Hintergrundanalyse: Büro 610 – „Chinas Gestapo“ erhält schweren Rückschlag durch Präsident Xi Jinping
Einen Tag nach dem Volkskongress legte die KPCh einen Plan zur Umstrukturierung von Partei und Staat vor, die Folge: Geschwächte Geheimpolizei und mehr Macht für Staats-und Parteichef Xi Jinping.
Am 21. März veröffentlichte die Regierung den „Plan zur intensiven Umstrukturierung von Partei und Land“. Der gesamte Plan enthält eine Zwanzig-Punkte-Agenda zur Umstrukturierung der Parteiorganisation, darunter auch die Auflösung des „Zentrums für die umfassende gesellschaftliche Verwaltung“ und des „Büros für soziale Stabilität“. Ihre Funktion wird vom Zentralen Komitee für Politik und Gesetz übernommen.
Wer keine Vorstellung davon hat, welchen Tätigkeiten ein „Büro für soziale Stabilität“ oder ein „Zentrum für die umfassende gesellschaftliche Verwaltung“ eigentlich nachgeht, steht damit nicht alleine da. Wie „The Diplomat“ bereits analysierte, scheinen die von der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) regelmäßig aktualisierten Begriffe selbst für die Beamten ein Rätsel zu sein. Grob gesagt sind beide Institutionen für die Unterdrückung und „Prävention“ von sozialen Unruhen zuständig.
Die neulich angekündigte Auflösung beider ist aber nicht das Ende solcher Praktiken, sondern sie werden jetzt lediglich von einer anderen Instanz ausgeführt.
Ein weiterer und der wohl wichtigste Punkt ist die Verlagerung des „Büro 610“ unter die Zuständigkeit des „Ausschusses für Politik und Gesetz“ und des Ministeriums für öffentliche Sicherheit. Es scheint eher eine formale Strukturänderung zu sein, die Bedeutung für die bestehenden Machtverhältnisse könnten jedoch enorm sein.
Das Büro 610 ist ist eine Art chinesische Gestapo und wird von einer inzwischen eher kleinen Interessengruppe (Jiang Fraktion) geleitet, die ein Knotenpunkt für Korruption zu sein scheint.
Ihr Interesse geht dahin, die bereits über 18 Jahre andauernde Verfolgung der spirituellen Gruppe Falun Gong und den damit verbundenen Organraub aufrechtzuerhalten.
Im bislang fast vollkommen unabhängig agierenden Büro 610, das in der politischen Befehlskette fast ganz oben steht, bündelt sich die Macht der Fraktion des Ex-Parteichefs Jiang Zemin. Mit der Neustrukturierung der staatlichen Organe würde die Macht des Büro 610, also auch der genannten Interesssengruppe, enorm abgeschwächt.
Das Büro 610 und seine bisherige Funktion
Der damalige Führer der KPCh, Jiang Zemin, befahl schon am 10. 6. 1999 die Einrichtung einer Spezialorganisation zur Verfolgung von Falun Gong – Das „Zentrale Büro für die Bewältigung des Falun Gong Problems“. Auch bekannt unter dem Namen Büro 610 – nach dem Gründungsdatum (Monat und Tag) benannt. Die eigentliche öffentliche Verfolgung von Falun Gong begann erst am 20. Juli 1999. Im Jahr 2000 wurde der Name in „Zentrales Büro zur Bewältigung von und Schutz vor bösartigen Kulten“ umbenannt.
Im Jahr 2002 sollte Jiang Zemin eigentlich in den Ruhestand treten, brauchte aber einen Weg, seine begangenen Verbrechen weiter verdeckt zu halten, um nicht selber dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. So behielt er seinen Platz in der KPCh und nutzte sein Korruptionsnetz, um seine Macht aufrechtzuerhalten und die Verfolgung weiter voranzutreiben. Bis heute hat sich sein Einfluss zwar stark verringert, trotzdem schafft er es bislang, seine Machenschaften unverurteilt weiter fortzusetzen.
Bisher waren die Direktoren des Büro 610 in jeder Stadt auf jeder Ebene auf einer Höhe mit dem Hauptvorsitzenden des „Komitee für Politik und Gesetz“, einer mächtigen und einflussreichen staatlichen Organisation. Denn die Vorsitzenden des Komitee für Politik und Gesetz kontrollieren die lokalen Behörden für öffentliche Sicherheit, die Staatssicherheit, die Judikative sowie das System der Inspektion und die Gerichtshöfe. Das impliziert, dass das Büro 610 auf allen Ebenen in der Lage war, mit der gleichen Machtbefugnis zu agieren, um seine Ziele durchzusetzen.
In Zukunft wird das Büro 610 als ein Teil des genannten Komitee für Politik und Gesetz agieren. Am Einfluss scheint sich nicht viel geändert zu haben, doch der entscheidende Unterschied ist die jetzt verlorengegangene Unabhängigkeit. Die Jiang Fraktion kann ihre Fäden so nicht mehr losgelöst vom restlichen staatlichen System ziehen.
Zum Thema wurden drei Experten befragt und um eine Analyse gebeten, was diese Umstrukturierung für Folgen haben könnte:
„Die gleiche Medizin in einer anderen Verpackung“
Ein Jurist aus China erklärte der Epoch Times, es sei nicht gesagt worden, dass das Büro 610 nicht weiter bestehen würde, weil diese Institution zu sensibel sei.
