Kapitalflucht: Investoren ziehen sich aus China zurück

Die ausländischen Direktinvestitionen in China sind in den ersten beiden Monaten des Jahres um fast ein Fünftel zurückgegangen. Experten sehen darin eine Reaktion auf eine immer unfreundlichere Politik des kommunistischen Regimes gegenüber Investoren. Dieses will nun mit einem Aktionsplan reagieren.
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18. Februar 2024: Mitarbeiter einer Waschmaschinen-Produktionslinie in einer Fabrik des chinesischen Haushaltsgeräte- und Elektronikunternehmens Haier in Qingdao in der ostchinesischen Provinz Shandong.Foto: STR/AFP via Getty Bilder
Von 25. März 2024

In Chinas kommunistischer Herrschaft macht sich zunehmend Nervosität breit. Ein wesentlicher Grund dafür sind überaus unvorteilhafte Daten aus dem eigenen Handelsministerium. Diesem zufolge ist die Summe der ausländischen Direktinvestitionen (FDI) im Land in den ersten beiden Monaten des Jahres auf 215,1 Milliarden Yuan (ca. 27,6 Milliarden Euro) gesunken. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Minus von 19,9 Prozent.

Drastischer Absturz bei ausländischen Direktinvestitionen (FDI)

Bereits im Januar war die Rede von einem Minus von 11,7 Prozent. Mittlerweile sinkt die Zahl der ausländischen Direktinvestitionen den achten Monat in Folge. Für die kommunistische Partei Chinas (KPC) ist die Entwicklung umso unbefriedigender, als man ohnehin schon einige Maßnahmen veranlasst hatte, um dem Trend entgegenzuwirken.

Stellt man dazu in Rechnung, dass das Handelsministerium eher ein Interesse daran hat, die Zahlen zu beschönigen und nicht zu dramatisieren, lässt sich ein signifikanter Abwärtstrend erahnen.

Aus der Behörde heißt es, ausländische Investitionen seien ein normales Marktverhalten. Datenschwankungen seien „normal und im Einklang mit den Marktregeln“. Außerdem seien die Investitionen im Vorjahr eben wegen des Nachholeffekts zu den Corona-Jahren so hoch gewesen.

Allerdings hält sich der Abwärtstrend mittlerweile nicht nur lange, sondern das KP-Regime hatte bereits im Vorjahr einige Maßnahmen getroffen, um den Kapitalabfluss zu kontern.

Aktionsplan soll die Investoren wieder zurückholen

Ein weiterer Aktionsplan steht unmittelbar bevor, berichtet die englischsprachige Epoch Times. Diesen hatte das Generalbüro des Staatsrats der Kommunistischen Partei Chinas am 19. März veröffentlicht. Enthalten seien Maßnahmen in fünf Bereichen, um „das Vertrauen ausländischer Investitionen in die Entwicklung Chinas“ zu stärken.

Kern des Aktionsplans ist demnach die Aufhebung einer Vielzahl an Zugangsbeschränkungen in mehreren bisher verschlossenen Bereichen. Diese betreffen die verarbeitende Industrie, die Telekommunikation, die medizinische Versorgung und technologische Innovationen. Zudem soll es einen verbesserten Zugang für FDI im Segment der Finanzdienstleistungen geben.

Überdies soll auch die Visa-Erteilung für China leichter werden. Die Gültigkeitsdauer der Einreisevisa für Mitarbeiter ausländischer Investoren und deren Familien soll auf zwei Jahre verlängert werden.

Xi Jinping bemühte sich zuletzt wieder um Schönwetterpolitik gegenüber den USA

Wang Guo-chen vom Chung-Hua Institut für Wirtschaftsforschung in Taiwan erklärte dazu gegenüber der Epoch Times, dass es bereits im vergangenen Jahr einen Aktionsplan gegeben habe. Dieser habe sich jedoch als Flop entpuppt, insbesondere mit Blick auf die Finanzbranche.

