Chinesische Regierung verschleppt Angehörige von Uiguren in Konzentrationslager
Als Abdullah Rasul vom Tod seines Vaters in der nordwestchinesischen Provinz Xinjiang erfuhr, lag das Ereignis schon drei Jahre zurück. Wie viele uigurische Flüchtlinge hat er kaum Kontakt zu seiner Familie in der Heimat. Denn in Xinjiang reicht ein Kontakt ins Ausland, um von den chinesischen Behörden unter dem Vorwurf des „Separatismus“ oder „Terrorismus“ in ein Umerziehungslager gesteckt zu werden. Viele Uiguren im Exil wagen es daher nicht mehr, ihre Familien daheim zu kontaktieren.
„Die letzte Nachricht, die ich erhalten habe, war im Mai 2018. Mir wurde gesagt, meine Mutter, zwei Schwestern und ein älterer Bruder seien in ein Umerziehungslager geschickt worden“, erzählt Rasul der Nachrichtenagentur AFP bei einem Treffen in einem Café im Istanbuler Stadtteil Sefaköy, in dem sich viele uigurische Flüchtlinge angesiedelt haben. Von seinen anderen Brüdern und Schwestern habe er nichts gehört.
Bei der Gelegenheit sei ihm auch gesagt worden, dass sein Vater, ein Dorfältester in der Region Turfan, drei Jahre zuvor gestorben sei. „Mir wurde gesagt, die örtlichen Behörden hätten ihm eine Einladung geschickt, ‚Tee trinken‘ zu kommen, was in China bedeutet, dass es ernste Fragen gibt“, erzählt der 35-Jährige. „Nach dem Treffen verließ mein Vater das Behördengebäude. Einige hundert Meter weiter verstarb er auf der Straße.“
Diskriminierung seit Jahrzehnten
Die muslimische Minderheit der Uiguren klagt schon seit Jahrzehnten über Diskriminierung durch die Regierung in Peking. Nach einer Zunahme von Attacken auf Polizeiwachen, Behörden und ethnische Han-Chinesen in Xinjiang verschärfte die kommunistische Führung die Repression und ließ mehr als eine Million Uiguren und andere Muslime in Umerziehungslager stecken, um sie zur Aufgabe ihrer Kultur und Religion zu zwingen.
Obwohl es dank Facebook und Whatsapp noch nie so einfach war, über Grenzen hinweg zu kommunizieren, fühlen sich die Uiguren völlig abgeschnitten. „Es ist unmöglich, irgendeine Nachricht zu schicken“, erklärt der uigurische Ökonom Burhan Saiti, der an einer Istanbuler Universität unterrichtet. „Wenn wir unsere Verwandten zu kontaktieren versuchen, verschleppt die chinesische Regierung sie in ein Konzentrationslager.“
Auch viele Uiguren aus der Türkei wurden in den vergangenen Jahren bei Reisen in die Heimat festgenommen. Ihre Kinder sind nun allein in Istanbul gestrandet. „Wir haben viele Kinder, die ihre Eltern verloren haben. Sie sind in der Heimat in Lagern oder können nicht in die Türkei zurückkehren“, sagt Semerjan Saidi, der in Sefaköy einen Kampfsportclub für uigurische Kinder und Jugendliche betreibt.
Kontakt abgebrochen
Wie viele andere Uiguren im Ausland hat Saidi nichts von seiner Familie gehört, seitdem sie ihn vor einigen Jahren bat, den Kontakt abzubrechen. In dieser Situation helfe ihm der Austausch mit anderen Uiguren, die in ähnlicher Lage seien, sagt der 31-Jährige, während er Kindern beim Kickbox-Training zuschaut. „Weil alle Leute um mich herum keinen Kontakt zu ihren Familien haben, bringt es uns zusammen.“
Die Türken fühlen sich traditionell den Uiguren durch ihre Kultur und Religion verbunden. Als es noch möglich war, flohen viele Uiguren an den Bosporus. Im Februar äußerte die Türkei als erstes und bisher einziges muslimisches Land scharfe Kritik an der Verfolgung der Uiguren. Nach einer Warnung Pekings, die Wirtschaftsbeziehungen nicht zu gefährden, verfiel die türkische Regierung aber wieder in Schweigen.
Viele der Uiguren in Istanbul hatten gehofft, ihre Familien nachholen zu können, doch stattdessen haben sie nun nicht einmal mehr Kontakt. Der 46-jährige Mahmud Tavekul etwa wollte eigentlich seine Frau und vier Kinder nachholen, als er 2014 seine Heimatstadt Kaschgar verließ, nachdem sein Bruder wegen Separatismus verurteilt worden war. Doch das Letzte, was er 2016 hörte, war, dass seine Frau in einem Lager sei. (afp)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion