Orbán wird kritisiert für geplante Ansiedlung von Gastarbeitern in Ungarn
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán plant, Zehn- oder sogar Hunderttausende fehlende ungarische Arbeitskräfte durch Gastarbeiter zu ersetzen, um den Bedarf von chinesischen Großinvestoren zu decken. Aber die Opposition und Teile der Bevölkerung zeigen Widerstand gegen den Gesetzesentwurf.
„Bevölkerung austauschen“
Kritiker nennen Orbán einen Scheinheiligen, da er sich in Brüssel gegen Migranten ausspricht, während er Hunderttausende Arbeitsmigranten ins Land holen will.
„Es wurde nun enthüllt, dass es die ungarische Regierungspartei selbst ist, die der ungarischen Gesellschaft 500.000 Wanderarbeiter aufzwingen will“, so der Europaabgeordnete Márton Gyöngyösi, der auch Anführer der konservativen Oppositionspartei Jobbik ist.
Auf dem ungarischen Nachrichtensender ATV sagte Gyöngyösi, Orbán wolle „die Bevölkerung austauschen“. Er bezieht sich dabei neben den Gastarbeitern, die einwandern, auf die etwa eine Million Ungarn (in einem Land mit zehn Millionen Einwohnern), die ihr Land in den letzten zehn Jahren in Richtung Westen verlassen haben. Laut Gyöngyösi ist das die Schuld der Regierung Orbán.
Gyöngyösi zufolge ist es einer Unterschriftenaktion seiner Partei zu verdanken, dass das Gesetz letztendlich nicht in Kraft trat und dem Parlament am 15. November ein neuer, strengerer Entwurf vorgelegt wurde.
Riskante Wirtschaftspartner
Orbáns Vorhaben, Europas zweitgrößter Standort für die Herstellung von Elektrofahrzeugbatterien zu werden, ist auch nicht ohne Kritik.
Oppositionsparteien fordern die Regierung auf, Rechenschaft über die Risiken der Batteriefabriken abzulegen, insbesondere im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Umwelt. Allerdings wurden auch Bedenken über die übermäßige Abhängigkeit von riskanten Wirtschaftspartnern geäußert. Dies sei eindeutig der Fall bei China und Russland, so Abgeordneter Bence Tordai von den Grünen.
Antal Csárdi, ebenfalls von der grünen Fraktion, formulierte seine Kritik in Form von Fragen: „Warum strebt die Regierung die unbegrenzte Einfuhr von ausländischem Kapital an? Wieso nicht in ungarische kleine und mittelständische Unternehmen investieren, die dann zu großen ungarischen Unternehmen werden könnten?“
Der Kern der Kritik sei, dass „die Regierung von Souveränität spricht, aber gleichzeitig auf der Seite der multinationalen Konzerne steht“, so das Nachrichtenportal „telex“.
Die ungarische Presse berichtet über Widerstand von Teilen der ungarischen Bevölkerung gegen die Ansiedlung von Gastarbeitern. In Facebook-Gruppen versuchen einige, die lokalen Menschen zu beruhigen, indem sie sagten, dass es „bisher keine definitiven Informationen darüber gibt, ob es zu Gewalt oder Illegalität durch die Wanderarbeiter gekommen ist, und bis es solche genauen Informationen gibt, gibt es keinen Grund zur Panik“.
Manche befürchten höhere Mieten durch die steigende Nachfrage. Einige Beamte weigerten sich, den Bau von Arbeiterunterkünften zu genehmigen, obwohl sie Orbáns Regierungspartei Fidesz angehören. Lokalen Nachrichtenberichten zufolge wurden auch einige chinesische Arbeiter vertrieben.
Orbán: „Strengstes Gastarbeitergesetz“ in Europa
Die Regierung erklärte am 15. November zu dem neuen Gesetzesentwurf, dass „nur so viele Gastarbeiter nach Ungarn kommen können, wie es freie Stellen gibt“. Erhebungen zufolge sind dies derzeit etwa 62.000 Arbeitsplätze.
Demnach dürfe sich ein Ausländer nur für einen vom ungarischen Staat genehmigten Zweck, Dauer und unter festgelegten Bedingungen in Ungarn aufhalten, laut einer Mitteilung des Innenministeriums.
Außerdem heißt es:
Für einen Bürger eines fremden Staates ist der Aufenthalt in Ungarn kein Grundrecht.“
Laut Außenminister Péter Szijjártó ist die Verwechslung von Migranten mit Gastarbeitern „ein bisschen krass“. Ihm zufolge „wollen Migranten illegal an der Südgrenze ins Land gelangen, während Gastarbeiter mit einem gültigen Arbeitsvertrag hierher reisen“.
Im Parlament bezog sich Szijjártó sogar direkt auf das, was er eine Propagandakampagne gegen die Regierung Ungarns nannte. Die Presse greife „die Angelegenheiten der Gastarbeiter nur auf, wenn es einen Konflikt zwischen den Einheimischen und den Neuankömmlingen gibt, sie zeigt aber nicht, wenn alles gut läuft und sie gut zusammenarbeiten können“, zitierte ihn das Portal „telex„.
Ungarn als chinesisches Produktionswerk in Europa?
Die Entwicklungen, die sich aus Orbáns Politik der „Öffnung nach Osten“ ergeben, gewinnen gerade an Dynamik.
Infolge der chinesischen Investitionen in die Elektroautoindustrie könnte die ungarische Wirtschaft ihre ausländischen Direktinvestitionen von derzeit 100 Milliarden Euro bis 2030 verdoppeln. Dies hat der Wirtschaftsminister Márton Nagy kürzlich auf dem Belt and Road Forum in Peking erklärt.
Das Flaggschiff der chinesischen Investitionen bleibt das Projekt von CATL. Der Batteriegigant will die größte Batteriefabrik der Welt in Ungarns zweitgrößter Stadt, Debrecen, bauen. „Ungarns Batterieproduktionskapazität wird bis 2030 100 Gigawattstunden erreichen und damit nach China, den USA und Deutschland die viertgrößte der Welt sein“, schreibt das Wirtschaftsportal „Makronom“.
Deutschland ausgestochen
Außerdem scheint der chinesische E-Autoriese BYD seine erste europäische Fabrik in Ungarn bauen zu wollen.
Laut „Makronom“ hat die Regierung von Bundeskanzler Olaf Scholz lange dafür gekämpft, dass BYD Deutschland als ersten europäischen Produktionsstandort wählt. Der Analyse zufolge sei das deutsche politische Bemühen von der ungarischen Regierung durchkreuzt worden. Dies könnte für Deutschland besonders unangenehm sein.
Wie sich der Arbeitskräftemangel und die Abneigung in Ungarn gegenüber Gastarbeitern tatsächlich auf die Investitionen auswirken werden, bleibt abzuwarten. Dies könnte jedoch nicht nur Auswirkungen auf chinesische Investitionen haben, sondern auch auf die ungarisch-deutsche Zusammenarbeit.
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