Wirtschaftsspionage: China ist die „größte Bedrohung“ für „Sicherheit und Wohlstand“ in Deutschland
Die Bedrohung Deutschlands durch Industrie- und Wissenschaftsspionage der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) ist größer als je zuvor, warnt der Bundesverfassungsschutz in seinem neuen Bericht vom Dienstag, 20. Juni.
In ihrer Risikoanalyse kommt die Bundesbehörde zu dem Schluss, dass China wegen des „umfassenden Vorgehens zur Informationsgewinnung, die größte Bedrohung in Bezug auf Wirtschafts- und Wissenschaftsspionage ist“.
Angesichts des Ukraine-Krieges und den damit verbundenen geopolitischen Veränderungen sei davon auszugehen, dass die Spionageaktivitäten noch weiter zunähmen.
Technologie- und Know-how-Abfluss
Seit Jahren betreibe die KPC ein umfassendes System des Technologie- und Know-how-Transfers, um seine zivile und militärische Entwicklung voranzutreiben. Für ihr erklärtes Ziel, bis 2049 „Weltmacht mindestens auf Augenhöhe mit den USA“ zu werden, habe sie sich insgesamt „289 Masterpläne zur Erlangung von Markt- und Technologieführerschaft in strategischen Sektoren“ zurechtgelegt, so der Bericht.
Im besonderen Fokus des Interesses stünden dabei „Emerging Technologies (EMT) wie Quantentechnologie, Künstliche Intelligenz, Hyperschalltechnik, Überwachungstechnologie oder Biotechnologie, denen militärisch eine immer größere Bedeutung zukommt.“ Aber auch Erkenntnisse zu Struktur, Bewaffnung und Ausbildung der Bundeswehr sowie „moderne Waffentechnik aus der deutschen Verteidigungsindustrie“, so der Bericht weiter.
China-Investitionen als Gefahr für Sicherheit und Wohlstand
Der neue Verfassungsschutzbericht kam rechtzeitig zu dem Treffen zwischen Ministerpräsident Li Qiang und Olaf Scholz in Berlin, der sich tags zuvor mit Vertretern der Wirtschaft getroffen hatte. Neben den Spionageaktivitäten seien allerdings auch die deutsch-chinesischen Handelsbeziehungen mit Risiken für die Sicherheit und den Wohlstand der Deutschen verbunden, warnt die Behörde.
Der Einkauf in deutsche Unternehmen hat dem Bericht nach im vergangenen Jahr zugenommen. Er ermögliche der KPC legalen Zugang zu „Technologien, Know-how oder geistiges[m] Eigentum“ und sei „Tor zu politischer Einflussnahme, Spionage und Sabotage“. Gerade Direktinvestitionen in sensible Technologien oder Kritische Infrastrukturen bergen „Risiken für die öffentliche Sicherheit in Deutschland“ und den Wohlstand der Bevölkerung.
Der Know-how-Abfluss gefährde die „Wettbewerbsfähigkeit des Industrie- und Technologiestandorts Deutschland“ und marktwirtschaftliche Gesetzmäßigkeiten. Zudem warnt der Verfassungsschutzbericht vor „Wohlstandsverlusten, Risiken für die Demokratie, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Unabhängigkeit Deutschlands“.
Politische Einflussnahme und Druck
Gleichzeitig weist der Bericht darauf hin, dass die KPC Politiker, Unternehmen und wissenschaftliche Institute massiv unter Druck setzt, sobald sie die Politik der KPC kritisieren. Zur Abschreckung würde die KPC zum Beispiel in China ansässige Unternehmen „öffentlich wirksam“ staatlich sanktionieren oder boykottieren.
Allerdings sei für die Ambitionen der KPC ein „wohlwollendes Umfeld im Ausland“ von Bedeutung. Dafür bemühe sich die chinesische Seite gut vernetzte deutsche (aktive und ehemalige) Angehörige der Politik als „Lobbyisten“ für ihre Zwecke zu gewinnen. Die KPC verstehe es ausgezeichnet, für Personen aus Wissenschaft und Wirtschaft Anreize zu setzen, um Informationen zu beschaffen. Dabei kommen Kooperationen und Talentprogramme zum Tragen.
So gelinge es dem Staat, an Wissen zu gelangen, „ohne den Einsatz klassischer nachrichtendienstlicher Mittel und Methoden“, so der Bericht weiter. Im Bereich von Bildung und Forschung drohten Kooperationsformate wie die Konfuzius-Institute die akademische Freiheit zu unterminieren. Gleichzeitig instrumentalisiere die KPC die Institute, um ihre Ideologie und „ein makelloses Chinabild zu verbreiten“.
Spionageaktivitäten in der chinesischen Diaspora
Pekings Übersee-Polizeistationen haben in letzter Zeit Schlagzeilen gemacht. Der Verfassungsschutz bekräftigt, dass es sich dabei um „illegitime Parallelstrukturen“ handelt, die „China zur Ausspähung und Beeinflussung der chinesischen Diaspora in Deutschland nutzen könnte“. In Deutschland würden sie von „linientreuen Auslandschinesen – zum Teil mit deutscher Staatsangehörigkeit – geleitet“ und nicht von Polizeibeamten, so der Bericht.
„Zu ihren Aufgaben gehören die Unterstützung bei diversen polizeilichen und behördlichen Angelegenheiten (z.B. Eheschließungen, Meldewesen, zivilrechtliche Angelegenheiten), aber auch das Sammeln von Informationen über Mitglieder der Diaspora oder über Meinungsbilder und die Propagierung ideologischer Leitlinien der KPC in der Diaspora“, so der Bericht.
Weiterhin setzen die chinesischen Nachrichtendienste zur Informationsgewinnung chinesische Auslandskorrespondenten in Deutschland ein, „die eng an die chinesische Botschaft in Berlin angebunden sind und in erster Linie offene Gesprächsabschöpfung betreiben.“ Zugleich nutze Peking deren „Kontaktnetzwerk sowie die Reichweite der von ihnen verfassten Beiträge, um in Deutschland die Narrative der KPC für ein positives Chinabild zu verbreiten.“
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