Organraub in China: Freiwilliges Spender-Register bleibt unglaubwürdig – diese Zahlen zeigen es
Vergangenen Monat feierten chinesische Medien die angeblich erfolgreiche Reformierung des chinesischen Organspende-Systems: Die Volksrepublik verpflanze nur noch Organe von freiwilligen Spendern und nicht mehr von hingerichteten Gefangenen. Das sagten chinesische Beamte auf einer Fachkonferenz in Kunming, Anfang August.
Experten sind jedoch nicht überzeugt, dass China seine langjährige Praxis der unethischen Organbeschaffung geändert hat.
Denn zu viele Diskrepanzen in den Statistiken legen das Gegenteil nahe. Die Reformen ähneln den „Versuchen eines Massenmörders, seine Spuren zu verwischen“, sagt Dr. Torsten Trey in einem E-Mail-Interview mit der englischen EPOCH TIMES. Trey ist der Geschäftsführer der Ärztevereinigung „Doctors Against Forced Organ Harvesting“ (DAFOH / Ärzte gegen erzwungene Organentnahmen).
Versteckte Verbrechen
Seit Jahrzehnten wurden in China hingerichtete Gefangene als Organspender benutzt. Im Jahr 2005 gab der damals stellvertretende Gesundheitsminister Huang Jiefu zu, dass dies schon seit 1984 geschah.
Im großen Stil entwickelte sich Chinas Transplantations-System jedoch erst nach dem Jahr 2000. Die Zahl der Kliniken, die Organe verpflanzen stieg von wenigen auf über 700 im ganzen Land. Einige der Kliniken führen jährlich mehr Transplantationen durch als ganz Deutschland pro Jahr.
Es wird deshalb vermutet, dass die meisten Organe von Menschen stammen, die Falun Gong praktizieren. Sie befinden sich seit dem Jahr 1999 zu Hunderttausenden in Gefängnissen und Gehirnwäsche-Lagern, landesweit verteilt und stellen eine entrechtete Gruppe dar, die vom Staat brutal verfolgt wird. Laut Schätzungen des US-Enthüllungsjournalisten Ethan Gutmann dürften Falun Gong-Anhänger etwa 95 Prozent der Todesopfer von Chinas Organraub ausmachen. Weitere Zielpersonen sind Tibeter, Uiguren und Hauschristen.
Auf internationalen Druck hin erklärte Chinas kommunistische Führung, Organentnahmen an hingerichteten Gefangenen ab dem 1. Januar 2015 verbieten zu wollen. Die Frage ist nun, was aus diesem Versprechen geworden ist. In China gibt es starke kulturelle Vorbehalte gegen die Organspende: Der Körper soll nach dem Tod unversehrt bleiben – diese konfuzianische Ansicht teilen viele Chinesen bis heute, weshalb sich nur wenige als Spender registrieren lassen.
Zahl der freiwilligen Organspender und Transplantations-OPs passen nicht
Chinas Regime behauptet: Heutzutage existiert in China ein Organspende-System, das genauso funktioniert wie das in den USA oder in anderen entwickelten Ländern. Die freiwilligen Organspenden seien exponentiell angestiegen.
Allein im Jahr 2016 habe es 4.000 freiwillige Spender gegeben. Bis Ende 2016 hätten sich 200.000 Menschen als Organspender angemeldet.
Dr. Trey sagt, dass dieses Zahlenverhältnis nicht stimmen kann.
Bei einer angenommenen Sterberate von 7 von 1.000 Personen seien schätzungsweise nur etwa 2.100 der 200.000 registrierten Spender im Jahr 2016 verstorben. Und von diesen 2.100 Menschen wurden höchstens 20 bis 40 Personen tatsächlich zu Organspendern.
Aus der Praxis der USA oder Großbritanniens weiß man, dass nur 1 bis 2 Prozent der registrieren Spender im Fall ihres Todes für eine Transplantation geeignet sind. Meistens sind die Organe unbrauchbar, weil der Betreffende an einer Krankheit gestorben ist, zu ungesund gelebt hat, zu alt war oder weil zwischen Todeszeitpunkt und Organentnahme zuviel Zeit verstrichen ist.
Im chinesischen Organspende-System kommt ein weiteres Hindernis hinzu: Nicht nur der Spender, sondern auch dessen Familie muss zustimmen. Sobald ein einziges Familienmitglied dagegen ist, wird die Entscheidung des potentiellen Spenders hinfällig.
All das lässt die Realitätsnähe der offiziellen Zahlen bezweifeln, meint Dr. Trey.
Unerklärlicher Anstieg von registrierten Organspendern
Weitere Unregelmäßigkeiten umgeben Chinas freiwilliges Spendesystem.
DAFOH beobachtete, dass Ende 2015 und 2016 die Zahl der registrierten Spender schwungweise anstieg. Im Dezember 2015 kamen an einem einzigen Tag genau 25.000 Personen hinzu. Ähnliches geschah 2016. In einer Dezember-Woche stieg die Zahl der registrierten Personen um über 86.000 Personen. Als Erklärung wurde die Zusammenlegung zweier Organspende-Systeme angegeben.
