Deutscher Anwaltsverein zeigt Solidarität mit Menschenrechtsverteidiger in China
Auf dem Deutschen Anwaltstag hat der Deutsche Anwaltsverein (DAV) am 25. Mai 2006 in Köln eine Resolution zur Unterstützung des chinesischen Menschenrechtsverteidigers und Anwalts Zheng Enchong verabschiedet. Die Resolution wurde vor Ort von zahlreichen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten aus dem gesamten Bundesgebiet und dem europäischen Ausland unterzeichnet.
In der Resolution fordert der Deutsche Anwaltsverein die zuständigen chinesischen Gerichte und Behörden auf, die sofortige und bedingungslose Freilassung des Kollegen Zheng Enchong aus der Haft zu veranlassen; sie fordert eine umfassende und unparteiische Untersuchung der Vorwürfe, damit die wahren Verantwortlichen ermittelt und vor Gericht ge stellt werden und dem Anwaltskollegen Zheng wieder die Zulassung als Anwalt in China zu erteilen.
Als Initiator dieser Resolution begrüßte der Hamburger Rechtsanwalts Dr. Rolf Geffken den Einsatz des DAV für den Berufskollegen Enchong. Gleichzeitig forderte er von der deutschen Regierung eine Ausrichtung des Deutsch-Chinesischen Rechtsstaatsdialogs am Thema „Freie Advokatur“. Dabei geht es nicht nur um das individuelle Schicksal eines Berufskollegen. Vielmehr gilt: „Ohne Freie Advokatur kann es keinen Rechtsstaat geben!“, so Dr. Geffken. Als Unterstützung bat der Ratspräsident der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Prof. Huber, in seinem Festvortrag zum Anwaltstag die anwesende Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, sich mehr und transparenter als bisher im Rechtsstaatsdialog mit der chinesischen Regierung für eine freie Betätigung von Anwälten einzusetzen.
Amnesty International: Die Verurteilung des Anwalts ist rein politisch motiviert
Rechtsanwalt Zheng Enchong vertrat unter anderem viele Familien in Shanghai, die im Rahmen von städtischen Baumaßnahmen ihre Wohnung räumen mussten oder im Zuge einer Umsiedlung nur unangemessen entschädigt wurden. Im Juli 2001 entzogen ihm die Behörden von Shanghai die Zulassung als Anwalt wegen angeblichen Verstoßes gegen das chinesische Anwaltsgesetz. Zheng Enchong setzte seine anwaltliche Tätigkeit ungeachtet des Verbots fort und hat bis zu seiner Inhaftierung im Juni 2003 schätzungsweise 500 von Zwangsräumungen betroffene Familien vertreten.
Im Juni 2003 vertrat Zheng Enchong die Forderungen der Umsiedlungsfamilien gegenüber dem Immobilhändler Zhou Zhengyi, und hat mit ihm den ersten reichen Mann in Shanghai verklagt und dessen Verurteilung erreicht. Laut Informationen handelte es sich in diesem Fall gleich um mehrere sensible Personen und hohe Funktionäre, wie den Bruder des KP-Vorsitzenden von Shanghai. Kurz nach Haftantritt von Zhou Zhengyi wurde Zheng Enchong am 6. Juni 2003 festgenommen. In einem Prozess, der unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt wurde, verurteilte das Shanghaier Mittlere Volksgericht Anwalt Zheng am 28. Oktober 2003 wegen „Preisgabe von Staatsgeheimnissen an ausländische Stellen“ zu drei Jahren Gefängnis. Dabei bezog sich die Anklage auf zwei Telefaxe, die Zheng Enchong an die Menschenrechtsorganisation „Human Rights in China“ geschickt haben soll. Nach ai ist die Verurteilung rein politisch motiviert, um den Rechtsanwalt daran zu hindern, die Öffentlichkeit über negative Aspekte der Umsiedlungen und über Korruptionsfälle zu informieren.
Träger des Menschenrechtspreises des Deutschen Richterbundes
Auf Vorschlag von ai hatte der Deutsche Richterbund Zheng Enchong in Abwesenheit am 9. Dezember 2005 den Menschenrechtspreis verliehen. Die Ehefrau des zu Ehrenden durfte zur Entgegennahme des Preises nicht aus China ausreisen. Dies übernahm Frau Shen Ting, die Angehörige einer Familie, die Zheng Enchong als Anwalt vertreten hatte. Frau Shen Ting wurde im Vorfeld der Preisverleihung auch vom deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler empfangen.
Misshandlung im Gefängnis
Zheng Enchong wird nach jüngsten Meldungen im Tilanqiao-Gefängnis in Shanghai geschlagen. Deshalb startete ai am 14. Dezember 2005 eine „urgent action“ zu Gunsten des gewaltlosen politischen Gefangenen. Am 20. Dezember 2005 strich das Gefängnis die Besuchserlaubnis wegen angeblicher Verstöße gegen eine Gefängnisbestimmung. Telefonate mit der Familie wurden dem Häftling ebenfalls untersagt. Die Ehefrau wurde mehrfach willkürlich verhaftet, als sie versuchte, ihren Mann zu besuchen oder Kontakt zu seinem Anwalt aufzunehmen. Diese Misshandlungen und Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit stehen möglicherweise in Zusammenhang mit der Verleihung des Menschenrechtspreises.
Nach drei Jahren Gefängnis wurde der Immobilhändler Zhou Zhengyi am 26. Mai dieses Jahres freigelassen. Am kommenden Dienstag, den 5. Juni, soll auch Zheng Enchong wieder frei sein. Nach ihrer Einschätzung werde Enchong weiterhin die Umsiedlungsfamilien im Fall Zhou Zhengyi vertreten, er werde bestimmt auch für seinen eigenen Fall Einspruch erheben, so die Ehefrau des Rechtsanwalts, Jiang Meili, gegenüber Radio Free Asia.
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