Hutongs und die chinesischen Hofwohnungen für die Großfamilie

Titelbild
Die malerischen Dächer der Hofwohnungen in der Verbotenen Stadt in Peking nach einem SchneefallFoto: WANG ZHAO/AFP/Getty Images
Von 1. April 2014

Sie sind kaum noch zu finden in Chinas Hauptstadt, die Hu Tongs und die chinesischen Hofwohnungen, einst Lebensmittelpunkt der chinesischen Großfamilie.

Seit der Gründung der VR China1949 mussten sie mehr und mehr dem modernen Stadtbild weichen, die Besitzer wurden enteignet und die Höfe abgerissen. Die Besitzer kämpften in den letzten Jahren sogar oft vergebens um einen angemessenen Ausgleich.

Die traditionelle Architektur der chinesischen Hofwohnung in Peking spiegelt die Einstellung der Nordchinesen zur Familie wider. In Deutschland hat man das Einfamilienhaus, dessen Zentrum für familiäre Aktivitäten das Wohnzimmer, im Sommer vielleicht noch die Terrasse ist. In Peking hatte man die chinesische Hofwohnung, deren Zentrum für die familiären Aktivitäten der Hof ist.

Die chinesische Hofwohnung ist für eine große Familie gedacht, die drei oder sogar vier Generationen vereint. Der quadratische Hof ist an allen Seiten von Zimmern umgeben und von der Außenwelt völlig isoliert. Alle Fenster sind nach innen, also zum Hof hin, gerichtet. Die Fenster der Räume an der nördlichen Seite des Hofes zeigen nach Süden und haben damit die beste Sonnenlage.

Der Winter ist in Peking, wo diese Art zu wohnen vorherrschend war, ziemlich kalt. Eiserne Öfen für Kohle- oder Holzfeuerung wurden  benutzt. Strom gab es nicht, deshalb war die Wärme durch Sonneneinstrahlung im Winter ein wichtiger Faktor für die Wohngemütlichkeit. Mit diesen am besten positionierten Zimmern zeigte man seinen Respekt gegenüber der ältesten Generation. Die Zimmer an der westlichen und östlichen Seite waren für die Kinder gedacht.

Als die Ein-Kind-Politik in China noch nicht existierte, waren die meisten Familien Großfamilien. In den Zimmern an der südlichen Seite des Hofes wohnten die Diener, sofern es sich um eine große und reiche Familie handelte. Auch die Gästezimmer befanden sich dort.

[–Die ‚Rangordnung‘ in der Architektur–]

Die Häuser der chinesischen Hofwohnung sind ebenerdig und haben schräge Dächer. In einer chinesischen Hofwohnung sucht man vergebens nach einem Wohnzimmer, das ganz große Wohnzimmer befindet sich im Freien. Im Hof spazieren die Großeltern. Die Mutter wäscht Gemüse am Brunnen, die Kinder spielen im Sommer unter den Bäumen des Hofes oder helfen ihrer Mutter bei der Vorbereitung des Essens.

Da dieses „Wohnzimmer“ im kalten Winter in Peking nicht so gut zu benutzen ist, verlagert man es in die Küche. Es wird in einem der Zimmer an der nördlichen Seite des Hofes gegessen, also in einem der Zimmer für die älteste Generation.

In der Architektur erkennt man auch die Rangordnung innerhalb der Familie. Die Zimmer für die älteste Generation an der nördlichen Seite sind am höchsten und größten. Es folgen die an der westlichen und östlichen Seite und zuletzt die an der südlichen Seite. Bei den Wohnungen reicher Familien ist der gesellschaftliche Stand der Bewohner auch an der Dachform und der Dekoration der Häuser abzulesen.

Paläste, wie die Verbotene Stadt in Peking, wurden nach diesem Muster gebaut. So ist die alte chinesische Architektur  auch zum Symbol der Jahrtausende alten chinesischen Kultur geworden.  Leider wurden die meisten dieser Hofwohnungen in den Jahrzehnten nach der Gründung der Volksrepublik China bis auf sehr wenige abgerissen.

                                                               



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