New York Times Journalist in China angeklagt

Preisträger von Reporter ohne Grenzen, Zhao Yan, nach 15 Monaten Untersuchungshaft vor Eröffnung eines Verfahrens
Titelbild
Zhao Yan, Preisträger des Menschenrechtspreises "Pressefreiheit" 2005.Foto: RSF
Von 27. Dezember 2005

Der Fall des seit 15 Monaten in Peking inhaftierten Journalisten Zhao Yan  kommt in Bewegung. Mo Shaoping, einer von Zhaos Rechtsanwälten, bestätigte gegenüber Reporter ohne Grenzen die am 23. Dezember an ihn gerichtete Nachricht aus dem Büro des  Pekinger Staatsanwaltes, dass der Fall vor Gericht gehen werde. Der Staatsanwalt hatte den Fall zuvor zweimal an die Abteilung für Staatssicherheit zurückgeschickt mit der Aufforderung, weitere Untersuchungen anzustellen.

Reporter ohne Grenzen verurteilten die am 23. Dezember bekannt gewordene Entscheidung der chinesischen Behörden, den Journalisten der New York Times, Zhao Yan, wegen Betrug und Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen vor Gericht zu  stellen. Gemäß der Rechtsfristen müsste das Verfahren innerhalb der kommenden zwei Monate stattfinden. Theoretisch muss Zhao mit der Möglichkeit der Todesstrafe rechnen, obwohl bei Gefangenen aus Gewissensgründen dieses Urteil sehr selten ausgesprochen wird.

„Wir bedauern, dass die Regierung den vielen Aufforderungen, diesen geachteten Journalisten freizulassen, kein Gehör schenkt. Zumindest wird sich Zhao nach 15 Monaten Haft vor Gericht nun selbst verteidigen können gegen die ihm von den chinesischen Behörden zum Vorwurf gemachten grundlosen Anklagepunkte. Wir hoffen, dass er wenigstens ein faires Gerichtsverfahren erhalten wird und dass die Anwesenheit ausländischer Beobachter und der Presse möglich sein wird,“ sagten Reporter ohne Grenzen.

Die Polizei der Staatssicherheit verhaftete Zhao in einem Restaurant in Shanghai am 17. September 2004. Er arbeitete als Enthüllungsjournalist für die Zeitschrift „Reform Chinas“ und er war bekannt für seine Berichterstattung über die Situation der Bauern in China.

Zhao Yan.Zhao Yan.Foto: RSF

Zhao wird vorgeworfen, er habe seinen Arbeitgeber, die „New York Times“, schon über die Rücktrittsabsicht des früheren Vorsitzenden der Kommunistischen Partei, Jiang Zemin, von dem letzten seiner politischen Posten, dem des Vorsitzenden der Militärkommission, informiert, bevor dies öffentlich bekannt gegeben wurde. Die „New York Times“ streitet das ab. Sein Rechtsanwalt sagt, er werde für nicht schuldig plädieren.   

Der 42-Jährige wird in einer Zelle der Staatssicherheit in Peking festgehalten. Es verlautet, dass er 10 Kilo an Gewicht verloren habe. Nachdem er länger als ein Jahr an einem unbekannten Ort festgehalten wurde, durften ihn unlängst einige Leute besuchen, unter ihnen auch einer seiner Rechtsanwälte.

Zhao war im Dezember auserwählt worden für die Auszeichnung, die „Reporter ohne Grenzen“  und die „Fondation de France“ jedes Jahr einem Journalisten zusprechen, der ein beispielhaftes Engagement in seiner Arbeit  für die Pressefreiheit gezeigt hat, in den Ansichten, die er öffentlich vertritt oder in einer Stellungnahme, die er abgegeben hat.

Zhaos Fall stand auch auf einer Liste von Fällen über Menschenrechtsverletzungen, die der US-Präsident Bush während seines Besuchs in China an Hu Jintao, den chinesischen Staats- und Parteichef, übergeben hat.

Nach Berichten von Jim Yardley, New York Times, (veröffentlicht in International Herald Tribune am 23.12.05) wurde der Artikel, in dem das sogenannte Staatsgeheimnis enthüllt wurde, von Joseph Khan geschrieben, dem Büroleiter der Pekinger Niederlassung der New York Times. Der berufe sich auf zwei andere anonyme Quellen, Zhao gehöre nicht dazu.  

Yardley schreibt weiter, das einzige Beweisstück in der Hand der Pekinger Staatsanwaltschaft ist die Fotokopie einer handgeschriebenen Notiz, die Zhao zwei Monate vor der Veröffentlichung in dem besagten Artikel an Khan geschickt habe.

Eine zentrale Frage wäre, wie die Agenten der Staatssicherheit in den Besitz der Kopie gelangten. Das Original befände sich im Büro der Times in Peking, wo entweder Agenten der Staatssicherheit eingebrochen wären oder jemanden gefunden hätten, der die Kopie herstellte. Rechtsexperten sagen, in keinem der beiden Fälle wäre die Kopie als Beweismittel vor Gericht zulässig.



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