Der Wurm in „Made in China“
Am Nachmittag des 11. August wurde Zhang Shuhong, der Chef des Spielwarenunternehmens „Lee Der-Toy Company“ in der Industriestadt Foshan im Süden Chinas in seinem eigenen Unternehmen tot aufgefunden – mit schweren Druckstellen am Hals. Sein Unternehmen produzierte Spielzeug für den US-Spielwarenhersteller Mattel. Jüngst wurden Millionen von Puppen, Spielzeugautos und anderen Produkten aus der Fabrik von Zhang durch Mattel zurückgerufen, weil sie wegen der zu hohen Bleiwerte lebensgefährlich für Kinder sind. Über seine Firma „Lee Der“ wurde ein Exportverbot von Chinas Führung verhängt.
Ähnliche Meldungen waren immer wieder in den letzten Wochen in westlichen und auch in chinesischen staatlichen Medien zu lesen. Anscheinend hat Zhangs Tod die Konsumenten und Weltöffentlichkeit noch mal verstärkt für das Problem der Sicherheit der Produkte „Made in China“ sensibilisiert.
Opfer des chinesisch-amerikanischen Handelkriegs?
Zhangs Tod ist der erste Selbstmordfall seit dem Bekanntwerden einer Reihe von Skandalen mit Produkten „Made in China“. Vier Tage nach seinem Suizid wurde sein Fall in den chinesischen staatlichen Medien in großem Umfang berichtet, Zhang wurde dabei als ein guter Unternehmenschef dargestellt, der nicht erfolgshungrig gewesen sei, seine Mitarbeiter immer pünktlich bezahlt (in China durchaus nicht die Regel), und auch keine Überstunden verlangt habe – das ist in China ebenfalls nicht selbstverständlich, wo die Ausbeutung von Arbeitskräften etwas Alltägliches ist.
Die überwiegende Meinung der chinesischen staatlichen Medien ist, dass Zhang „Opfer“ des chinesisch-amerikanischen Handelskrieges sei. Die österreichische Zeitung „Der Standard“ zitiert die chinesische Finanzzeitschrift „Caijing“: Zhang habe seinem Geschäftspartner vor seinem Tod gesagt, er sei auf eine Mine im chinesisch-amerikanischen Handelskrieg getreten. In vielen chinesischen Zeitungen wurde die Aussage des Partners von Zhang, dem Vorstandsvorsitzender der „Lee Der“ zitiert: „Zhang weist mit seinem Tod die beiden Ländern (China und Amerika) darauf hin, dass sie den Handelskrieg nicht mehr weiter führen sollen. Die amerikanische Seite soll nicht Einzelfälle auf den ganzen Bereich der Spielzeugindustrie übertragen. Die chinesische Regierung soll den Kampf gegen die verfälschten beziehungsweise mangelhaften Produkte verstärken, sonst kann es nicht vermieden werden, in die Falle der Amerikaner zu treten.“
Im Vergleich zu den chinesischen schrieben die deutschsprachigen Medien etwas anderes über den Grund seines Todes. „Der Mitarbeiter sagte der Zeitung ‚Southern Metropolis‘, Zhang habe sich umgebracht, weil seine Spielzeugfabrik in der Provinz Guangdong durch das Exportverbot der Pekinger Führung in Schwierigkeiten gekommen wäre.“, so die österreichische „Presse“. „Die Angst der Beteiligten vor einem drohenden Gesichtsverlust ist groß – im Fall von Zhang Shuhong war sie wohl zu groß“, schrieb die Süddeutsche Zeitung.
Vorwand zur Abschottung der eigenen Märkte
In den meisten Berichten der chinesischen Medien über den Fall von Zhang Shuhong wurde der Stellvertretende Handelsminister Gao Hucheng zitiert, der die chinesische Regierung gegen die allgemeine Verurteilung der Qualität der chinesischen Produkte und das „bösartige Hochkochen der Vorfälle“ verteidigt. Das sei eine Kopie des westlichen Protektionismus, die Absicht sei, verschiedene Hürden aufzubauen, um die Einfuhr der chinesischen Produkte zu verhindern. Das schade dem Image der chinesischen Produkte. Im Gegensatz dazu wurden die Maßnahmen seitens der chinesischen Regierung einseitig positiv dargestellt. Ende Juli habe der Staatsrat eine vorläufige Regelung über die Verstärkung der Kontrolle der Lebensmittelsicherheit durch die lokalen Regierungen erlassen. Im August sollte die Umsetzung der Regelungen zu Registrierung und Zertifizierung der Qualität von Export-Spielzeugen verbessert und ergänzt werden.
