Tochter wollte Vater aus China retten: KP verweigert Dissidenten in letzter Sekunde die Ausreise
Am 27. Dezember 1999 war Wang Zhiwen zu 16 Jahren Haft verurteilt worden – in einem Schauprozess, der im Fernsehen übertragen wurde. Nach 6 Monaten Folter und versuchter Gehirnwäsche war er gezeichnet, hatte graue Haare bekommen. Eine lange Leidensgeschichte folgte. Auch für seine Tochter Danielle, die damals gerade mal 19 war. Seit Jahren unternahm sie in den USA alles zur Befreiung ihres Vaters. Nun sah es so aus, als könnte sie ihn endlich aus China herausholen. Und diese Hoffnung war nicht unbegründet.
Er bekam überraschend einen Pass
Im Oktober 2014 war Wang freigelassen worden, kam aber sofort unter Hausarrest. Im Januar 2016 gelang es ihm überraschend, einen Pass zu beantragen.
Da er einen Pass besaß, beschloss seine Tochter, ihn zu sich in die USA zu holen. Sie flog dazu mit ihrem Mann nach China, um die nötigen Formalitäten zu erledigen. Zunächst klappte alles. Doch als sie mit ihrem Vater am Flughafen war, zerschnitt ein Mitarbeiter des Zollamts den Pass einfach mit einer Schere: Das „Büro für öffentliche Sicherheit“ habe das Dokument für ungültig erklärt, so seine Begründung.
Die Befreiung war damit gescheitert. Danielle war einem Zusammenbruch nahe: Sie und ihr Mann mussten schleunigst in die USA zurückkehren und den Vater seinem Schicksal überlassen.
Und beiden war auch klar, dass Wang immer noch Zielscheibe ist, weil er aus Überzeugung Falun Gong praktiziert und seine Lebensphilosophie nicht der KP-Ideologie unterordnen will.
„Agenten folgten uns überall hin“
In den wenigen Wochen, die Danielle in China verbrachte, um die Ausreise ihres Vaters vorzubereiten, erlebten sie und ihr Mann die riesige Drohkulisse, die das KP-Regime gegen einen einzelnen Menschen aufzufahren bereit ist. Weil in der Wohnung ihres Vaters vier Videokameras installiert waren, die ihn ständig filmten, traf sie ihn nur außerhalb. Und egal was er tat, immer standen zwei Bewacher neben ihm. Diese Bewacher galt es, abzuschütteln.
Danielle kam auch ganz überraschend nach China: Weil sie wusste, dass am Telefon die Stasi immer mithört, hatte sie nach der Freilassung nur selten mit ihrem Vater telefoniert und ihm kein Sterbenswort von ihrem Plan erzählt.
Wang Zhiwen berichtete selbst über den „Hausarrest“: Immer wenn sich ein „politisch sensibles Datum“ jährte, kamen Agenten, die ihn für mehrere Tage extra überwachten. Im Juli 2016 „klebten“ sich sogar zwei Agenten an ihn, immer wenn er das Haus verließ.
Flucht aus Peking
Um den „Klebeband“-Agenten zu entkommen, verließen Danielle und ihr Vater die Wohnung mitten in der Nacht und in schwarzen Kapuzenjacken. Ein Mann hinter ihnen knipste eine Taschenlampe an und wollte ihnen folgen. „Da habe ich meinen ganzen Mut zusammengenommen, bin auf ihn zu und habe ihn angeschrien“, erzählt Danielle. Der Agent lief erschrocken davon.
Es gelang den dreien, ohne Verfolger ins 2.000 Kilometer entfernte Guangzhou zu fahren, um im dortigen US-Konsulat die Formalitäten zu erledigen. In Guangzhou fühlten sich sich endlich freier. Sie waren der Überwachungs-Hölle von Peking vorübergehend entkommen.
Wang Zhiwen schaute sich trotzdem ständig um, weil er wusste, es würde wieder losgehen. Und tatsächlich: Bald waren sie wieder von Leute umgeben, die sich sonderbar benahmen. Diesmal waren es aber keine Polizisten, sondern scheinbare Liebespärchen oder Familien, die ausgerechnet in ihrer Nähe Fotos oder Selfies machten. Merkwürdigerweise hatten alle die gleiche kleine Kamera mit goldenem Deckel.
Polizei-Aufgebot stürmte nachts ins Hotel
Die dramatischste Szene erlebten die drei dann in einem Hotel in Guangzhou: Mitten in der Nacht hämmerte auf einmal die Polizei an ihre Tür mit 20 bis 30 Mann. Aufmachen kam nicht in Frage. Danielle schrie die Polizisten durch die Tür an: „Wir sind Amerikaner. Verhaftet uns, wenn ihr einen außenpolitischen Skandal wollt!“ Um Hilfe zu bekommen, riefen sie sofort beim US-Konsulat an.