Chinas Wirtschaft schrumpfe, die Jugendarbeitslosigkeit sei zuletzt vor allem in den Städten auf mittlerweile 15,3 Prozent angewachsen. Schon im Vorjahr habe man deshalb versucht, den USA zur Abwechslung ein freundliches Gesicht zu zeigen. Wang erklärt dazu:

„Die Einführung des neuen Aktionsplans zeigt die Besorgnisse der Pekinger Behörden über den Rückzug ausländischer Investitionen, was auch aus dem Treffen zwischen den USA und China Ende letzten Jahres hervorgeht.“

Im Oktober 2023 hatte Machthaber Xi Jinping den Mehrheitsführer im US-Senat, Chuck Schumer, in Peking empfangen. Dabei sagte Xi: „Die Volkswirtschaften Chinas und der Vereinigten Staaten sind eng miteinander verflochten, und wir können von der Entwicklung des jeweils anderen profitieren.“

Razzien und Verhaftungen nach dem Anti-Spionage-Gesetz

Die Investoren sind sich dessen nicht so sicher. Der taiwanische Ökonom Huang Shicong erläuterte gegenüber der Epoch Times, vor allem US-Unternehmen entschlössen sich immer häufiger, ihre Investitionen aus China heraus zu verlagern. Indien oder die ASEAN-Staaten seien für viele eine attraktivere und deutlich sicherere Alternative.

Peking habe zuletzt nicht nur außenpolitisch seine Konfrontationspolitik gegenüber den USA intensiviert. Auch die ausländischen Unternehmen im Land selbst gerieten immer häufiger ins Visier der kommunistischen Führung. Im Jahr 2023 hatte es Razzien und Verhaftungen in Büros vieler ausländischer Unternehmen gegeben – Aufhänger war das Anti-Spionage-Gesetz.

Zwar merke man nun langsam, dass der dadurch geförderte Abfluss ausländischen Kapitals dem Land schade und wolle nun gegensteuern. Aber, so Huang, das KP-Regime habe dabei keine Vorstellung über den bereits eingetretenen Vertrauensverlust:

Es ist nicht so, dass man einfach den Markt öffnet und ausländische Geschäftsleute dann investieren werden. Wenn sie ihr Leben verlieren und ihre Sicherheit infrage steht, wer wird dann investieren?“

Investoren wollen politisiertes Umfeld in China nicht länger tolerieren

US-Botschafter Robert Nicholas Burns unterstrich jüngst, dass exakt die Frage der Sicherheit und Berechenbarkeit den Unterschied zwischen den USA und China als Standort ausmache. Die Führung in Peking sende „widersprüchliche Signale an ausländische Investoren“ aus. Einerseits versuche man sie durch Marktöffnungsmaßnahmen anzuziehen, andererseits drangsaliere man sie mittels des Anti-Spionage-Gesetzes.

Auch die Handelskammer der Europäischen Union in China präsentierte jüngst einen Bericht. Aus der Untersuchung mit dem Titel „Riskful Thinking: Navigating the Politics of Economic Security“ geht hervor, dass auch europäische Investoren skeptisch geworden sind. 64 Prozent der befragten Unternehmen äußerten im Vorjahr, die Geschäftstätigkeit in China sei schwieriger geworden.

Die Geschäftslandschaft sei politischer, Unsicherheit und „drakonische Vorschriften“ beherrschten die Szenerie. Ausländische Unternehmen müssten sich häufiger stärker auf die Risikovermeidung als auf die eigentliche Geschäftstätigkeit konzentrieren.

Huang ist der Überzeugung, dass der neue Aktionsplan die grundlegenden Probleme nicht lösen werde: „Das grundlegende Problem ist, dass Xi Jinping die Wirtschaft entwickeln und sein Regime stabilisieren will, also hat er die Kontrolle der Partei über ausländisches Kapital und ausländische Unternehmen weiter verstärkt. Auch das ausländische Kapital muss auf die Worte und Befehle der Partei hören.“

Das würden ausländische Investoren immer weniger akzeptieren – und daran änderten auch Anreize nichts. „Wenn sich die Politik der KPC und das Umfeld nicht ändern, kann man noch so viele Anreize für Unternehmen mit ausländischem Kapital schaffen und noch so viele Märkte öffnen, es wird nichts nützen“, sagte er.



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