Pro-demokratische Opposition in Hongkong hält Vorwahlen ab
Ungeachtet von Drohungen der pekingtreuen Regierung mit Konsequenzen hat die pro-demokratische Opposition in Hongkong am Samstag Vorwahlen für die Regionalparlamentswahl im Herbst abgehalten.
Drei Stunden nach Öffnung der Wahllokale hätten sich bereits fast 60.000 Menschen an der Abstimmung beteiligt, teilten die Organisatoren mit. Bei einer nächtlichen Razzia durchsuchten Polizisten das Büro eines an der Organisation der Vorwahlen beteiligten Meinungsforschungsinstituts.
„Je unterdrückter die Hongkonger sind, desto standhafter sind sie“, sagte der bekannte Demokratie-Aktivist und Juraprofessor Benny Tai. Die 34-jährige Wählerin Tseung Kwan O sagte der Nachrichtenagentur AFP, es sei völlig ungewiss, wie viele pro-demokratische Politiker nach Inkrafttreten des höchst umstrittenen chinesischen Sicherheitsgesetzes überhaupt bei der Wahl zum Regionalparlament antreten dürften.
Das von massiver internationaler Kritik begleitete Sicherheitsgesetz für Hongkong war vergangene Woche in Kraft getreten. Das Gesetz erlaubt den Behörden der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die aus ihrer Sicht die „nationale Sicherheit“ bedrohen.
Am Donnerstag hatte der auch für die Beziehungen zu Festland-China zuständige Hongkonger Verfassungsminister Erick Tsang mit Konsequenzen für alle gedroht, die an der Organisation und Planung der Vorwahlen beteiligt waren oder auch nur zur Abstimmung gehen würden.
In einem Interview mit mehreren regierungsnahen Zeitungen sagte Tsang, die Organisation oder Teilnahme an der Wahl könne als „Versuch der Zersetzung oder Verschwörung mit ausländischen Kräften“ bewertet werden. Nach dem neuen Sicherheitsgesetz können Aktivitäten, die von den Behörden als Subversion, Sezession, Terrorismus oder Verschwörung mit ausländischen Kräften bewertet werden, mit lebenslänglichen Haftstrafen geahndet werden.
Das Meinungsforschungsinstitut Pori, das die Organisation der Vorwahlen durch die Entwicklung eines Wahlsystems ermöglicht hatte, teilte am Samstag mit, dass Polizisten in der Nacht die Institutsbüros durchsucht hätten.
Die Beamten hätten Dateien von den Computern kopiert, sagte Pori-Direktor Robert Chung. Die Polizei begründete die Durchsuchung mit Berichten über einen „Hackerangriff auf die Pori-Computer“, durch den persönliche Daten öffentlich geworden seien.
Die Polizisten hätten ihm versichert, dass sie keine Informationen nutzen würden, die nicht im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Hacker-Angriff stünden, sagte Chung, der auch die Arbeit seines Instituts für die pro-demokratische Opposition verteidigte. „Die Vorwahlen sind ein friedlicher, rationaler und gewaltfreier Ansatz, um öffentlich eine Meinung zum Ausdruck zu bringen“, betonte er. (afp/so)
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