„Manchmal folgten uns auch Autos“, sagte Danielle. „Innerhalb von wenigen Tagen folgten uns mehrere dutzend Agenten auf Schritt und Tritt.“ Am Tag, als sie China verlassen wollten, folgten ihnen sogar Agenten-Pulks. „Sie machten ständig Fotos von meinem Vater“, sagt Danielle. Auch noch kurz vor dem Schalter, an dem der Beamte den Pass mit der Schere zerschnitt …
Wer ist Wang Zhiwen?
Wang Zhiwen ist einer der bekanntesten Vertreter von Falun Gong im Festland China. Er hatte in den 90er Jahren in Peking einen Übungsplatz betreut, wo er Interessierten die Meditationsübungen beibrachte, die wegen ihrer positiven Wirkung auf Körper und Geist tausende Anhänger fand.
Der Schauprozess gegen ihn und drei weitere Vorstände des einstigen „Falun Dafa-Vereins“ in China, wurde 1999 landesweit im Fernsehen ausgestrahlt. Wang war Eisenbahn-Ingenieur, KP-Mitglied und wie die drei anderen Angeklagten ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft. Mit seiner Verurteilung zu 16 Jahren Haft sollte ein Exempel statuiert werden, das andere Falun Gong-Anhänger einschüchterte. Dies gelang jedoch nicht. Die eigentlich unpolitische Bewegung entwickelte sich zur größten Widerstandskraft gegen das kommunistische Regime. Viele Falun Gong-Praktizierende in China betreiben bis heute auf eigene Faust und unabhängig von einander Aufklärungsarbeit über die illegale Verfolgung und die Menschenrechtsverbrechen der KP.
Ein politischer Machtkampf
EPOCH TIMES-Kolumnist Xia Xiaoqiang sieht den Fall vor dem Hintergrund des KP-internen Machtkampfs, bei dem die Menschenrechtsverbrechen gegen Falun Gong und deren Vertuschung eine entscheidende Rolle spielen.
In der KP-Hierarchie wollte jemand dem berühmten Dissidenten die Ausreise ermöglichen. Doch der Plan wurde intern sabotiert. „Das heißt, es findet ein Kampf statt“, so Xia, der davon ausgeht, dass Staatschef Xi Jinping auf der Seite Wangs steht und Kräfte der Jiang Zemin-Fraktion die Ausreise verhinderten.
„Die Geschichte Wangs ist ein Beispiel für die Verfolgungspolitik gegen Falun Gong. Wang ist eine Symbolperson. Hinzu kommt, dass seine Tochter den Fall seit Jahren international bekannt gemacht hat und auch die US-Regierung ein Auge darauf hat. Der Machtkampf um das Thema Falun Gong ist also noch immer sehr erbittert“, sagt Xia. Er meint, Jiangs Gefolge würde genau solche Geschichten inszenieren, um Xi Jinpings Image zu schaden – speziell in Fällen mit internationaler Aufmerksamkeit.
Xi wird dann von der Öffentlichkeit automatisch als Schuldiger wahrgenommen, auch wenn Ex-Staatschef Jiang Zemin und Ex-Premier Zheng Qinghong die Fäden gezogen haben.
Xia sagt: „Für Xi ist das ein Problem. Egal wie sehr sich der jetzige Staatschef bemüht, solange er nicht offiziell die Vorgänger-Regierenden Jiang und Zheng festnimmt und die Verfolgung von Falun Gong beendet, wird er keine Mittel haben, in China für Rechtsstaatlichkeit und Religionsfreiheit zu sorgen. Es werden leere Worte bleiben.“
Siehe auch: Fünf Dissidenten Töchter aus China: „Rettet unsere Väter!“
Wang Zhiwens Leidensgeschichte (2014)
Editorial: „Chinas Tabu-Thema Falun Gong betrifft die Welt“
Was ist Falun Gong?
Falun Gong, auch Falun Dafa genannt, ist eine buddhistische Meditationspraxis, bestehend aus fünf Qigong-Übungen und einer anleitenden Lehre nach den drei Prinzipien „Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht“. Im Jahr 1992 wurde Falun Gong von Meister Li Hongzhi in China einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Auf Grund der positiven Wirkungen für Körper und Geist entwickelte sich Falun Gong in kürzester Zeit zum beliebtesten Qigong Chinas. Im Jahr 1999 praktizierten zwischen 70 und 100 Millionen Chinesen den traditionellen Kultivierungsweg. Diese große Beliebtheit störte die Kommunistische Partei Chinas und im Juli 1999 erklärte das Regime unter Staats- und Parteichef Jiang Zemin die Bewegung zum Staatsfeind. Seitdem gibt es eine flächendeckende Verfolgung von Falun Gong-Anhängern in ganz China. Propaganda und Verleumdung der KP gelangten bis in westliche Medien.
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