„Aber in Wirklichkeit ist das Büro 610 abgeschafft worden, und sämtliche Angelegenheiten, um die es sich kümmert werden jetzt der Arbeitsweise und Anordnung des Ministeriums für öffentliche Sicherheit und dem Ausschuss für Politik und Recht folgen. […] Folglich wird die Verfolgung von Falun Gong weiter fortgesetzt. Man kann sagen, es ist die gleiche Medizin in einer anderen Verpackung.“
Ein Rückschlag für die Jiang Fraktion
Der Chinaexperte Heng He erklärte in einem Interview mit der Epoch Times, das „Zentrale Büro zur Bewältigung von und Schutz vor bösartigen Kulten“ (Büro 610) habe bereits mehrere Reformen seit seiner Gründung durchlaufen.
Heng He erklärt, es seien zwei unterschiedliche Strukturänderungen: Während das Ministerium für soziale Stabilität und das „Zentrum für die umfassende gesellschaftliche Verwaltung“ aufgelöst werden, würde aber nicht gesagt, dass das Büro 610 aufgelöst wird. Das hieße, die Verfolgung von Falun Gong wird trotzdem fortgesetzt. Aber der vor achtzehn Jahren eingerichtete Befehl zur Verfolgung von Falun Gong, existiere jetzt nicht mehr unabhängig und selbstständig. Für die Interessengruppe der Aufrechterhaltung der Verfolgung von Falun Gong sei diese Änderung der Form der vor achtzehn Jahren eingerichteten Anordnung keine gute Nachricht.
„Die Form der Interessengruppe hängt von der Form der Politik und Organisationsform ab. Nur unter einer bestimmten Organisationsform ist es der Interessengruppe möglich, weiter zu existieren. Diese Interessengruppe zur Verfolgung von Falun Gong braucht genau die Organisationsform des unabhängigen Büro 610“, so Heng He.
Sowohl in der praktischen Ausführung als auch im Herzen der Interessengruppe ist es ein Rückschlag.“
Aus seinem Blickwinkel betrachtet, sind das Ministerium für soziale Stabilität, das „Zentrum für die umfassende gesellschaftliche Verwaltung“ und das Büro 610 im Zentrum für Politik und Gesetz eingerichtet worden. Die Beamten der genannten Organisationen sind im Grunde Vorsitzende des Zentrums für Politik und Gesetz. Vom Charakter her ist es keine große Änderung.
Politik wird unverändert fortgesetzt
Der nach Amerika gereiste Politikkommentator Hu Ping analysierte für die Epoch Times, die KPCh wollte ihre Politik überhaupt nicht verändern, sondern lediglich die Organisationsstruktur. Weil die Institutionen alle wegen dieser Angelegenheit vorläufig eingerichtet worden sind.
Zum Beispiel ist das Büro 610 gegründet worden, um die Falun Gong Gruppe niederzuschlagen und das Büro für gesellschaftliche Stabilität ist auch eine organisierte Gruppe, die vor einigen Jahren speziell eingerichtet worden ist, weil diese Angelegenheit als besonders wichtig betrachtet worden ist.
Jetzt werden diese Organisationen gekürzt und zu einer Institution zusammengelegt, so werden die Institutionen „Zentrum für die umfassende gesellschaftliche Verwaltung“ und das Büro für soziale Stabilität aufgelöst und dessen Angelegenheiten vom Ausschuss für Politik und Gesetz übernommen und weiter ausgeführt.
Hu Ping betonte, es sei für die Behörden auf diese Weise lediglich einfacher zu verwalten. Der Umstrukturierungsprozess sei überhaupt nicht relevant für die Ausrichtung der Politik. In den letzten 5 Jahren konzentrierte sich Xi Jinping auf seine Macht und brachte die bereits bestehenden Organisationen und das Personal unter seine eigene Kontrolle, deshalb ist er jetzt in der Lage, eine so wichtige Umstrukturierung der Institutionen und des Personals durchzuführen.
Weiter analysierte Hu Ping, Xi Jinpings Macht sei jetzt noch größer als vorher. „Betrachtet man die Personalliste, verwendete Xi viele neue Leute und erklärte, er wolle keine alten Leute nutzen. Alte Leute hätten alte Fraktionen. Genau wie die Militärreform, Xi Jinping ist nicht wie Mao und Deng. Das Militär der Partei hat keine eigenen Mitglieder. Er will die vorherige Fraktion und die vorherigen Leute nicht anstellen. Die neuen Leute, die er einsetzte, geben ihm vielleicht ihre Loyalität, auf diese Weise wird er die altetablierte Macht auch schwächen.“
„Er weiß auch, dass die Macht des kommunistischen Regimes in der Welt immer weniger Vertrauen weckt und dass ihr mehr Widerstand begegnet, diese Anzeichen sind sehr deutlich. Die westlichen Länder hegen der KPCh gegenüber keinerlei Fantasien, sondern sind sich bewusst, dass die Werte demokratischer Länder für die KPCh eine ernste Herausforderung darstellen. In den vielen vergangenen Jahren konnte der Westen die Angelegenheiten der KPCh nicht durchschauen. Es gab jede erdenkliche Art von Meinung, wobei jede Meinung verschieden war. Aber jetzt ist die Meinung ziemlich einheitlich.“
(Deutsche Bearbeitung von tp)
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