Ein Werk von Generationen
Von der geschäftigen Südtiroler Landeshauptstadt Bozen sind es nur zehn Minuten Fahrt. Immer schmaler werden die kurvigen Straßen. Schon bald ist das summende Rauschen der Brennerautobahn, die wie ein silbernes Band im weiten Tal der Etsch liegt, nicht mehr zu hören. Es geht bergauf. Die kleinen Straßen sind nun von Steinmäuerchen gesäumt und führen durch Apfelgärten und Weinberge, durch kleine Weiler und an geschmückten Wegkreuzen vorüber.
Eindrucksvoller Anblick
Noch eine Biegung und da ist er: Auf einer Anhöhe thront der wuchtige, mittelalterliche Vierkantturm von Schloss Korb. Um ihn herum: Weinhänge, so weit das Auge reicht. Die Spitze des gedeckten Turmdachs weist auf die Burgruine der nächsten Anhöhe. Hinter ihr erheben sich die Felswände des Mendelkamms, in denen Adler ihre Horste bauen.
Je näher man dem Schloss kommt, umso mehr erkennt man nun auch seine Nebengebäude. Sie lehnen sich an den hohen, steinernen Wohnturm an und sind – wie er – mit Zinnen gekrönt. An sie wiederum schmiegt sich eine große Terrasse, die der Topografie des Hangs folgt.
Das Navi hat nun ausgedient, das Ziel liegt ja vor Augen. Nach nur wenigen letzten Windungen der Straße ist es erreicht. Und schon beim Ankommen bemerkt man, wie unendlich weit man hier Hektik und Lärm des Tals hinter sich gelassen hat.
Eine eigene Welt mit langer Geschichte
Durch ein rosenberanktes schmiedeeisernes Gartentor betritt man einen steinernen, mit hell getünchten Säulen umstandenen Platz. Eine gotische Spitzbogenpforte führt von hier in das Innere des Schlosses hinein.
Vor fast 800 Jahren, im Jahr 1236, wurde sein charakteristischer Turm, das weithin sichtbare Wahrzeichen des Schlosses, erstmals urkundlich erwähnt. Seitdem war und ist er markanter Teil der Landschaft um die Gemeinde Eppan und schlichtweg nicht mehr von hier wegzudenken.
Von den Herren von Korb, adeligen Dienstmännern der Grafen von Eppan, erbaut, wird der Wohnturm schon im Jahr 1314 in einem Dokument des Bozener Heiliggeistspitals „von dem Chorbe de Eppiano“ genannt. Beim Namen „Korb“ ist es geblieben.
In den folgenden Jahrhunderten wechseln die adeligen Bewohner und Besitzer viele Male, der Turm jedoch schaut durch die Zeiten hindurch unerschütterlich ins Etschtal hinab.
Von der Romantik gerettet
Besiegelt scheint sein Ende jedoch zu sein, als er 1802 in marodem baulichem Zustand von der landesfürstlichen Kammer Tirols von Amts wegen eingezogen wird – ohne zukunftsweisende Pläne für seine weitere Nutzung.
Erst über drei Jahrzehnte später bringt das im 19. Jahrhundert neu erwachende Interesse an Ruinen und Burgen des Mittelalters die glückliche Rettung.
Ritter- und Historienromane wie Sir Walter Scotts Roman „The Abbot“ von 1820 oder das Gemälde „Das Felsenschloss“ aus dem Jahr 1828 von Carl Friedrich Lessing hatten den Beginn einer großen Mittelalterrenaissance eingeläutet, die so manchem jahrhundertealtem, ehrwürdigen, aber halb verfallenen Gemäuer das Überleben schenkte.
So erwarb 1839 der Bozener Johann Putzer von Reibegg die Ruine des Turms und ließ sie ganz im Stil der romantischen Mittelalterbegeisterung wiederherstellen und ergänzen. Die getünchten Anbauten mit Zierzinnen und die Kapelle aus unverputztem Bruchstein entstaden in dieser Zeit. Der Wohnturm Korb wird nun zum Schloss und 1877 von der Greifswalder Familie Teßmann übernommen, deren Sohn Friedrich, 1884 im Schloss geboren, einer der bekanntesten Geschichtsforscher Tirols geworden ist.
Traumhafte Sonnenlage
Im Jahr 1918 begann schließlich auf Schloss Korb die Ära der Familie Dellago. Fritz Dellago, der heutige Schlossherr, schaut von der sonnigen Terrasse von Schloss Korb weit über das grüne Tal der Etsch, als er die Geschichte seiner Familie und ihres Familiensitzes erzählt.
