Pekings „Propaganda-Schachzug“? Uigurin entzündet olympisches Feuer
Jahrelang hat Dinigeer Yilamujiang für ihren Traum trainiert, eines Tages bei den Olympischen Spielen mit dabei zu sein. Am Freitag strahlte die Ski-Langläuferin dann über das ganze Gesicht, als sie gemeinsam mit dem Nordischen Kombinierer Zhao Jiawen in Pekings Nationalstadion das Olympische Feuer entzündete. Ihr Auftritt katapultierte die 20-Jährige aber nicht nur ins olympische Rampenlicht, sondern auch mitten hinein in eine politische Kontroverse. Denn Yilamujiang ist Uigurin.
Politisierung der Olympischen Winterspiele?
Die junge Athletin gehört der mehrheitlich muslimischen Minderheit in der nordwestlichen Region Xinjiang an. Chinas Führung steht wegen des Umgangs mit den Uiguren international in der Kritik. Eine Reihe westlicher Länder wie die USA verhängten aus Protest gegen die Unterdrückung der Uiguren und andere Menschenrechtsverletzungen in China einen diplomatischen Boykott der Spiele. Andere Staaten wie Deutschland verkündeten zwar keinen förmlichen Boykott, schickten aber ebenfalls keine offiziellen Vertreter nach Peking.
Mit dem prominenten Auftritt einer jungen Uigurin wollte China offensichtlich die Vorwürfe widerlegen. Nach Yilamujiangs Auftritt teilten chinesische Diplomaten im Onlinedienst Twitter Videos von ihrer Familie, wie sie die Zeremonie klatschend und teilweise zu Tränen gerührt auf dem Bildschirm verfolgte. Bei vielen Kritikern aber kamen die Bilder schlecht an. Sie sprachen von einem Propaganda-Schachzug Pekings.
China hatte seine Kritiker wiederholt ermahnt, die Olympischen Winterspiele nicht zu „politisieren“. Auf die Frage von Journalisten an das Internationale Olympische Komitee (IOC), ob Yilamujiangs Teilnahme als Fackelläuferin noch dem Standard der politischen Neutralität entspreche, verwies IOC-Sprecher Mark Adams lediglich auf die Olympische Charta. Wie jeder wisse, „diskriminieren wir niemanden aufgrund seiner Herkunft oder seines Hintergrunds“.
Besuch der Menschenrechtskommissarin in Xinjiang verweigert
UN-Generalsekretär António Guterres, der bei der Eröffnungsfeier zugegen war und auch Chinas Staatschef Xi Jinping traf, appellierte an China, einen Besuch von UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet in Xinjiang zu gestatten. Bislang ist Bachelet ein Besuch in der Region verweigert worden.
Menschenrechtsaktivisten werfen China vor, mindestens eine Million Uiguren und andere Muslime in Xinjiang in „Umerziehungslagern“ zur Aufgabe ihrer Religion, Kultur und Sprache zu zwingen und teilweise auch körperlich zu misshandeln. Die USA und andere Länder sprechen inzwischen von einem „Genozid“. China weist die Vorwürfe scharf zurück.
Die Ski-Langläuferin Yilamujiang scheint allerdings mit dem Elend vieler Uiguren kaum in Berührung gekommen zu sein. Sie ist in dieser Weltcup-Saison bislang nicht in Erscheinung getreten. Im Vorjahr belegte sie bei den Weltmeisterschaften in Oberstdorf über die 10 Kilometer Freistil den 41. Am Samstag dann belegte sie im Skiathlon-Rennen den 43. Platz. Zu den Kontroversen über ihre Rolle bei der Eröffnungsfeier äußert sich Xilamujiang nicht. (afp/dpa/dl)
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