So foltert Peking 2008
Ein Kopf aus Karton. Dahinter ein muskulöser Sportlerkörper. Durch eine Aktion deutscher Olympioniken, in der sie in ihrer jeweiligen Sportbekleidung ein lebensgroßes Porträt eines in China eingesperrten Aktivisten vors Gesicht halten und sich so ablichten ließen, zeigten die Sportler Ende der vergangenen Woche zwei Dinge. Zum einen, dass sie hinter den Verfechtern von Rechten der chinesischen Bürger stehen. Seien es Menschenrechtler, Kämpfer gegen Zwangsabtreibungen oder Aufdecker von Aids- und Umweltskandalen. Zum anderen, dass sie diese vor sich stellen und ihnen damit eine größere Bühne bieten. Eine notwendige Aktion, sieht man sich die rechts abgebildete Stadtkarte von Peking an – nicht allzu weit von den Sportstätten entfernt findet man zwei Arbeitslager.
Wenn am Freitag die Olympischen Spiele in Peking beginnen, wird in der gleichen Stadt gefoltert, werden Menschen zu Zwangsarbeit gezwungen. Dann werden nicht nur Staffelhölzer von Sportler zu Sportler weitergegeben, sondern auch Elektrostäbe von einer Schicht zur nächsten unter den Beamten, die ihren Dienst in den Lagern versehen und ihre „Umerziehungsquote“ erfüllen müssen. Den Willen anderer zu brechen und dabei kaum auszusprechende Grausamkeit anzuwenden ist im kommunistischen China trotz allen wirtschaftlichen Fortschritts ein Beruf wie jeder andere.
Das für Chinesen Glück verheißende Datum des Beginns der Spiele, der 8. 8. 2008 (drei Mal die seit Alters her im Reich der Mitte als Glückszahl angesehene Acht), hat vielen kein Glück gebracht. Zu ihnen gehören diejenigen, die den „Massensäuberungsaktionen“ des Regimes zum Opfer fielen und entweder aus den Städten verbannt oder in ein Arbeitslager verfrachtet wurden. Dazu gehören die Bittsteller, die teilweise seit Jahren in der Hauptstadt darauf warten, ihrem Anliegen bei der Zentralregierung Gehör zu verschaffen. Sie wurden in Bussen aus der Stadt gebracht. Chinesen dürfen sich, wenn sie mit Entscheidungen der Provinzregierungen nicht zufrieden sind, laut der Verfassung an Peking wenden. Für die Zeit der Olympischen Spiele hätten diese Menschen aber das Bild der sauberen Spiele trüben können, so mussten sie verschwinden. Wohin, ist nicht bekannt.
Amnesty International klagt an
Amnesty International erklärte, allein im letzten Jahr seien tausende Bittsteller, Reformer und andere Kritiker als Teil einer Kampagne zur „Säuberung“ Pekings vor den Olympischen Spielen festgenommen worden. Viele von ihnen seien ohne Prozess zum Arbeitsdienst verurteilt worden. Als Beispiel nannte Amnesty den Fall des Aktivisten Huang Qi aus Sichuan, der im Juni wegen „Besitzes von Staatsgeheimnissen“ festgenommen wurde. Tatsächlich habe er sich aber offenbar den Zorn der Behörden zugezogen, weil er Familien von Kindern, die beim Erdbeben im Mai getötet wurden, juristische Hilfe für die Vorbereitung eines Prozesses gegen mutmaßlich Verantwortliche leistete. Die Olympischen Spiele, von den chinesischen Behörden und Sportverantwortlichen als Gelegenheit zur Förderung der Menschenrechte gepriesen, hätten die Regierung vielmehr dazu veranlasst, Kritiker zum Schweigen zu bringen, um der Welt ein Bild der Harmonie und Stabilität zu vermitteln. „Die chinesischen Behören beschädigen das Erbe der Spiele“, sagte Roseann Rife, eine stellvertretende Amnesty-Direktorin in Asien zu Associated Press.
