Organe und Atmung von chinesischem Friedensnobelpreisträger versagen
Der chinesische Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo schwebt in akuter Lebensgefahr: Nach Angaben des behandelnden Krankenhauses vom Mittwoch versagen seine Organe und die Atmung. Die überlebensnotwendige künstliche Beatmung lehnt die Familie des Dissidenten jedoch ab, wie das Universitätskrankenhaus der nordostchinesischen Stadt Shenyang auf seiner Webseite mitteilte.
Der Dissident leidet an Leberkrebs und wurde deshalb aus der Haft ins Krankenhaus verlegt. Am Mittwoch erklärten die Ärzte, die Leberfunktion des 61-Jährigen habe sich trotz einer dreitägigen Infektions- und Blutbehandlung weiter verschlechtert. Um „am Leben gehalten“ zu werden, müsse Liu künstlich beatmet werden. Das wolle seine Familie jedoch nicht.
Bundesregierung bittet um unverzügliche Ausreise von Liu Xiaobo
Die Bundesregierung bot am Mittwoch erneut eine Behandlung des Friedensnobelpreisträgers in Deutschland an. „Deutschland steht bereit zur Aufnahme und zur medizinischen Behandlung“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) appellierte angesichts der „dramatischen“ Situation an die chinesische Regierung, den „humanitären Aspekten“ des Falles Priorität einzuräumen und Liu „die unverzügliche Ausreise zu ermöglichen“.
Seibert verwies auf die Aussage von zwei Ärzten aus Deutschland und den USA, wonach eine Verlegung Lius zur Behandlung im Ausland noch möglich wäre. Auch das US-Außenministerium appellierte am Dienstag erneut an Peking, Liu und dessen Frau freizulassen. Liu müsse sich behandeln lassen können „wo auch immer er will“, sagte eine Ministeriumssprecherin. In den USA sei er „selbstverständlich willkommen“.
Streitpunkt Transportfähigkeit
Menschenrechtsaktivisten und westliche Länder hatten die chinesische Regierung wiederholt aufgefordert, Liu eine Behandlung im Ausland zu ermöglichen. Während die chinesischen Ärzte ihn für nicht transportfähig erklärten, vertraten zwei Spezialisten aus Deutschland und den USA die Ansicht, er könne bei „angemessener“ medizinischer Betreuung reisen. Die beiden westlichen Ärzte konnten Liu am Wochenende in Shenyang untersuchen. Der 61-Jährige würde gerne in Deutschland behandelt werden.
Menschenrechtsorganisationen kritisieren, dass es bislang kaum unabhängige Informationen über Lius Gesundheitszustand gibt. Der Wahrheitsgehalt der Klinikangaben sei nur schwer zu überprüfen, sagte der China-Experte von Amnesty International, Patrick Poon. Er räumte aber ein, wenn die Informationen richtig seien, „verlebt Liu Xiaobo gerade die letzten Stunden seines Lebens“.
Chinesisches Außenministerium fordert Nichteinmischung in innere Angelegenheiten
Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums wiederholte am Mittwoch den Standpunkt der Regierung, wonach sich andere Länder „nicht in die inneren Angelegenheiten Chinas“ einmischen sollten.
Liu war 2009 wegen „Untergrabung der Staatsgewalt“ zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Der Schriftsteller und Menschenrechtsaktivist hatte ein Manifest mitverfasst, das demokratische Reformen in China forderte. Ein Jahr später wurde er in Abwesenheit mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Seine Ehefrau Liu Xia steht seit 2010 unter Hausarrest.
Angesichts des sich verschlechternden Gesundheitszustandes des Dissidenten wächst die Sorge, er könne in der Gefangenschaft sterben. Liu wäre dann der zweite Friedensnobelpreisträger, der in der Haft einer Krankheit erlag. 1938 starb der von den Nazis inhaftierte deutsche Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky in der Gefangenschaft. (afp)
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