Experte: Ablenkung der Weltöffentlichkeit
„Ich möchte alle daran erinnern, dass Zhang Shuhong ursprünglich aus Hongkong kommt. Er sollte gewusst haben, dass giftige lebensgefährdende Spielzeuge dazu führen können, dass er keinen Platz in seiner Lebensumgebung bekommt“, sagte Zhouqing, freier Schriftsteller und Experte für Lebensmittelsicherheit in Peking zur Epoch Times Deutschland. Er hat wegen seiner Reportage über die Lebensmittelsicherheit in China den „Letre-Ulysses-Award“ 2006 bekommen. „Wir sollen vielleicht die umgekehrte Frage stellen, warum es keinen Lebensmittelhersteller auf dem Festland gibt, der sich umbringt, wo die Lebensmittelqualität so schlimm ist, während es immer wieder Händler in Japan, Korea, Hongkong und Deutschland gibt, welche wegen der Herstellung von schlechtem türkischen Döner Selbstmord begangen haben. Die Frage ist sehr entscheidend. Ich finde, dass der Selbstmord von Zhang eine primitive Reaktion auf der Basis seiner Gewissensgrenze war. Dass die chinesischen Staatsmedien so aktiv auf diese Art und Weise über diesen Vorfall berichten, wirft den Verdacht auf, dass das Pekinger Regime versucht, durch solche traurigen Geschichten die Weltöffentlichkeit abzulenken und sich selbst der Verantwortung zu entziehen. Die übliche Berichterstattungsweise bei einem Vorfall, bei dem der KP-Staat sein Gesicht verlieren kann, ist, dass der Unternehmer als ein skrupellos Geschäftsmann dargestellt wird, um der Öffentlichkeit gegenüber die Sache oberflächlich schnell zu erledigen. Aber diesmal ist die Situation außergewöhnlich.“
Zhou bezeichnet die gegenwärtige Situation der Produkt- und Lebensmittelsicherheit als sehr problematisch. Die sei eine unvermeidliche Konsequenz des Defizits in allen Bereichen. Die Gesellschaft sei defizitär, die Umwelt sei defizitär, das Vertrauen zwischen den Menschen sei auch im negativen Bereich… Das führte dazu, dass die Chinesen die letzte Gewissensgrenze verloren hätten. Das sei der entscheidende verantwortliche Faktor für die immer schlimmere Produkt- und Lebensmittelsqualität.
Li Changjiang, der Chef der chinesischen Qualitätskontrolle, sagte am vergangenen Sonntag, dass die wachsende Sorge in Europa über die Sicherheit von chinesischen Produkten nur ein Vorwand für die Abschottung der eigenen Märkte sei.
Zu den kritischen Äußerungen aus China ist die Meinung des EU-Handelskommissars Peter Mandelson jedoch klar. „Die Behauptung, dass die Maßnahmen der europäischen Unternehmen gegen giftige Ware aus China politisch motiviert seien und Vorurteile offenbarten, sind absolut falsch“, sagte Mandelson.
Auch in Deutschland wurden in der vergangenen Woche vorsorglich Spielwaren sowie Baby-Lätzchen aus dem Handel genommen, weil sie in den USA wegen zu hoher Bleiwerte als lebensgefährlich für Kinder eingestuft wurden. Seit Juni dieses Jahres mussten weltweit bereits von China hergestellte Tierfutter, Kinderzahnpaste, Meeresfrüchte, Reifen und – besonders erschreckend – Arzneimittel aus den Regalen entfernt werden.
Angaben des TÜV Süd zufolge stammt jedes zweite mangelhafte Produkt in Deutschland aus China. Im vergangenen Jahr hätten die Mängel bei importierten Spielwaren, elektronischen Geräten und Werkzeugen weiter stark zugenommen, sagte TÜV-Süd-Geschäftsführer Joachim Birnthaler der „Süddeutschen Zeitung“. Damit habe sich der Trend der vergangenen Jahre fortgesetzt.
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