Kredite nicht zurückzahlen kann, darf China Staatseigentum von Kenia pfänden (zum Beispiel den Hafen). Übrigens: Gerichtsstand ist Peking. „Das wirft natürlich viele Fragen auf“, sagt Trebesch, denn „man hätte auch den Standort London wählen können“.
Als Sri Lanka im Dezember 2017 mit 1,3 Milliarden US-Dollar Schulden in Verzug geraten war, musste Sri Lanka mehr als 70 Prozent seines strategischen Hambantota Hafen am Indischen Ozean an ein chinesisches Staatsunternehmen für 99-Jahre verpachten.
Wie hoch sind die Schulden?
Insgesamt sollen Chinas Direktkredite im Jahr 2018 mehr als 1,6 Billionen US-Dollar (2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes) betragen haben. Davon gingen die meisten an Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Die Schulden der ganzen Welt gegenüber China (inklusive Staatsanleihen) betragen 5 Billionen US-Dollar. Dies ergibt sich aus einer Studie des IfW, an der auch Trebesch beteiligt war. Erstmalig ermittelte das IfW, wie hoch die Schulden gegenüber China sein könnten.
Dabei stellten die Ökonomen fest: „Rund 50 Prozent der internationalen Kredite Chinas an Entwicklungs- und Schwellenländer tauchen nicht in offiziellen Statistiken auf“. Also weder überstaatliche Institutionen wie der Pariser Club, der Internationale Währungsfonds oder Ratingagenturen noch private Datenanbieter zählen diese Kredite auf. Die Schuldenhöhe der Entwicklungs- und Schwellenländer stellt sich in Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsproduktes so dar:
- Länder, die an der Neuen Seidenstraße teilnehmen (8,8 Prozent)
- Ölexportierende Länder (rund 8 Prozent)
- (Weitere) Entwicklungsländer (11 Prozent)
- (Weitere) Schwellenländer (6,5 Prozent)
Die Zahlen zeigen, dass die Entwicklungsländer am meisten von China abhängig sind. Einige Länder der Neuen Seidenstraße hätten bereits „stark von China geliehen“.
Schuldenerlasse begünstigen Peking
Jüngst stundeten die G-20-Mitglieder die Kredite gegenüber den 77 ärmsten Ländern der Welt bis Ende 2020.
China gehört zwar auch zu den G 20, doch „angesichts der Unklarheit darüber, was die Nationen China tatsächlich schulden, besteht für die Vereinigten Staaten und die (…) Gläubiger des Westens ein echtes Risiko, dass der Schuldenerlass (…) an Pekings Banken weitergeleitet wird“, schreibt die „Washington Post“. Außerdem sollen sich aktuell „chinesische Gesandte“ gegenüber Afrika, das bilateral um Hilfe suchte, auf Übertragung von Staatsvermögen berufen haben, schreibt „The Wallstreet Journal“.
Eine international koordinierte Reaktion auf die Finanzkrise sei nicht möglich, solange China „seine Kredite in Übersee [nicht] völlig sauber hält“, so die „Washington Post“ weiter. Selbst eine „umfassendere Umstrukturierung“ erfordere dennoch „wesentliche Änderungen in der Politik Pekings“.
Die „Washington Post“ fordert daher: „Da Peking seiner globalen Verantwortung für die öffentliche Gesundheit nicht nachgekommen ist, darf es nicht gestattet werden, mit Geheimhaltung und Selbstbezogenheit im globalen Finanzwesen davonzukommen.“
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