Christopher Wren und das große Feuer von London
Schlicht und ergreifend „Wren300“ heißt das offizielle Kürzel. Christopher Wren, der große englische Baumeister des Barock, starb vor 300 Jahren am 8. März 1723 gregorianischer Zeitrechnung im gesegneten Alter von 90 Jahren. Großbritannien feiert ihn nun mit Ausstellungen, Vortragsreihen und Aktionen.
Bis heute beeinflusst sein Schaffen das Bild des Landes und ganz besonders seiner Hauptstadt London. Dort begegnet man seinen Werken auf Schritt und Tritt. Über 60 Kirchen und öffentliche Gebäude – nach Wrens Plänen errichtet – befinden sich allein im historischen Zentrum der Stadt an der Themse.
Die erstaunlich vielen prachtvoll steinernen Zeugnisse Wren’scher Baukunst, die das Stadtbild Londons nach wie vor prägen, haben jedoch einen tragischen Grund – das verheerende „Great Fire of London“.
Vom 12. bis 15. September 1666, am Ende eines langen, trockenen und heißen Sommers, legte eine gewaltige Feuersbrunst die mittelalterliche Stadt mit ihren hölzernen Fachwerkbauten und strohgedeckten Häusern auf einer Fläche von über einer Quadratmeile in Schutt und Asche.
Nach der „Great Plague“, der großen Pest, die ein Jahr zuvor fast ein Fünftel der Londoner Bevölkerung dahingerafft hatte, war dies ein weiterer grausamer Schlag für die englische Hauptstadt und ihre Bürger.
Jenseits des Ärmelkanals
In den Zeiten der Pest befand sich Christopher Wren zu seinem Glück auf der anderen Seite des Ärmelkanals. In Paris und Umgebung besichtigt er Bauprojekte Ludwigs XIV.
Die Arbeiten am Schloss von Versailles sind in vollem Gange, der Louvre steht kurz vor seiner Fertigstellung und Gian Lorenzo Bernini, der altgediente und bedeutende italienische Bildhauer und Architekt, erlaubt dem Engländer detaillierte Einblicke in seine Entwurfs- und Ausführungszeichnungen.
Voller Eindrücke, Ideen und Tatendrang kehrt Wren im Frühjahr des Jahres 1666 nach England zurück. In seinem bisherigen Leben hat der 34-Jährige bereits viel erreicht, doch nun drängt es ihn, ein neues Feld zu erobern.
Von Windsor nach Oxford und London
Geboren im Jahr 1632 als einziger Sohn des „Dean of Windsor“, des anglikanischen Pastors von Windsor Castle, erhält er vom gebildeten Elternhaus und seinem höfischen Umfeld schon früh wichtige Impulse und entwickelt intensives Interesse für Astronomie und Mathematik.
Beim Studium in Oxford kommen zu diesen Wissensgebieten noch Anatomie und Philosophie hinzu. Nur wenige Jahre nach dem Ende der Studienzeit erhält er 1657 schließlich die Ernennung zum Professor für Astronomie am berühmten Londoner Gresham College.
Mit weiteren Professoren und Wissenschaftlern gründet Wren einen Kreis „für die Förderung der physikalisch-mathematisch experimentellen Forschung“, der später zur „Royal Society“ werden wird. Eine glänzende Karriere in Lehre und Forschung ist klar vorgezeichnet, doch Wren gibt sich damit nicht zufrieden.
Erfindungen, Experimente und Konstruktionen
Erfindergeist und konstruktiv zeichnerisches Talent hatte er bereits durch das Entwerfen und Bauen astronomischer Geräte und anatomischer Bewegungsmodelle unter Beweis gestellt.
Wissenschaftlichen Fragestellungen und Experimenten geht er liebend gern mit kunstvoll gezeichneten Diagrammen, Modellen und konstruierten Versuchsanordnungen auf den Grund. Immer mehr fasziniert ihn nun der Gedanke, Geometrie und Zeichnung zu steingewordenen, realen Bauwerken werden zu lassen.
Kurz vor seiner Reise nach Frankreich hat Bischof Gilbert Sheldon of London Wren die Umsetzung eines ersten Bauprojektes ermöglicht. Das meisterhafte Ergebnis, das Sheldonian Theater, ein Vorlesungssaal für die Universität Oxford, empfiehlt Wren für weitere Projekte.
Nach seiner Rückkehr aus Frankreich beauftragt ihn Bischof Sheldon nun mit der Restaurierung und Umplanung der mittelalterlichen Londoner Kathedrale. Doch bevor die Pläne umgesetzt werden können, brennt St. Paul und das gesamte Londoner Zentrum.
Große Pläne
Christopher Wren lässt sich davon nicht entmutigen. Eine Woche nach der Katastrophe stellt er König Charles II. Pläne für einen grundlegend neuen Masterplan für das Londoner Zentrum vor. Breite – vom französischen Absolutismus inspirierte – Straßen und Plätze und klar und grafisch angeordnete Sicht- und Verkehrsachsen sollen in Zukunft Feuerkatastrophen verhindern.
Der König ist begeistert, doch die Pläne scheitern an der Bürgerschaft, die verständlicherweise um ihre bisherigen Eigentumsrechte fürchtet. Wren wiederum hat sich durch seine gewagten Pläne dem Königshaus empfohlen und wird so zur zentralen Figur des Wiederaufbaus der Stadt. 1669 schließlich ernennt der König ihn zum „Kings Surveyor“, dem königlichen Bauaufseher.
Fast fünfzig Jahre lang wird Wren die Baugeschicke Londons und Englands maßgeblich bestimmen. 1711 wird St. Paul’s Cathedral nach seinen Plänen fertiggestellt.
Sieben Jahre später, mit 85 Jahren, zieht sich Christopher Wren aus London in ein Haus in Hampton Court zurück. Anfang März 1723 erkältet er sich auf einer seiner regelmäßigen Besuche in der Hauptstadt. Zurück in seinem Haus in Hampton Court möchte ihn ein Diener am Nachmittag des 8. März wecken. Vergeblich.
Letzte Ruhe
Christopher Wrens letzte Ruhestätte findet der Besucher der St. Paul’s Cathedral nur schwerlich, denn sie ist durch kein prachtvolles Grabmal hervorgehoben. In schlichten lateinischen Lettern ließ ihm sein Sohn folgende Inschrift meißeln:
SUBTUS CONDITUR
HUIUS ECCLESIAE ET URBIS CONDITOR
CHRISTOPHORUS WREN,
QUI VIXIT ANNOS ULTRA NONAGINTA,
NON SIBI SED BONO PUBLICO,
LECTOR, SI MONUMENTUM REQUIRIS,
CIRCUMSPICE.
Hier ruht
derjenige, der diese Kirche und Stadt baute,
Christopher Wren,
der mehr als neunzig Jahre
nicht für sich selbst, sondern für das Wohl der Allgemeinheit lebte.
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