Li Keqiangs plötzlicher Herztod: Welche Folgen könnten Chinas Gesellschaft ereilen?
Er galt als einer der mächtigsten Männer nach Chinas Oberstem Führer Xi Jinping. Nun ist der ehemalige Premierminister Li Keqiang im Alter von 68 Jahren unerwartet verstorben. Der Tod ereilte den kommunistischen Führer nach Angaben staatlicher chinesischer Medien in der Nacht zum 27. Oktober kurz nach Mitternacht. Am Vortag erlitt er während einer Reise nach Shanghai den Angaben nach plötzlich einen Herzinfarkt.
Mächtiger Vertreter der „Tuan Pai“-Gruppe
Li war ein einflussreicher Vertreter der politischen Fraktion der „Tuan Pai“, einer aus der Kommunistischen Jugendliga hervorgegangenen Machtgruppe. Von März 2013 bis zu seiner Pensionierung im März dieses Jahres leitete Li als zweitwichtigster Führer die Regierungsgeschäfte für Alleinherrscher Xi. Li Keqiangs offizielle politische Aussortierung begann bereits im Oktober vergangenen Jahres beim Parteitag der Kommunisten in China.
Er und Wang Yang, ein weiteres führendes „Tuan Pai“-Mitglied und ehemals Vorsitzender der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes, wurden nicht mehr in das neue Zentralkomitee der kommunistischen Partei (KPC) übernommen – in die rund 200 Parteimitglieder umfassende Führerelite.
Beide verschwanden anschließend auch aus dem siebenköpfigen Ständigen Ausschuss des Politbüros der KPC – dem mächtigsten Entscheidungsgremium der China beherrschenden Partei. Für Xi Jinping war die Umsetzung dieser Veränderungen ein großer politischer Sieg, hatte zu dieser Zeit der China-Kommentator Li Linyi in den USA gegenüber der Epoch Times bestätigt. Gleichzeitig genehmigte sich Xi Jinping eine dritte Amtszeit – auch zur Konsolidierung seiner allumfänglichen Macht, die ihn immer mehr auf den Weg Mao Zedongs bringt. Xi Jinping wird offiziell mindestens bis 2028 der Oberste Führer Chinas sein.
Ein brisanter Todesfall
Nach Angaben des US-Senders NTD-TV schrieb Akio Yaita, Direktor der Taipei-Filiale des japanischen Senders „Sankei Shimbun“, am 27. Oktober auf Facebook, dass die Nachricht von Li Keqiangs Tod zu einer großen Neuigkeit geworden sei, die weltweite Aufmerksamkeit errege.
Auch er war sehr überrascht. Denn pensionierte Führer der Kommunistischen Partei Chinas gehören zu den gesündesten und langlebigsten Gruppen der Welt. Jeder hat sein eigenes medizinisches Team, das ihn rund um die Uhr engmaschig betreut. In den letzten Jahren kam es selten zu plötzlichen Todesfällen ehemaliger Führer der KPC.
In dem Beitrag wird auf den Tod von Zhou Enlai im Jahr 1976 verwiesen – und dass dieser den Vorfall vom „5. April“ ausgelöst habe (Anm. d. Red.: unterdrückte Massendemonstrationen für Reformen). Auch der Tod des ehemaligen KP-Führers Hu Yaobang im Jahr 1989 habe einen Vorfall ausgelöst, den vom „4. Juni“ (Anm. d. Red.: Studentenproteste endeten im Tian’anmen-Massaker). Der Autor schließt mit dem Hinweis, dass Li Keqiang einst als Nachfolger des Systems von Hu Yaobang galt, und fragt, ob die Menschen im Gedenken an Li Keqiang ihre Unzufriedenheit mit der Regierung zum Ausdruck bringen könnten – und wie Chinas Behörden damit umgehen werden. Man habe das Gefühl, „der Sturm kommt gleich und der Wind füllt das Gebäude“.
Wer glaubt noch dem Regime?
Wang Yaqiu, Forschungsleiterin für China, Hongkong und Taiwan bei der internationalen Menschenrechtsorganisation „Freedom House“ in Washington D.C., reagierte instinktiv auf die Todesmeldung: „Ich sehe bereits Spekulationen über den Tod von Li Keqiang. Der Blackbox-Charakter des chinesischen politischen Systems lässt die Menschen sofort fragen, ob ‚Herzinfarkt‘ der wahre Grund ist“, so Wang.
Sie verwies darauf, dass die KPC trotz ihrer „projizierten Allmacht“ nicht in der Lage sei, „eine einfache Sache zu erreichen: die Menschen dazu zu bringen, dem zu vertrauen, was sie sagt“.
Und in der Tat, die Atmosphäre der Nachricht vom Tod des Ex-Premiers ist voller Fragezeichen. „Ich bin gerade aufgewacht und habe die Nachricht gehört, dass Chinas letzter Ministerpräsident Li Keqiang, von dem bekannt ist, dass er sich wegen Wirtschaftsfragen mit Xi Jinping gestritten hat, an einem Herzinfarkt gestorben ist!?“, postete der schwedische China-Experte und Journalist Jojje Olsson mit ungläubigem Unterton auf X.
Ein Händedruck für zehn Jahre Dienst
Nach Angaben der US-Epoch-Times war Li Keqiang ein Wirtschaftswissenschaftler von der Peking-Universität und leitete später als Ministerpräsident die Wirtschaft Chinas. Den Angaben nach wurde er jedoch in den letzten Jahren mehr und mehr von dieser Position ausgeschlossen.
2020 sorgte Li Keqiang für Aufsehen, als er bei einer Pressekonferenz bezifferte, dass etwa 600 Millionen Bürger Chinas monatlich nur 1.000 Yuan (140 US-Dollar) verdienen. Damit deutete der Ministerpräsident auf schwerwiegende wirtschaftliche Probleme in China hin. Dies ließ Xi Jinpings anschließende Ankündigung, dass China die Armut beseitigen werde, wenig überzeugend erscheinen.
Li Keqiang hielt am Morgen des 5. März 2023 seinen letzten Regierungsbericht als Premierminister in der Großen Halle des Volkes in Peking, erinnert die chinesischsprachige Epoch Times. In online veröffentlichten Videos war zu sehen, dass Xi Jinping, der mit Li Keqiang zehn Jahre lang zusammengearbeitet hatte, am Ende des Treffens nur ein oder zwei Sekunden lang dessen Hand schüttelte. Danach drehte sich Xi um und ging. Wang Yang, der neben Li Keqiang stand, drehte sich sofort um, als Xi Jinping herüberkam, schreibt der chinesische ET-Journalist.
Netizen „Brick Wood“ glaubt: „Li Keqiangs Tod ist wie eine Atomwaffe. Er wird enorme Auswirkungen auf Chinas Wirtschaft, die Mittelschicht und die Eliten haben. Die daraus resultierenden Auswirkungen werden den völligen Zusammenbruch der chinesischen Gesellschaft und die Ankunft großen Chaos nach sich ziehen.“ Der Netizen sieht dunkle Wolken im Reich der Mitte aufziehen: „Chinas Zukunft ist voller Blutvergießen.“
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