„Politische Verfolgung“: Hongkong verschärft nach Wahl von Regierungschefin Vorgehen gegen Aktivisten
Nur einen Tag nach der Wahl von Carrie Lam zur neuen Regierungschefin von Hongkong hat die Polizei in der chinesischen Sonderverwaltungszone ihr Vorgehen gegen Demokratie-Aktivisten verschärft.
Mehrere Aktivisten erhielten nach eigenen Angaben am Montag einen Anruf von der Polizei, in dem sie über eine bevorstehende Anklage wegen ihrer Teilnahme an den Demokratie-Protesten vor zweieinhalb Jahren informiert wurden.
Nach fast 3 Jahren: Anklage wegen Störung der öffentlichen Ordnung
Die Abgeordnete Tanya Chan, die für die oppositionelle Civic Party im Hongkonger Stadtparlament sitzt, soll wegen Störung der öffentlichen Ordnung angeklagt werden, wie Chan der Nachrichtenagentur AFP sagte. Die Vorwürfe gehen demnach auf die Proteste und Straßenblockaden im Jahr 2014 zurück. Bei den sogenannten Regenschirm-Protesten hatten zeitweise zehntausende Menschen mehr Demokratie und freie Wahlen in Hongkong gefordert.
Auch der Aktivist Raphael Wong und der Mitbegründer der Demokratiebewegung Occupy Central, Chan Kin Man, bekamen nach eigenen Angaben Telefonanrufe von der Polizei. Örtlichen Medienberichten zufolge wurden insgesamt neun Aktivisten über Anklagen informiert, darunter noch zwei weitere Occupy-Central-Gründer, zwei Studentenführer und ein weiterer Parlamentarier.
Chan sollte sich nach eigenen Angaben noch im Laufe des Montags auf einer Polizeiwache melden und am Dienstag vor Gericht erscheinen. Bei einer Verurteilung drohen ihr sieben Jahre Haft. Abgeordnete der Opposition kündigten für den Abend Proteste vor der Polizeiwache an. Chan sagte, das Vorgehen der Polizei sei ein Zeichen dafür, dass die neue Regierungschefin nicht die Absicht habe, die politische und gesellschaftliche Spaltung der Metropole zu überwinden.
Unbeliebte Regierungschefin – vom Peking-treuen Wahlkomitee gewählt
Die 59-jährige Lam war am Sonntag von einem überwiegend Peking-treuen Wahlkomitee zur neuen Regierungschefin Hongkongs gewählt worden. Bei den meist jungen Demokratie-Aktivisten ist sie genauso unbeliebt wie ihr Vorgänger Leung Chun Ying, der nach fünf Jahren abtritt.
Die damalige britische Kronkolonie Hongkong war 1997 an China zurückgegeben worden – unter der Formel „ein Land, zwei Systeme“. Die Volksrepublik sagte Hongkong für 50 Jahre eine weitreichende innere Autonomie zu. Die Opposition wirft Peking jedoch vor, sich zunehmend in die Angelegenheiten Hongkongs einzumischen und damit die Autonomievereinbarungen zu verletzen.
Lam: Allein die Justiz sei für Strafverfolgung zuständig
Lam hatte nach ihrer Wahl versprochen, die tiefen politischen Gräben in Hongkong schließen zu wollen. Zum Vorgehen der Polizei gegen die Demokratie-Aktivisten sagte sie am Montag, für Strafverfolgung sei allein die Justiz zuständig. Sie bekräftigte zwar ihren Wunsch nach größerer Einigkeit, dies dürfe aber „nicht den Rechtsstaat in Hongkong gefährden“.
Occupy-Central-Gründer Man nannte das Vorgehen der Polizei „lächerlich“. Ein anderer Anführer der Demokratie-Proteste, der bekannte Studentenführer Joshua Wong, verurteilte das Vorgehen als „politische Verfolgung“. Wong und seine Mitstreiter Nathan Law und Alex Chow waren im August wegen ihrer Teilnahme an den Demokratie-Protesten zu Bewährungsstrafen und Sozialstunden verurteilt worden. (afp)
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