Auf der Suche nach einer fruchtbaren Sonnenlage hatten sich seine Großeltern aus dem südlich zwischen Bozen und Trient gelegenen Salurn aufgemacht und das zum Verkauf stehende Schloss Korb mit seinen sonnenverwöhnten Hängen entdeckt.
Sie gründeten hier ihre Familie und betrieben Landwirtschaft und Weinhandel. Doch auch die Familie Dellago konnte sich hier oben, scheinbar weit entfernt vom Getriebe der Welt, den Verwerfungen durch die Weltwirtschaftskrise und den Weltkrieg nicht entziehen.
Noch erschütternder war für die kinderreiche Familie aber der plötzliche frühe Tod des Vaters. Die verwitwete Mutter musste sich in schweren Zeiten allein behaupten. Um ihr zur Seite zu stehen, bricht das älteste ihrer fünf Kinder seine Schulausbildung ab.
Unternehmergeist und Bürgersinn
Er war es, der nach dem Zweiten Weltkrieg begann, auf der sonnigen Steinterrasse des Schlosses den Wanderern Südtiroler Speck, Käse und Schüttelbrot zu servieren, und so die Gastgebertradition der Familie zu begründen. 1950 wurde er obendrein Bürgermeister von Eppan und bleibt es tatkräftige 25 Jahre lang. 1961 heirateten er und seine patente Frau, die aus einer Tiroler Metzgerfamilie stammt. Im Juni 1964 wurde der Sohn Fritz geboren.
Wenn nun der heutige Schlossherr von der Geschichte seiner Heimat, des Schlosses, seiner Familie und der Entwicklung des Gast- und Hotelbetriebs von seinen Anfängen bis zum heutigen Tag spricht, spürt man die tiefe Verbundenheit Fritz Dellagos mit diesem besonderen Ort und seinem Landstrich.
Stilvolle Eleganz und sprühende Ideen
Die zeitlos stilvolle Gestaltung des Schlosses, seiner Salons, Zimmer, Terrassen und Gärten ist da geradezu selbstverständlich.
Doch die Familie Dellago erwarb auch die Burgruine oberhalb des Schlosses und ließ sie denkmalgerecht renovieren. Fritz Dellago kaufte darüber hinaus den Betonbunker, der im Weinberg neben dem Schloss liegt, und wandelte dieses Teilstück des damaligen faschistischen Alpenwalls, des Vallo Alpino del Littorio, in einen großen Weinkeller um.
„Ich habe so 2004 unseren eigenen Grund und Boden vom italienischen Staat zurückerworben, den das Mussolini-Regime meiner Familie nahm“, erzählt Dellago. „Nun finden hier im Bunker Kulturveranstaltungen und Verkostungen der Weine statt, deren Trauben um das Schloss herum wachsen.“
Wenn sich Fritz Dellago etwas vorgenommen hat, ruht er nicht, bis seine Ideen Realität geworden sind.
Weine aus den eigenen Weingärten
Mit 18 Jahren hatte er begonnen, edle Weine zu sammeln; Jahre später beschloss er, selbst Weinbau höchster Qualität zu betreiben. Dass die Hänge um das Schloss durch jahrzehntelangen Apfelanbau übersäuert waren, stellte für ihn kein Hindernis dar.
Kurzentschlossen ließ Fritz Dellago die Böden – Hang um Hang – austauschen. Jede der zwölf Rebsorten wächst nun auf der zu ihr passenden Erde. Zur einfallsreichen, gehobenen Südtiroler Küche von Schloss Korb passen die Dellago-Weine perfekt.
Die nächste Generation – mit Freude und Tatkraft dabei
Sein jüngstes und vielleicht wichtigstes Projekt begann Fritz Dellago zusammen mit seinen beiden Kindern jedoch vor zwei Jahren. Seitdem sind Sophie und Friedrich, 24 und 22 Jahre alt, Teil der Leitung von Schloss Hotel Korb. Die vierte Generation der Familie Dellago ist an den Start gegangen.
Und man sieht ihnen die Freude an ihrer verantwortungsvollen Aufgabe an: im Service, an der Rezeption, beim Dekorieren für eine Hochzeit, die in ein paar Tagen im Schloss gefeiert werden wird.
Sicherlich auch im Namen ihres Bruders und ihres Vaters sagt Sophie Dellago lachend im Vorübergehen: „Wenn unser Schloss Mitte November für den Winter schließt, freuen wir uns schon auf all die Menschen, die mit dem Frühling wieder zu uns aus dem Tal heraufkommen. Wir, unsere Mitarbeiter und unsere Gäste, sind eben eine einzige, große Familie.“
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