Google, ein Opfer des internen Kampfs der KPCh in China

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Nach der Rückzugserklärung vom chinesischen Markt legen Google Fans Blumen auf das Firmenlogo in Peking.Foto: Getty Images
Von 21. April 2012

 

Bis jetzt scheint der interne Kampf der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) für die meisten Deutschen nur eine interne Angelegenheit Chinas zu sein. Die Politik in China, dem größten Absatzmarkt der deutschen Automobilbranche, von der jeder siebte Arbeitsplatz in Deutschland abhängt, scheint mit den wirtschaftlichen Interessen keinen direkten Zusammenhang zu haben.

So beschrieben viele deutschen Medien Bo Xilai, der in jüngster Zeit entmachtete Spitzenpolitiker in China, als charmant und diskutierten, ob seine Frau mit dem ermordeten Engländer eine Affäre gehabt habe. Aber jetzt, da mit der Fortführung des internen Kampfs der KPCh immer mehr Insiderinformationen ans Lichts gebracht werden, zeigt das Schicksal von Google, wie stark das politische Spiel in China den Markt beeinflusst und wozu die Mitglieder der KPCh fähig sind, wenn sie eine weltweit erfolgreiche Firma aus China verdrängen wollen. Google ist vielleicht nur eines von vielen Opfern des internen Kampfs der KPCh.

Ein Exklusivbericht von der chinesischsprachigen Epoch Times besagt, dass Google den Machenschaften der Konservativen zum Opfer gefallen sei, deren Schlüsselfiguren Expräsident Jiang Zemin, Bo Xilai und Zhou Yongkang sind.

Pornographie-Vorwürfe gegen Google

Im Jahr 2009 trafen sich Bo Xilai und Li Yanhong, der Geschäftsführer der größten chinesischen Suchmaschine Baidu, heimlich in einem Hotel in der Stadt Chongqing. Der für Chongqing verantwortliche Manager Jiang Zhi war ebenfalls anwesend. Bo Xilai soll bei diesem Treffen vorgeschlagen haben, Baidu zu helfen, Google vom chinesischen Markt zu verdrängen, wodurch Baidu zum Marktführer in China würde. Als Gegenleistung solle Baidu negative Berichterstattung über den künftigen Staatspräsidenten Xi Jinping, Staatschef Hu Jintao und Premierminister Wen Jiabao freigeben. Jiang Zhi habe später in einer Anhörung der Zentralkommission für disziplinarische Inspektion ausgesagt, dass Li Yanhong sehr aufgeregt gewesen sei, als er dieses Angebot gehört habe. Er habe sich vor Bo Xilai verbeugt.

Am 18. Juni 2009 veröffentlichte die chinesische Internetgesellschaft einen Artikel, um Google zu denunzieren. Darin hieß es, dass Google pornografisches und unmoralisches Material aus dem Ausland in China verbreitet habe.

Am Nachmittag des gleichen Tages organisierte Zhou Yongkang ein Treffen zwischen den Verantwortlichen von Google China und der nationalen Sicherheitsbehörde. Später berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua über diese Strafe. Allerdings wurde die nationale Sicherheitsbehörde nicht erwähnt, sondern von der „relevanten Behörde“ gesprochen. Google wurde mitgeteilt, dass zur Strafe die Suchfunktion außerhalb von China und die Eingabehilfefunktion kurzfristig deaktiviert werden müssen. Am 21. Juni 2009 äußerte ein Sprecher von Baidu, dass Baidu nichts mit der Bestrafung von Google zu tun habe und dass sein Unternehmen keinen Kommentar dazu abgeben werde.

Am 18. Juni 2009 übertrug der staatliche Sender CCTV ein Interview mit einem Studenten, der sich darüber beschwerte, dass Google angeblich zu viele pornografische Inhalte verbreite. Seine Kommilitonen hätten dadurch erkennbare Beeinträchtigungen erlitten. Nur zwei Tage später stellte sich heraus, dass der Student zu dieser Zeit ein Praktikum bei CCTV machte.

Im Juli 2009 verbreitete sich im chinesischen Internet ein Gerücht, laut dem ein zuvor schwangeres Schulmädchen von vier männlichen Mitschülern gezwungen wurde, sie zu stillen. Die „relevante Behörde“ reagierte direkt darauf und erklärte, dass solche unmoralischen Informationen durch unverantwortliche Unternehmen wie Google verbreitet würden. Gleichzeitig entschieden sie, 41,7 Millionen Yuan (etwa 5 Millionen Euro) zu investieren, um eine Software zur Internetblockade namens  „Lü Ba“ (übersetzt: grüner Staudamm) zu entwickeln. Viele Internetnutzer berichteten jedoch, dass die erwähnte Schule des Mädchens nicht existiere und dass die Fotos gefälscht seien.

