Lebensfreude pur: Die Wasserspiele im Schloss Hellbrunn
Nur vier Kilometer vor den Toren Salzburgs liegt das Schloss Hellbrunn. In seiner heiteren Eleganz und dem sich weitläufig über 60 Hektar erstreckenden Schlosspark ist es sowohl Erholungsraum für Einheimische als auch touristischer Anziehungspunkt.
Denn hinter dem Renaissanceschloss im Stil einer großzügigen italienischen Villa versteckt sich ein besonderes Kleinod: die weltweit einzig original erhaltenen, rein mechanisch betriebenen Wasserspiele. Es ist dabei die unbändige Spiellust der Erbauer, die bis heute fasziniert, durch eine Vielzahl kleinerer und größerer Details.
Einlassen auf das Ungewisse
Fast intim empfängt einen die schmale Anlage. Im großen Oval einer spiegelglatten Wasserfläche mit Kiesgrund spiegeln sich mächtige Baumkronen. Rückwärtig steigt das Gelände steil an. In der Fläche, die sich so zwischen Schloss und Hang ergibt, wartet auf die Besucher wirklich Überraschendes und nie Gesehenes.
Erste Station ist das Römische Theater. Zwischen Wasserbassin und halbrunden Sitzstufen steht ein steinerner Tisch, umringt von zehn steinernen Hockern. Eine wassergefüllte Aussparung in der Mitte des Tisches gewährleistete im 17. Jahrhundert allzeit die richtige Weintemperatur, erzählt die Parkführerin und bittet Besucher, an der Tafel Platz zu nehmen.
Unversehens befindet sich die Tischgesellschaft umrahmt von einem Vorhang feiner Wasserfontänen, die wie aus dem Nichts erscheinen. Um dem Ganzen die Krönung zu geben, entspringt auch plötzlich jedem der Sitzhocker ein feiner Wasserstrahl – nein, nicht jedem: Der Gastgeber hatte sich wohlweislich einen trockenen Platz gesichert. Solchermaßen eingestimmt, geht das Vergnügen weiter.
Ein Ort der Leichtigkeit
Der brütend warme Tag mag das Seine dazugeben, dass die überraschenden nassen Berieselungen für allgemeine Erheiterung sorgen. Sei es beim Eintritt in die Grotten unterhalb der Villa oder beim Vorüberschreiten an einem Hirschgeweih, welches wie das Zitat einer klassischen Jagdtrophäe an der Hausfassade montiert ist, die Besucher können sich nie sicher sein, woher und in welcher Form das kühlende Nass spritzt.
Dabei ist es alles andere als ferngesteuert. Die Mitarbeiter der Wasserspiele stehen dezent am Rand, beobachten die Szenerie und setzen sodann die Macht des Wassers in Gang, ganz ohne Strom wohlgemerkt, der bei Inbetriebnahme der Wasserspiele 1615 noch gar nicht entdeckt war.
Die Ausgelassenheit der tropfnassen Kinder ist ansteckend und verlockt auch manchen Erwachsenen, die Wasserscherze geradezu zu suchen. So plötzlich wie der Zauber erscheint, verschwindet er auch wieder. Und nie weiß man, aus welcher Ritze, ob von oben oder unten, seitlich oder von vorn, einen das Nass überrascht.
An einem Sommertag wie diesem im August wird in Hellbrunn der Jahreswasserverbrauch einer vierköpfigen Familie versprüht, erzählt der Brunnenmeister, der das feuchte Entzücken steuert. Doch wurde alles so angelegt, dass es natürlichen Begebenheiten folgte. So werden die Teiche aus natürlichen Quellen gespeist und die Bäche wurden dort angelegt, wo bereits Bachläufe waren. Wasserzisternen am Hang sorgen für den nötigen Wasserdruck.
In immer neuer Form
An den folgenden Stationen zeigt sich das Wasser in seiner Wandelbarkeit. Einer Glaskuppel gleich wölbt es sich über einen Strauß frischer Blumen. Aus steinernen Schildkröten tritt ein Wasserstrahl, um in der gegenüberliegenden Schildkröte wieder zu verschwinden, wobei nicht auszumachen ist, in welche Richtung das Wasser geht. Es scheint förmlich in der Luft zu stehen.
In der Midasgrotte wird die Kraft des Wassers unter Beweis gestellt: Je nach Wasserdruck hebt ein senkrecht aufsteigender Wasserstrahl eine goldene Metallkrone in die gewünschte Höhe und hält sie dort oben oder lässt sie lustig auf und ab tanzen.
„Im Brunnen der Neptungrotte schockierte die Gäste das Germaul, eine blecherne Fratze, die, wasserbetrieben, die Augen rollt und dem Betrachter respektlos die Zunge herausstreckt“, ist zu lesen in den Beiträgen des Instituts für Spielforschung und Spielpädagogik an der Universität Mozarteum Salzburg und beschreibt damit treffend die Szenerie.
Ungebremster Spieltrieb
Nicht nur sichtbar erfreut das Wasser. Auch in sogenannten Wasserautomaten im hinteren Drittel des Parks wird sich die Kraft des Wassers zunutze gemacht und betreibt in fünf Miniaturgrotten Szenen aus Mythologie und traditionellem Handwerksleben. Holzfiguren, circa 20 Zentimeter messend, werden durch eine ausgetüftelte Mechanik allein mit Wasserantrieb zum Leben gebracht.
Seine Krönung findet dies im mechanischen Theater, 1748 bis 1752 den Wasserspielen im Park hinzugefügt. Nach selbigem Prinzip stellen 142 Figuren das städtische Treiben und höfische Leben des 18. Jahrhunderts dar. Das hölzerne Antriebswerk erzeugt ordentlich Radau, welches von der Musik einer Drehorgel mit mächtigen Holzwalzen übertönt wird.
Für verblüffende Erheiterung sorgt ein Drache, der possierlich durch ein Wasserbecken fährt. Steinfiguren mit zahlreichen Zitaten aus römischer und griechischer Mythologie regen die Fantasie an. Und daran mangelte es den Erbauern in keinem Fall.
Ideengeber und Erbauer
Markus Sittikus, von 1612 bis 1619 Fürsterzbischof von Salzburg, war es, der Schloss, Park und Wasserspiele innerhalb von zwei Jahren erbauen ließ. Mit vier Jahren bereits mutterlos, kam er im Alter von acht Jahren gemeinsam mit dem älteren Bruder in die Obhut des Onkels in Mailand. Die italienischen Einflüsse sind unverkennbar und spiegeln sich in Garten, Villa und den Wasserscherzen wider.
Zerstreuung durch „dolce vita“ war durchaus das Ziel als probate Kur gegen Melancholie. Diese war auch für Markus Sittikus kein Fremdwort, sondern soll laut seinen Ärzten sein frühes Ableben mit 45 Jahren beschleunigt haben. Doch bis dahin hat ihm dieser erzbischöfliche Lustort aus dem frühen 17. Jahrhundert mit seinen manieristischen Spielereien sicherlich manch unbeschwerte Stunde beschert.
Die Wasserspiele Hellbrunn sind vom 31. März bis 1. November 2023 täglich geöffnet. Für den Besuch der Wasserspiele sollten ein bis zwei Stunden eingeplant werden. Die Eintrittskarte berechtigt auch zum Besuch des Schlosses.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion