Was die Kommunistische Partei Chinas unter „erfolgreicher Erziehung“ versteht
Die junge Generation hat sich in den Protesten in Hongkong gegen das umstrittene Auslieferungsgesetz als Drahtzieher erwiesen. Sie haben der Welt deutlich gezeigt, dass sie bereit sind für Freiheit und Menschenrechte einzutreten – auch wenn es ungemütlich wird. Was der Rest der Welt als Zeichen für Mut und Hingabe deutet, ist für Peking eine Form von „Ungehorsam“, welches dem Mangel an „patriotischer Erziehung“ in Hongkong zuzuschreiben ist.
„Einige Jugendliche in Hongkong werden immer radikaler. Die Wurzel davon liegt in den Schulen und das Problem ist die Erziehung – oder besser gesagt, die fehlende patriotische Erziehung“, sagt Margaret Chan Fung Fu-Chun, ein Mitglied des Nationalen Volkskongresses am 28. August 2019 in einer Rede.
„Es ist eine Notwendigkeit für einen Lehrer patriotisch zu sein und Hongkong zu lieben“, fährt Frau Chan fort. Weiters betont sie die Wichtigkeit junges „Frischfleisch“ heranzuziehen, das diese Qualitäten besitzt. Dafür will sie bei der Lehrerausbildung nun strengere Schritte setzten.
Mit dieser Ansicht steht sie innerhalb der Partei nicht allein. Andere Anführer der kommunistischen Partei Chinas gehen dabei noch einen Schritt weiter: Sie haben vorgeschlagen, dass alle auszubildenden Lehrer ein Praktikum in Festlandchina absolvieren müssen, damit sie ein „erfolgreiches Beispiel bezüglich patriotischer Erziehung“ kennenlernen.
„Bitter Winter“ (ein Magazin zum Thema Glaubensfreiheit und Menschenrechte in China) hat daraufhin Interviews mit Lehramtsstudenten sowie fertig ausgebildeten Lehrern durchgeführt und dabei nach der besagten „patriotischen Erziehung“ gefragt.
Politische Einstellung wichtiger als Lehrkompetenz
Ein Lehrer aus Yangquan, einer Stadt im Westen von Shanxi, berichtet, dass im März dieses Jahres viele Lehrer an einer sogenannten „Selbstinspektion und Selbstkorrektur“ teilnehmen mussten. Dabei wurde von den Lehrern gefordert ihre „politische Richtung zu festigen“ und die Reden von Xi Jingping aufmerksam zu studieren.
Anschließend mussten alle Lehrer in Gruppendiskussionen reflektieren und öffentliche Eigenbewertungen durchführen. Zudem war jeder Teilnehmer verpflichtet zumindest 5000 Zeichen Notizen mitzuschreiben.
In manchen Schulen ging es sogar so weit, dass alle angestellten Lehrer die Reden von Xi Jinping abschreiben mussten. Dazu sollten sie einen persönlichen Bericht beilegen, was sie aus dieser Erfahrung gelernt hätten.
Ich fühlte mich, als wäre ich zurückversetzt in die Zeit der Kulturrevolution, wo die Bevölkerung die Zitate von Chairman Mao abschreiben musste“, beschwert sich ein Lehrer.
„Noch bevor eine Rede fertig abgeschrieben ist, folgt schon die nächste. An manchen Tagen, wenn ich sehr viel abschreiben muss, brauche ich bis zwei oder drei Uhr morgens. Das raubt mir meine Energie für den Unterricht am nächsten Tag.“
Der Rektor einer Schule in Yuncheng sagt zu den Entwicklungen:
Ich weiß nicht, ob unsere Gesellschaft sich vorwärts entwickelt oder Rückschritte macht. Wir haben das 21. Jahrhundert und müssen immer noch ‚Selbstinspektion und Selbstkorrektur‘ machen. Manchmal ist es so streng, dass wir kaum atmen können.“
Eine andere Lehrerin fügt hinzu, dass seit Beginn des Jahres viel politischen Arbeit zur Lehrtätigkeit hinzugefügt wurde. „Ich arbeite schon seit Jahrzehnten als Lehrerin, aber dieses Jahr ist es am schlimmsten“, sagt sie.