Viele Nutzer von Internetforen waren der Meinung, dass Google Opfer einer Intrige geworden sei. Der Verdacht fiel sofort auf Baidu, den größten Konkurrenten von Google auf dem chinesischen Markt. Vermutungen wurden laut, dass das alles nur dazu dienen solle, die Internetblockadesoftware zu verbreiten. Die Zeitung Nanfang Daily zitierte eine Internetumfrage. Dieser zufolge seien von 230.000 Internetnutzern  84,5 Prozent der Meinung, dass Google den chinesischen Markt nicht aufgeben solle. Die lautstarken Proteste und kritischen Äußerungen der Internetnutzer erregten die Aufmerksamkeit der Parteiführung. So erklärten Wen Jiabao und Xi Jinping, dass die Beziehungen zwischen internationalen Internetmedien „sorgfältig behandelt“ werden müssen. So war die Affäre um die Verbreitung pornografischen Materials durch Google vorerst beendet.

Hackerangriff auf Gmail

Li Yanhong, der Geschäftsführer von Baidu, war danach beunruhigt und unzufrieden. Er beendete daraufhin im Juli 2009 die Freigabe negativer Berichterstattung über Xi Jinping. In der Folge davon ließ Bo Xilai Geld, das er in seinem sogenannten Kampf gegen die Mafia beschlagnahmt hatte, über vier Unternehmen in Chongqing als Spende an Baidu fließen. Bis Ende 2009 hatten diese Firmen 230 Millionen Yuan (ca. 27,5 Millionen Euro) an Baidu gespendet. Anfang Oktober 2009 habe Bo Xilai mit Hilfe des Baidu-Managers in Chongqing sein Angebot an Geschäftsführer Li Yanhong erneuert: „Ich habe weitere Ideen. Google wird auf jeden Fall vom chinesischen Markt verschwinden.“ Der Erfolg dieser Verhandlungen war direkt zu sehen. So waren ab Oktober erneut negative Informationen über Xi Jinping auf Baidu zu finden.

Mitte Dezember 2009 soll Zhou Yongkang einen Hackerangriff auf Gmail organisiert haben. Dabei sollen hauptsächlich die E-Mails von chinesischen Menschenrechtlern und Regimekritikern ausspioniert worden sein. Mindestens 20 weitere Unternehmen seien ebenfalls attackiert worden. Obwohl Google nicht direkt äußerte, dass der Angriff von Seiten der chinesischen Regierung gekommen ist, sollen Internetexperten von Google herausgefunden haben, wo der Angriff herkam.

Im Folgenden hatte China die Meinungsfreiheit im Internet ein weiteres Mal eingeschränkt. Die Seiten von Facebook, Twitter, Youtube und vielen anderen wurden dauerhaft blockiert. Am 23. März 2010 veröffentlichte Google eine Erklärung, dass sie die Inhalte auf Google.cn nicht mehr einschränken werden.

Mit dieser Maßnahme verabschiedete sich Google offiziell vom chinesischen Markt.

Um den chinesischen Internetnutzern den Abzug von Google zu erklären, veröffentlichte der Chefdesigner von Baidu in seinem Blog, dass Google den chinesischen Markt aufgrund von wirtschaftlichen Interessen verlassen habe und den Angriff auf Gmail als Ausrede verwende. Ihm werde schlecht beim Gedanken an Google. Nachdem dieser Artikel entsprechend kommentiert worden war, wurde er gelöscht.

Ermittlung gegen Baidu eingeleitet

Es gibt zwei Methoden, mit denen Chinesisch geschrieben werden kann. Einmal direkt in chinesischen Schriftzeichen und einmal in der Pinyin genannten Lautumschrift. Baidu modifizierte seine Internetfilter derart, dass negative Informationen über Hu Jintao, Wen Jiabao und Xi Jinping bei der Eingabe von Suchbegriffen in Pinyin nach 1:00 nachts gefunden werden konnten. Ab 8:00 morgens wurde die Zensur wieder eingerichtet. Zhou Yongkang und Bo Xilai ließen durch ihre Anhänger verbreiten, dass diese Blockade durch den Druck der „relevanten Behörde“ ausgelöst worden sei.

Weil Baidu starken politischen Rückhalt hat, erhält das Unternehmen jedes Jahr Spenden in Millionenhöhe aus verschiedenen Städten und Regionen in China, damit negative Informationen aus deren Bereich blockiert werden.

Nachdem die Gruppe von Zhou Yongkang und Bo Xilai an Macht verliert, sind auf Baidu inzwischen häufig zuvor zensierte Begriffe wie Shen Yun Performing Arts, Falun Gong, Organraub und so weiter zu finden. Nach Insiderinformation aus der Zentralkommission für disziplinarische Inspektion sei der Druck bei der Ermittlung gegen Baidu noch größer als der bei der Ermittlung gegen Bo Xilai. Der Grund sei, dass dadurch Verantwortliche in vielen Städten und Regionen, die ihre Untaten von Baidu zensieren ließen, ins Visier der Ermittler geraten würden.

 



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