„China weiß, dass die Anzahl der registrierten Spender zu klein ist, um Organe von 4.000 Organspendern im Jahr zu erhalten. Deswegen war es notwendig, die Zahl zu erhöhen“, erklärt Trey.
„Laut Chinas offiziellen Zahlen haben sich rund 50 Prozent aller registrierten Organspender eines Vierjahreszeitraums innerhalb von nur 7 Tagen angemeldet. Das ist unvorstellbar und beispiellos“, so der Doktor.
PR durch inoffiziellen Sprecher
Der Verkünder von Chinas Transplantationsreform ist Dr. Huang Jiefu. Er ist Chef von Chinas Nationaler Organspende, Vorsitzender des Komitees für Organspenden und -Transplantationen in China und Leiter der chinesischen Entwicklungstiftung für Organtransplantion.
Obwohl Huang früher Vize-Gesundheitsminister war, hat er derzeit keine offizielles Regierungsamt. Dennoch fungiert er de facto als Sprecher des chinesischen Transplantationssystems. Mit der kleinen Besonderheit, dass seine Aussagen „für die chinesische Regierung nicht verbindlich“ sind, erklärt Trey.
Die Entwicklungstiftung für Organtransplantion könne man mit „United Network for Organ Sharing“ (UNOS) vergleichen – ein Netzwerk, das Transplantationen in den USA regelt. „Der Unterschied ist jedoch, dass UNOS sich in den USA nicht daran beteiligt, Ankündigungen im Namen der Regierung zu machen“, so Trey.
Der „chamäleonartige“ Dr. Huang
Obwohl Huang angeblich für die chinesische Regierung spricht und derzeit die Reform des chinesischen Transplantations-System anpreist, geben seine Worte nicht die Position der kommunistischen Führung wieder. Deshalb wechselt er je nach Situation seine Standpunkte.
2013 stellte ein australischer Radiosender Huang eine Frage zu Organentnahmen bei hingerichteten Gefangenen. „Warum sind Sie dagegen?“, fragte Huang zurück. Nach starker Kritik ruderte er zurück und nannte dieses Verfahren unethisch.
Im Jahr 2015 sagte Huang dann in mehreren Zeitungsinterviews, dass zu Tode verurteilte Gefangene als Bürger behandelt würden, die das „Recht“ hätten, Organe zu spenden.
Auch danach wurde Kritik laut, denn Gefangene, die für ihre Organe getötet wurden, könnten als freiwillige Spender registriert werden. Daraufhin sagte Huang zur „New York Times“, dass seine Aussage nur „philosophisch“ gemeint gewesen sei.
Dieses „chamäleonartige“ Wechselspiel der Aussagen sei für Huang charakteristisch, meint Dr. Trey: „Er scheint zu sagen, was auch immer nötig ist, um gleichermaßen dem Druck zu Hause zu gehorchen oder das Bedürfnis der internationalen Gemeinschaft nach ethischen Standards zufriedenzustellen.“
Deswegen sollte man Huangs Aussagen über die Reform des chinesischen Transplantations-Systems nicht trauen, sagt Trey, der davon ausgeht, dass weiterhin politische Häftlinge wie Falun Gong-Anhänger und andere für Chinas boomendes Transplantations-Business sterben.
Hintergrund: Warum wird Falun Gong verfolgt?
Falun Gong, auch Falun Dafa genannt, ist ein traditioneller Kultivierungsweg der buddhistischen Schule. Die fünf Qigong-Übungen für Körper und Geist wurden in den 1990er Jahren in China hochpopulär. Tausende Menschen versammelten sich täglich im öffentlichen Raum, um die sanften Meditationsübungen zu praktizieren. Die Prinzipien der Bewegung sind „Wahrhaftigkeit, Güte und Toleranz“. Damit knüpfte Falun Gong an die traditionelle chinesische Kultur an, die sich im Widerspruch zur Kampf-Ideologie der Kommunistischen Partei befindet.
Zunächst hatte das KP-Regime Falun Gong geduldet, sogar unterstützt. Doch schließlich erklärte Staats- und Parteichef Jiang Zemin die Meditierenden zum Staatsfeind: Rund 100 Millionen Falun Gong-Anhänger sollen es laut offiziellen Zahlen Ende der 90er gewesen sein. Demgegenüber standen „nur“ 70 Millionen registrierte Mitglieder der „Kommunistischen Partei Chinas“.
Im Juli 1999 startete Jiang eine landesweite Kampagne zur Auslöschung von Falun Gong. Da er auf Widerstand von Regierungsmitgliedern stieß, nutzte er die Kampagne für einen persönlichen Machtkampf innerhalb der Partei: Wer mitmachte, wurde befördert. Gegner wurden an den Rand gedrängt. Heutzutage betreibt Chinas Staatschef Xi Jinping einen Kampf gegen die verbliebenen Jiang-Getreuen. Zahlreiche Personen wurden im Rahmen von Xis „Antikorruptionskampagne“ verhaftet. Viele von ihnen waren in die Verfolgung von Falun Gong aktiv involviert.
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(deutsch von as/rf)
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