Die Glaubwürdigkeit von Chinas amtlichen Wirtschaftsstatistiken
Shen Peng, zweiundfünfzigjähriger Besitzer eines Betriebes für Einzelteile in einer mittelgroßen Stadt in China, hat sich nie ernsthaft um das Gerücht der Wirtschaftskrise gekümmert, bis sein eigener Betrieb Ende 2008 einen schweren Schlag erlitt. Sein wichtigster Kunde, eine Exportgesellschaft, kürzte plötzlich ihre Bestellungen bei Shen um die Hälfte und entließ die meisten ihrer Mitarbeiter. Zum ersten Mal erlebte Shen selber die Konsequenz der „Globalisierung“ und fing an, sich mehr für die Informationen über die Wirtschaftskrise in der Welt zu interessieren.
Aber während in den Nachrichten die Rede davon war, dass sich die Krise weltweit verschlimmern würde, erlebte Shen, dass sich sein Betrieb im Februar 2009 wieder erholte. Einige große Unternehmen in seiner Stadt fingen wieder an, mit voller Kapazität zu produzieren. Die Aufträge an Shen nehmen wieder auffallend zu. Shen fragte sich: „Ist die Krise in China vorüber?“
Einige Wirtschaftsstatistiken Chinas scheinen dieses zu bejahen. Seitdem Peking sein 585 Milliarden
US Dollar Konjunkturpaket angekündigt hat, haben Chinas Banken in drei Monaten mehr Darlehen gewährt als im gesamten Jahr 2008. Sowohl auf dem Festland als auch in Hong Kong schnellten die Aktien in die Höhe und der Immobilienmarkt verzeichnete in den ersten vier Monaten des Jahres 2009 ein Umsatzwachstum der Eigentumswohnungen von 30 bis 40 Prozent.
Aber während einige Wirtschaftswissenschaftler eifrig von der Erholung der chinesischen Wirtschaft sprechen, sagen andere, dass sich China nur in einem kurzen Aufwärtstrend befinde, der zu einer problematischen Exaltiertheit des Marktes führt. Zu diesen Kritikern gehört der Wirtschafts- und Finanzprofessor der China Europe International Business School in Shanghai Xu Xiaonian.
„Die Krise hat ihren Ursprung in einem Ungleichgewicht und darum liegt der Schlüssel zur Erholung darin, das Gleichgewicht in der chinesischen Wirtschaft wieder herzustellen“, bemerkte Xu. „Aber die gegenwärtigen Maßnahmen, Investitionen zu fördern, verschlimmern nur das Ungleichgewicht.“
Paradoxe Statistiken
Das Ungleichgewicht, das Xu erwähnte, findet sich in wirtschaftlichen Paradoxa wieder, wie Liu Yuanchun, Mitarbeiter des Dekans der Wirtschaftsfakultät der Universität Peking, herausgefunden hat. Er untersuchte die Wirtschaftsstatistiken dieses Jahres und listete acht widersprüchliche Fakten auf:
1. Starker Anstieg bei Investitionen gegenüber raschem Rückgang beim Export und Import
2. Steigender Wertzuwachs in der Industrie gegenüber Zurückgehen des Stromverbrauchs
3. Rasches industrielles Wachstum gegenüber langsamem finanziellem Wachstum
4. Wachsende Frachtgut-Transporte gegenüber sinkendem Durchlauf in den Häfen
5. Anstieg des Nominalkonsums gegenüber Rückgang des tatsächlichen Konsums
6. Anstieg des Aktienindexes gegenüber Sinken des Profits an der Börse zugelassener Gesellschaften
7. Steigender Wertzuwachs in der Industrie gegenüber sinkenden Profiten in der Industrie
8. Wachsendes Volumen der Immobilienverkäufe gegenüber stagnierenden Investitionen auf dem Immobilienmarkt
Liu erklärt, dass solche Widersprüche Zeichen für größere Schwierigkeiten sein können, wie zum Beispiel Deflation, steigende Arbeitslosigkeit, sinkende Nachfrage im Ausland, Überangebot an Immobilien und Überkapazität in der Produktion. Nach Aussagen Lius ist der gegenwärtige Boom nur der Vorbote einer düsteren Zukunft.
Wie lange kann das Konjunkturprogramm China aufrechterhalten?
Bei den drei wichtigsten Motoren für wirtschaftliche Entwicklung – Konsum, Investitionen und Export – hat China sich zum großen Teil auf die zwei Letzteren verlassen. Weil jedoch der Export sehr lange der Eckstein in Chinas Wirtschaft war und 59 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahre 2008 erzielte, hat er China anfällig gegenüber Schwankungen der Weltwirtschaft werden lassen. Infolge der jüngsten Krise sind seit Mitte 2008 viele mittlere und kleine Unternehmen in Süd- und Südost-China Bankrott gegangen. Mehr als 20 Millionen Wanderarbeiter wurden arbeitslos.
Andererseits haben Investitionen in den letzten zehn Jahren dazu beigetragen, das Bruttoinlandsprodukt zu erhöhen. Allerdings haben die hohen Investitionen auch zu einer Überkapazität geführt, die durch den schwachen Inlandskonsum noch verschlimmert wird.
Darüber hinaus wird der Inlandskonsum Chinas noch durch geringes Einkommenswachstum behindert, vor allem in den ländlichen Gegenden. In den vergangenen Jahren lag das Bruttoeinkommen der Nation bei 12 Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts, verglichen mit 50 bis 60 Prozent in den westlichen Ländern und durchschnittlich 40 Prozent weltweit. Das hohe Wachstum beim Bruttoinlandsprodukt und das niedrige beim Einkommen zeigen auf, dass China hohe Produktionskapazitäten erbracht hat – zu Lasten des Inlandskonsums. Auch die schlechte medizinische Versorgung und Rentenversicherung, wie auch die hohen Kosten im Wohnungswesen, sind Faktoren, die den Inlandskonsum behindern.
Während diese Probleme weithin ungelöst bleiben, überschüttet der Konjunkturplan die Industrien für Energie und Infrastruktur mit wertvollen Ressourcen. Diese sind Sektoren, die das Bruttoinlandsprodukt rasch erhöhen, was aber lediglich eine Verschlimmerung der Exzesse der Kapazität bedeuten kann. Auch der darauf folgende Boom an den Aktien- und Immobilienmärkten wird Chinas unausgeglichene Wirtschaft weiter belasten. Nach Einschätzung einiger Analysten wird der Konjunkturplan stimulierend wirken, aber mit andauernden negativen Folgeerscheinungen.
Die Pessimisten sehen Beweise für ihre Ansichten auf allen Ebenen. Einerseits kämpfen die meisten Unternehmen noch gegen die Flaute an und halten sich bei Investitionen zurück. Andererseits erfolgen Investitionen in wachsendem Ausmaß in allen Industrien. Das bedeutet, dass die Erholung der Industrie in der nahen Zukunft sehr unwahrscheinlich ist.
Chinas offizielle Statistiken haben verdeutlicht, dass der CPI (Preisindex für Konsum) und der PPI (Preisindex für Produktion) im Mai weiter gesunken sind. Der CPI liegt um 1,4 und der PPI um 7,2 Prozent niedriger als zur selben Zeit im Vorjahr. Wirtschaftswissenschaftler erklären, dass beide Werte ein Zeichen für eine Deflation auf nationaler Ebene sind.
Originalartikel (englisch): http://www.theepochtimes.com/n2/content/view/18671/
Originalartikel (chinesisch): http://epochtimes.com/gb/9/6/21/n2565199.htm
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