Doch die Realität könnte noch viel schlimmer sein als von Rife beschrieben. Einem chinesischen Journalisten zufolge, dessen Name der Redaktion bekannt ist, aus Sicherheitsgründen jedoch nicht genannt wird, könnte die Zahl der Menschen die gerade wegen der Olympischen Spiele sterben mussten, bei 270.000 liegen. Etwa vier Millionen missliebige Chinesen sollen aus den Olympia-Städten entfernt worden sein, allein drei Millionen aus Peking. In der Hauptstadt seien 60.000 Häuser abgerissen worden. Nach dem Erdbeben in Sichuan wurden Bittsteller aus Peking nach Sichuan in Arbeitslager oder andere Orte gebracht. Ungefähr 10.000 starben in Haft. Am 15. und 16. Juli wurden an einem Ort in der Nähe des Chao Yang- Hotels, an dem sich viele Bittsteller trafen, zwei Personen ermordet. Am 21. Juli wurden zwei Bittsteller, einer aus der Provinz Henan und einer aus Hebei, laut Augenzeugenberichten erstochen. Und eine weitere männliche Person wurde in der Nähe von Silutong erstochen und auf Zugschienen geschleppt. Die Behörden gaben als offizielle Todesursache an, er wäre von einem Zug überfahren worden. Der Journalist sieht Zhou Yongkang, den starken Mann für Staatssicherheit, als Drahtzieher der akkordierten Aktionen. Zhou Yongkang wird von Insidern auch als Verantwortlicher für die jüngsten, weltweit durchgeführten Übergriffe auf Falun Gong-Praktizierende genannt. Im New Yorker Stadtteil Flushing wurden ab Mitte Juni bis zu 400 Chinesen mobilisiert, die Falun Gong-Anhänger in Wort und Tat belästigten (die ETD berichtete ausführlich). Mittlerweile sind die ersten Verurteilungen für die übergriffigen Auslandschinesen, die in New York sogar vom Generalkonsul angeheuert wurden, von US-Gerichten ausgesprochen worden. Die Angelegenheit beschäftigte sogar den US-Kongress.
Uiguren, Tibeter und Falun Gong ohne Rechte
Andere Gruppen, für die das rein verfassungsrechtlich gesicherte Recht auf Einreichung einer Petition schon lange nicht mehr gilt, werden in die Arbeits- und Umerziehungslager abgeschoben. Dazu zählen Tibeter genauso wie die in der nordwestchinesischen Xinjiang-Region lebende muslimische Neun-Millionen-Minderheit der Uiguren und Anhänger der Falun Gong-Bewegung. Bei den Uiguren liegt die Begründung des Regimes neben Separatismus auch bei mutmaßlichen Verbindungen zum Terrornetzwerk Al-Kaida.
Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International halten diese Verbindung jedoch für Unsinn und werfen Peking vor, dies als Vorwand für die Verhaftung von missliebigen Uiguren zu verwenden.
Eine sehr detaillierte Beschreibung von Sport- und Folterstätten in den Austragungsorten der Olympischen Spiele lieferte unlängst die Coalition to Investigate the Persecution of Falun Gong (CIPFG, www.cipfg.com), eine US-Nichtregierungsorganisation (NGO), die mehrere NGOs in sich vereint. Sie beschäftigt sich ausschließlich mit den Auswirkungen der Verfolgung von Falun Gong, jener Meditationsbewegung, die dem staatlichen chinesischen Fernsehen zufolge noch kurz vor Beginn der Verfolgung 100 Millionen Anhänger zählte. Nach dem Verbot fielen die offiziellen Schätzungen sofort auf zwei Millionen, während Falun Gong-Sprecher von einer unverändert hohen Zahl sprechen. Schenkt man dem CIPFG-Bericht glauben, gibt es in allen Städten, wo olympische Sportereignisse stattfinden, Folterlager. Der Bericht belegt dies mit Beispielen von in den jeweiligen Lagern gefolterten Personen mit Namen, Fotos und teilweise auch Interviews derjenigen, die in den Westen entkommen konnten. In den Westen, in dem die Schweizer Nachrichtenagentur sda mehr Platz dafür nimmt, über die Anzahl der Sicherheitsbeamten bei der Übergabe von mehr als einer Million Unterschriften an das IOC durch die CIPFG zu berichten, als über die Hintergründe und Tatsachen der aktuellen Situation von Falun Gong in China. Für ein Ende der Unterdrückung der Anhänger der Meditationsbewegung waren diese Unterschriften gegeben worden.
Ein vor allem für die mediale Berichterstattung während der Spiele hochbrisantes Thema ist die „Säuberung“ der Olympia-Städte von allen bekannten Regimekritikern, Aktivisten, Bürgerrechtlern und Menschenrechtlern. Die großen Namen, die selbst unter Folter nicht zu brechen waren, hat man alle entfernt, im besten Fall nur weggesperrt wie bei Hu Jia – wer die Zustände in chinesischen Gefängnissen kennt, weiß jedoch um die Gefahr für diese Menschen. Hu Jia wurden Medikamente verweigert. Der Anwalt Gao Zhisheng soll seit seinem Verschwinden Ende September 2007 gefoltert werden, wurde erst am Montag bekannt. Die Liste ließe sich beliebig fortführen.
Karte des Falun Dafa Informationcenter (engl.) http://www.faluninfo.net/special/2008-map-beijing/
Text erschienen in Epoch Times Deutschland Nr. 32/08
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