LIVESTREAM: Demonstrationen gegen Vermummungsverbot der Hongkonger Regierung
Die Hongkonger Regierung hat ein Notstandsgesetz aktiviert und damit ein Vermummungsverbot bei Protesten in der chinesischen Sonderverwaltungsregion erlassen. Das teilte Regierungschefin Carrie Lam vor der Presse mit.
Nach einer Eskalation bei den Protesten in Hongkong hatte die Regierung eine höchst umstrittene Verschärfung ihres Vorgehens gegen die Demonstrationen veranlasst und ein altes Notstandsgesetz aktiviert.
Das Gesetz „für Notfälle und bei öffentlicher Gefahr“ wurde 1922 von den britischen Kolonialherren erlassen und erst zweimal angewandt:
Um im gleichen Jahr einen Streik von Seeleuten niederzuschlagen, der den Hafen lahmgelegt hatte, sowie 1967 bei Unruhen und Protesten prokommunistischer Kräfte gegen die britische Kolonialherrschaft.
Das Gesetz unter Kapitel 241 ermöglicht der Regierungschefin verschiedene weitere Notstandsmaßnahmen, „die als notwendig im öffentlichen Interesse betrachtet werden“.
Ausdrücklich genannt werden unter anderem Zensur, leichtere Festnahmen und Haftstrafen, Hausdurchsuchungen, Beschlagnahme und die Unterbrechung von Kommunikationsnetzwerken. Über eine solche Notstandsermächtigung wird bereits seit Wochen spekuliert.
Demonstranten in Hongkong tragen Masken und vielfach auch dicht schließende Brillen, um sich vor Tränengas oder Pfefferspray zu schützen. Außerdem wollen sie verhindern, dass die Polizei sie identifiziert – beispielsweise mit einer Software für Gesichtserkennung.
Wie das Vermummungsverbot in der Praxis durchgesetzt wird oder welche Strafen geplant sind, muss sich zeigen. Auch stellt sich die Frage, was mit Journalisten passiert, die über Demonstrationen berichten und sich auch mit Gesichtsmasken gegen Tränengas schützen.
Hundert Verletzte zum 70. Jahrestag der VR China
Die seit fünf Monaten anhaltenden Demonstrationen waren am Dienstag zum 70. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik eskaliert. Erstmals wurde ein Demonstrant, ein 18-Jähriger Student, angeschossen.
Rund Hundert wurden verletzt. 269 Menschen wurden festgenommen – soviel wie nie zuvor an einem Tag. Seit Ausbruch der Proteste sind damit rund 2000 Menschen festgenommen worden.
Meist vermummte Aktivisten hatten Straßen blockiert, warfen Pflastersteine und Brandsätze. Die Beamten setzen Tränengas, Schlagstöcke, Gummigeschosse und Wasserwerfer ein.
Zu solchen Ausschreitungen kommt es immer wieder nach friedlichen Märschen, die aber immer häufiger auch nicht mehr genehmigt werden.
Die Protest richten sich gegen die eigene Regierung und den langen Arm der kommunistischen Führung in Peking. Die Demonstranten fordern eine unabhängige Untersuchung von Polizeigewalt, einen Straferlass für die Festgenommenen, eine Rücknahme der Einstufung ihrer Proteste als „Aufruhr“ sowie freie Wahlen.
Seit der Rückgabe 1997 an China wird die frühere britische Kronkolonie mit einem eigenen Grundgesetz nach dem Grundsatz „ein Lasnd, zwei Systeme“ autonom regiert.
Die Hongkonger stehen unter Chinas Souveränität, genießen aber – anders als die Menschen in der kommunistischen Volksrepublik – mehr Rechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit, um die sie jetzt fürchten. (dpa)
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