Hongkong: 1.800 Rechtsanwälte in Schwarz im Schweigemarsch gegen Chinas Weißbuch
Ein ungewohnter Anblick bot sich am Freitag, dem 27. Juni, in Hongkong. 1.800 Rechtsanwälte, Jura-Professoren, Justizangestellte und Studenten trafen sich in schwarzer Kleidung um 17 Uhr vor dem Oberen Gericht. Im Schweigemarsch zogen sie etwa eine Stunde lang wohlgeordnet und ohne Plakate oder Spruchbänder durch die Stadt zum Höchsten Gericht.
17 Jahre nach der Rückgabe der englischen Kronkolonie an China unter der Prämisse „Ein Land – zwei Systeme“, war am 10. Juni in Peking ein Weißbuch des "China State Council Information Office" erschienen, dem Büro für auswärtige Propaganda. In ihm wurde erklärt, dass „Hongkongs Autonomie davon abhängig ist, wie viel davon Peking ihm zu geben gewillt ist, und dass die chinesische Zentralregierung jederzeit die Verfassung von Hongkong ändern kann.“
Die Hongkonger Juristen meinen, dass die Unabhängigkeit von Hongkongs Rechtssystem dadurch beschädigt werde und damit auch die Kernwerte von Hongkong in Gefahr gerieten, wie Meinungsfreiheit und Rechtssicherheit.
An der Spitze des Demonstrationszuges gingen die renommiertesten Anwälte aus berühmten Kanzleien. Ihnen folgten auch ausländische Juristen, die in Hongkong arbeiten und sogar aktive Anwälte aus dem Festland China.
Professor: „Wir lehren unsere Juristen nicht, politische Maßstäbe anzulegen“
Besonders erbost sind die Juristen, dass von den Richtern eine „patriotische Gesinnung“ erwartet wird. Sie verlangen eine Rücknahme dieser Passage. Rechtsanwalt Alan Leong Kah-kit monierte in Interviews, das Weißbuch hätte eindeutig gezeigt, dass nach dem Willen Pekings die Richter sich nach den Ansichten von Politikern richten sollten.
Der Leiter der juristischen Fakultät an der Universität Hongkong, Prof. Johannes M.M. Chan, sagte, noch nie hätten sie Studenten gelehrt, politische Maßstäbe anzulegen. Das Weißbuch verlange aber, dass Richter ihr Land lieben sollten. Man verlange im Weißbuch eine politisch nationalistische Einstellung und betrachte Richter als Teil der Verwaltung.
„China hat ein barbarisches Rechtssystem“
Der Rechtsanwalt Teng Biao aus China sagte den Medien, dass Hongkongs Rechtssystem bisher immer ein Vorbild für China gewesen sei, es wäre zivilisiert im Gegensatz zu dem barbarischen Rechtswesen von China. Hongkong habe immer die Freiheit und die Menschenrechte unterstützt.
„Wir werden nicht einen Schritt zurückweichen, wenn es um unser unabhängiges Rechtssystem geht“, hieß es aus Teilnehmerkreisen. Die Demonstration sollte auch ein eindeutiges Signal an die übrige Welt geben. Hongkong hat eine eher westlich geprägte Entwicklung durchlaufen, besonders in seinem Justizsystem. Dadurch, dass es mit westlichen Systemen ‚kompatibel‘ ist, hat sich Hongkong neben New York zu einem der führenden Finanzplätze in der Welt entwickelt.
750.000 Bürger haben schon für mehr Demokratie abgestimmt
Das Weißbuch war 10 Tage vor einer inoffiziellen Volksabstimmung in Hongkong erschienen. Für die Zeit vom 20. bis zum 29. Juni, haben Oppositionelle in Hongkong zu einer Abstimmung über eine Reform der Wahlen aufgerufen. Wir berichteten. Bis zum Freitag, dem 27. Juni, haben schon über 750.000 der 3,5 Millionen wahlberechtigten Bürger in der 7,2-Millionenstadt ihr Votum direkt in Wahlbüros oder per E-Mail abgegeben. Mit dieser hohen Zahl hatte niemand gerechnet.
Am 1. Juli wird in Hongkong seit 1997 jedes Jahr die Übergabe der ehemaligen britischen Kronkolonie an China festlich begangen. Die Bürger nutzen diesen Tag jedoch auch, um in einer Demonstration auf ihr Recht von „Ein Land zwei Systeme“ hinzuweisen und weitere Demokratisierung zu fordern.
Die Rechtsanwälte riefen die Bevölkerung über die Medien auf, in diesem Jahr besonders zahlreich gegen die Zumutungen im Weißbuch zu protestieren.
Ein Video vom Schweigemarsch in chinesischer Sprache:
https://youtube.com/watch?v=Rey14LI4hHk%23t%3D199
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