Chinesische Behörden gehen gegen nächtliches Radfahren wegen großer Beteiligung vor

Tausende Studenten in China nehmen an nächtlichen Fahrradtouren teil. Das scheint Peking nervös zu machen. Ist es ein harmloser Freizeittrend oder steckt mehr dahinter?
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Bis zu 200.000 Menschen nahmen an der Fahrradtour nach Kaifeng in der Provinz Henan teil, die in Zhengzhou zu einem Stau auf der Autobahn führte.Foto: Bildschirmfoto/Soziale Medien via Reuters
Von 15. November 2024

Universitätsstudenten in China haben eine neue Freizeitaktivität entdeckt – das nächtliche Radfahren. Was als harmloser Ausflug einer Gruppe Studentinnen in einer Nachbarstadt zum Dumplingessen anfing, ist nun ein größerer Trend geworden, der die kommunistische Führung nervös zu machen scheint.

So waren in der Stadt Kaifeng in der Provinz Henan in Zentralchina am 8. November laut Schätzungen in den chinesischen sozialen Medien bis zu 200.000 junge Menschen mit Fahrrädern unterwegs. Dies löste Verkehrsstaus und das Einschreiten des kommunistischen Regimes aus – die Polizei wurde angewiesen, die Aktivität zu beenden.

Nach der Rekordbeteiligung kündigte die Polizei an, dass die sechsspurige Zhengkai-Autobahn, eine wichtige Verkehrsanbindung, am 9. und 10. November gesperrt wird. Auch erklärten drei Fahrradverleih-Apps, dass sie Fahrräder in der Nähe des Gebiets automatisch für die Nutzung sperren würden.

Für Studenten ist nächtliches Radfahren eine Möglichkeit geworden, Gemeinschaft zu erleben und Dampf abzulassen – in Zeiten, in denen die Stimmung unter den jungen Menschen, aber auch unter weiten Teilen der Bevölkerung, nicht nur wegen der düsteren Jobperspektiven in China einen Tiefpunkt erreicht hat.

Richtungswechsel in der staatlichen Berichterstattung

Nur wenige Tage vor dem 8. November und der großen nächtlichen Fahrradaktion berichteten die staatlichen chinesischen Medien noch positiv über die Nachtfahrten, die die Aktivität zunächst als eine Demonstration der „Leidenschaft“ der jungen Leute lobten.

Nach dem 8. November hat sich der Ton in den staatlichen chinesischen Medien gegenüber dem nächtlichen Radfahren um 180 Grad gedreht. Jetzt werden die Studenten offen für ihr Verhalten kritisiert.

Xiao Wang, ein Student der Zhengzhou Universität in Henan, berichtete der Epoch Times, dass seine Universität seitdem eine Ausgangssperre für Studenten verhängt hat.

„Unsere Universität hat gesagt, dass wir zu unserer eigenen Sicherheit nach 22:00 Uhr nicht mehr rausgehen dürfen“, berichtet er. „Die Sicherheitskräfte lassen einen nicht raus und machen auch Bettenkontrollen. Wenn man weggehen möchte, muss man ein [genehmigtes] Urlaubsantragsformular vom Dozenten haben.“

Social-Media-Nutzer veröffentlichten Videos von einer Polizeiaktion, die mit einer Blockade versuchten, die Fahrradfahrer aufzuhalten. Gleichzeitig forderte die Polizei die Studenten auf, sie sollten zurückkehren und keinen Stau verursachen. Auch gab es Bilder von einer großen Anzahl abgestellter Leihräder.

Neben den Universitätsstudenten zog die Fahrt vom 8. November, die online für große Aufmerksamkeit sorgte, auch andere junge Menschen und Militärveteranen an. Einige Studenten waren mit günstigen Verkehrsmitteln wie Bussen aus anderen Städten extra nach Kaifeng angereist. Andere legten lange Strecken mit der Bahn zurück, um an der nächtlichen Fahrradtour teilzunehmen. Viele der Angereisten blieben nach der Fahrradtour bis zum Morgengrauen in der Stadt. Einige von ihnen übernachteten in den Restaurants der lokalen Ladenketten.

Wachsender Trend

Von Henan breiteten sich die Nachtfahrten auch auf andere Regionen Chinas aus, wenn auch die Teilnehmerzahlen in anderen Großstädten nicht die Dimensionen zu erreichen schienen, wie in Kaifeng.

So fuhren Universitätsstudenten der Stadt Chengdu in der Provinz Sichuan am Abend des 9. November mit dem Fahrrad nach Dujiangyan, einer etwa 56 Kilometer entfernten Stadt.

Und auch Studenten aus der Stadt Nanjing führten nächtliche Fahrradtouren durch.

Reaktionen aus der Bevölkerung

Die Reaktionen aus der Bevölkerung auf die Nachtfahrt schienen dabei überwiegend positiv und unterstützend zu sein.

Ein Mann in Zhengzhou, der nicht namentlich genannt werden wollte, verglich sie mit einer sportlichen Aktivität.

„Insgesamt ist es eine sehr positive Sache für diese Jugendlichen“, sagte er der Epoch Times. „Zuerst betrachteten die Beamten es als etwas, was Vorteile bringt, da es die Wirtschaft angekurbelt und online Aufmerksamkeit erregt hat. Die örtlichen Kultur- und Tourismusabteilungen halten dies für eine gute Sache.“

Unbeabsichtigt sei die Aktivität dann zu einer Bewegung geworden, die als Protest gesehen werden kann. Der Trend zeige auch den Wunsch der jungen Menschen nach einem Ausbrechen aus „dieser erdrückenden Zeit und Gesellschaft“, so der Mann weiter.

„Dieser Campus ist wie ein Gefängnis, das den Geist und den Körper der Menschen einschränkt“, sagte er. „Die Studenten kommen zusammen und organisieren soziale Aktivitäten, die dazu beitragen, noch mehr Menschen zu verbinden und einen positiven Einfluss auszuüben.“

Chen, ein sozialer Aktivist in Zhengzhou, der nur seinen Nachnamen nennen wollte, sagte gegenüber Epoch Times, dass der virale gegangene Vorfall nicht als politische Demonstration gedacht war, sondern sich ganz natürlich durch die Beteiligung von Studenten entwickelte, die sich schon „zu lange unterdrückt fühlten“.

Während einige der nächtlichen Radfahrer die Flagge der Volksrepublik mitnahmen, trugen andere Flaggen, auf denen Sprüche wie „Freie Menschen sind unerschrocken“ oder „Freiheit ich komme“ geschrieben waren.

Die meisten der Teilnehmer seien junge Menschen und Studenten, die nach dem Jahr 2000 geboren wurden. Und weiter: „Sie organisierten spontan eine Radtour. Sie hatten keine Möglichkeiten, an anderen Aktivitäten teilzunehmen, und kein Geld. Sie konnten nur mit einem kleinen Budget reisen, mit Bussen und Fahrrädern fahren und ihren Gefühlen freien Lauf lassen.“

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „Chinese Authorities Try to Shut Down Night Cycling Over Large Viral Turnout“. (deutsche Bearbeitung er)



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