Taiwans Staatspräsident bleibt im Amt
Die junge Demokratie auf Taiwan wird seit Wochen wieder einmal erschüttert. Nach wochenlangem Rufen nach dem Rücktritt des Präsidenten Chen Shui-bian leiteten die Oppositionsparteien ein Amtsenthebungsverfahren gegen Chen ein. Am 27. Juni wurde der Antrag vom Parlament abgelehnt. Die Opposition, die zwar die Mehrheit im Parlament stellt, erreichte nicht die geforderte Zweidrittel-Mehrheit. Die regierende Demokratische Fortschrittspartei boykottierte die Abstimmung geschlossen. Das erste Amtsenthebungsverfahren in der konstitutionellen Taiwanregierung endete friedlich, die junge Demokratie auf Taiwan zeigte ihre Reife.
Der Schwiegersohn des Präsidenten wurde am 25. Juni dieses Jahres wegen des Verdachtes auf Insider-Aktienhandel verhaftet. Sein Rechtanwalt geht wegen der drückenden Beweislast von einem Schuldspruch aus. Der Gattin des Staatsoberhauptes wird vorgeworfen, Einkaufsgutscheine eines Luxuskaufhauses angenommen und im Gegenzug eine Rolle bei der umstrittenen Übernahme des Unternehmens gespielt zu haben. In einer Fernsehansprache an das Volk beteuerte Chen, er werde als Präsident zurücktreten, wenn seine Frau die Gutscheine angenommen haben sollte.
Heftige Kontroverse
Bei Demonstrationen für und gegen den Präsidenten lieferten sich die Kontrahenten auf den Strassen und in den Medien heftige Wortgefechte. Dabei wurden auch alte Korruptionsfälle der Opposition ans Licht geholt. Zum Beispiel war der jetzige Parteiführer der oppositionellen Kuomintang und mögliche nächste Präsidentschaftskandidat, Ma Ying-Jeou, im Jahr 1996 Justizminister, als die Kuomintang die Regierung stellte. Er wurde seines Amtes enthoben, als er gegen die Korruption in den eigenen Reihen vorging. Wohl aus dieser Erfahrung klug geworden, prangert er jetzt nur noch die andere Seite wegen Korruptionsfällen an, wie jetzt den amtierenden Präsidenten Chen Shui-bian.
Die regierende Demokratische Fortschrittspartei des Präsidenten betrachtet den Korruptionsverdacht als reine Angelegenheit der Justiz und wirft der Opposition vor, mit ihrem Antrag auf Amtsenthebung die Situation zu politisieren und „die unabhängige Justiz einzuschränken.“
Chen Shui-bian lud seinen Kontrahenten Ma Ying-jeou zu direkten Gesprächen über die derzeitigen politischen Probleme ein, doch dieser lehnte ab, erst solle Chen zurücktreten, dann könne man Gespräche führen.
Berichterstattung auf allen Kanälen
Taiwans Medien berichten täglich ausführlich und ohne Einschränkung seitens der Regierung über die Korruptionsvorwürfe. Der Boulevard-Fernsehender TVBS, der unter der Kritik steht, 53 Prozent seines Kapitals aus der VR China zu beziehen, wurde bei einer Pro Chen-Veranstaltung wegen einseitiger Berichterstattung von den Teilnehmern vertrieben.
Die staatlichen Medien der Kommunistischen Partei Chinas, die üblicherweise über Vorgänge auf Taiwan schweigen, kommentierten gleich nach Bekanntwerden des Skandals um den Schwiegersohn des Präsidenten in großem Umfang über Taiwans politische Lage und die „Bestechung und Korruption“ um den „Leiter der Taiwan-Behörde Chen Shui-bian“, wie der demokratisch gewählte Präsident in chinesischer Terminologie bezeichnet wird.
Statt „Lerne von Taiwan…“ plötzliches Verbot in China
Die Pekinger Regierung hatte die Anschuldigungen zunächst als eine gute Chance für Propaganda gegen die Taiwan-Demokratie gedacht. Unerwartet kam aber Lob von den Internetbenutzern auf dem Festland China für die Demokratie der konstitutionellen Taiwanregierung und die dadurch mögliche Festnahme des Schwiegersohns des Präsidenten – ein solches Vorgehen wäre in China undenkbar. Im Internet-Austausch wurde aus diesem Anlass über die alle Bereiche umfassende Korruption der chinesischen KP-Funktionäre und ihrer Kronprinzen diskutiert.
Laut Medienberichte erging vom Propagandaministerium der KP Chinas am 9. Juni an alle staatlichen Medien die Anweisung zum Stop der Berichterstattung über die politische Lage in Taiwan. Die Vorstellung, unter chinesischen Internetbenutzern könnte der Aufruf die Runde machen: „Lerne von Taiwan, wie man führende KP-Politiker aus dem Amt befördern kann.!“, dürfte die Führung der letzten großen KP-Bastion mit Entsetzen erfüllt haben.
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