Eigentlich ist die Aufgabe von Schulen, zu unterrichten. Es ist in Ordnung, wenn die Regierungsabteilungen solche Aktivitäten durchführen, aber warum lässt die KP China die Lehrer und Schüler daran teilnehmen? Die Ausbildung der Schüler wird dadurch verzögert. Das ist als würde man das Pferd von hinten aufzäumen.“
Ein deutliches „Nein“ zu Religionen
Alle befragten Lehrer und Studenten waren sich einig, dass religiöse Einstellungen nicht kompatibel mit den Ideologien des kommunistischen Regimes sind. Die Regierung habe religiöse Ansichten weitgehend aus dem Bildungswesen verbannt. Religiöse Jugendliche werden bei der Studienplatzvergabe systematisch benachteiligt. Der Grund dafür ist, dass Universitäten zu den Hauptzielen der kommunistischen Indoktrinierung gehören.
Eine junge Lehramtsstudentin, die Christin ist, berichtet, dass sie trotz ausgezeichneter Noten immer wieder von den Schulleitern zu Befragungen gerufen werde, um sie unter Druck zu setzen.
Die Parteisekretärin der Schule sagte mir, dass der Staat ’sozialistische Erfolgsmenschen‘ heranbildet und dass ich als eine Gläubige nicht geeignet wäre, Lehrerin zu sein“, erinnert sich die junge Studentin an eine der Befragungen.
„Wegen meinem Glauben musste ich auch sechs oder sieben schriftliche Selbstkritiken abgeben und durfte nicht an Wettbewerben für Lehrqualifikationen mitmachen.“
Zudem wurde die Studentin auch aus der Studierendenvereinigung geworfen sowie von allen anderen Funktionen in ihrer Klasse suspendiert. Als weitere Schikane strich man ihr kurzerhand das nationale Stipendium, das sie zu Beginn des Semesters erworben hat.
Ein weiterer Student erzählt „Bitter Winter“, dass im Vorjahr ein „zentrales Religion-Inspektionsteam“ das Luoyang Normal College im Westen von Henan inspiziert habe. Dabei seien Studenten aufgefordert worden, das informelle Regelbuch über Ethik und religiöses Recht zu zitieren. Alle, die sich für einen Glauben aussprachen, wurden bestraft.
Der Student ist der Meinung, dies geschehe, um sicherzustellen, dass niemand die Universität abschließt, der einen Glauben praktiziert. Damit würde bewirkt, dass auch niemand den zukünftigen Schülern religiöse Werte vermittelt.
Bildung und Politik verschmelzen
Fast alle befragten Universitätsstudenten gaben an, dass sich in China Bildung und Politik immer stärker vermischen. Schulen verpflichten die Lehrer und Studenten, die politischen Reden von Xi Jinping, sowie den Inhalt des 19. Nationalen Kongresses der KP China zu lernen. Ebenso müssen die Theorien und Ideologien der kommunistischen Partei studiert werden.
„Wenn wir uns weigern dies zu lernen, wird es unsere Zukunft, die Möglichkeit ins Ausland zu gehen sowie die Universität abschließen zu können, negativ beeinflussen“, offenbart ein Schüler aus Henan.
Am Tag der Rede von Margaret Chan zierte die Titelseite der offiziellen Zeitung der KP China, „People´s Daily“, eine Anleitung, wie man die Probleme von Hongkongs Bildungssystem lösen soll. Darin propagiert der Autor Methoden, um zu verhindern, dass die „schwarzen Hände der Politik-manipulierenden Jugendlichen auch die chinesischen Universitäten erreichen“.
Unter Anbetracht der Kontrollmaßnahmen und des Druck, den die kommunistische Partei Chinas auf das Bildungssystem ausübt, stellt sich die Frage, wessen „schwarze Hände“ in Wirklichkeit nach den chinesischen Studenten greifen.
Der Artikel wurde aus dem Englischen von „Bitter Winter“, einem Magazin zum Thema Glaubensfreiheit und Menschenrechte in China, übernommen. Deutsche Bearbeitung (cs).
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