Chinas Wirtschaft geschwächt: Westliche Länder suchen nach neuer Linie

Chinas Corona-Politik hat eigene Wirtschaft geschwächt. Der Westen versucht jetzt, seine künftige Strategie zu definieren.
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WEF-Gründer Klaus Schwab 2018 in China bei KP-Machthaber Xi Jinping.Foto: NAOHIKO HATTA/AFP via Getty Images
Von 24. Januar 2023

Noch hat die Corona-Welle China fest im Griff. In den Regierungsetagen westlicher Länder ringt man jedoch jetzt schon um den künftigen Umgang mit dem KP-Regime. Auf der einen Seite geht man davon aus, nach dem Abflauen der Pandemie China als Wachstumstreiber und Glied der Lieferkette zu benötigen. Auf der anderen Seite steigt die Angst vor den Folgen einer zunehmenden Abhängigkeit – vor allem für den Fall einer tiefgreifenden Krise.

Immobilienmarkt bleibt schwach – Corona könnte in neuen Wellen auftreten

Für China war das Jahr 2022 eines seiner schlechtesten Wachstumsjahre seit fast einem halben Jahrhundert. Das vierte Quartal war besonders hart von den strikten COVID-19-Beschränkungen und dem Einbruch des Immobilienmarktes betroffen.

Experten gehen davon aus, dass das Jahr 2023 für China weiter holprig werden wird. Es sei anzunehmen, dass die Gefahr neuer COVID-19-Wellen nicht gebannt sei. Dazu kommen ein weiterhin in Turbulenzen befindlicher Wohnimmobilienmarkt und eine schwache Exportnachfrage. Einige Indikatoren wie die Einzelhandelsumsätze übertrafen zwar die Markterwartungen. Dennoch blieb der gesamtwirtschaftliche Impuls in China zuletzt schwach.

Auf vierteljährlicher Basis stagnierte das BIP mit 0,0 Prozent im vierten Quartal, verglichen mit einem Wachstum von 3,9 Prozent im Zeitraum Juli-September. Im Immobiliensektor fielen die Investitionen trotz Unterstützungsmaßnahmen vonseiten des Regimes im Jahresvergleich um 10,0 Prozent. Die Verkäufe brachen so stark ein wie seit 1992 nicht mehr.

Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos war diesmal Vizepremier Liu He als höchster Repräsentant des chinesischen KP-Regimes vertreten. Demgegenüber waren weniger chinesische Unternehmen als zuletzt gewohnt auf dem WEF vertreten. Die Delegation war klein – anders als beispielsweise die indische oder saudi-arabische, die beide mit zahlreichen Unternehmen auf der Promenade und in Pavillons auftraten.

Der für Wirtschaft zuständige Vizepremier kündigte an, Chinas Volkswirtschaft werde noch im laufenden Jahr „höchstwahrscheinlich zu ihrem normalen Trend zurückkehren“. Dabei spielten ausländische Unternehmen eine bedeutende Rolle, schmeichelte er dem internationalen Publikum.

Abhängigkeit Europas von China weiter gestiegen

In der Politik regt sich demgegenüber Skepsis. Der Bruch mit Russland hat Europas Abhängigkeit von China als Teil der Lieferkette eher größer als kleiner werden lassen. Dies gilt umso mehr, je stärker die jeweiligen Staaten auf erneuerbare Energien und E-Autos setzen. Sowohl die dafür erforderlichen Seltenen Erden als auch die Bau- und Ersatzteile für Solar- und Windparks stammen meist aus China.

EU-Kommissionschefin von der Leyen klagte, China werbe insbesondere um energieintensive Unternehmen und eine Verlagerung ihrer Produktion. Das Regime verspreche billige Energie, niedrige Arbeitskosten und ein laxeres Regelungsumfeld. Zugleich subventioniere das Land seine eigene Industrie stark und beschränke den Zugang zum chinesischen Markt.

Nun sei das Gebot der Stunde, entstandene Abhängigkeiten durch Diversifizierung gegenzusteuern, mahnt Stefan Schaible, Vorstandsmitglied der Unternehmensberatung Roland Berger:

Wir raten zu einer Diversifizierung von Lieferketten, zum Abbau von Abhängigkeit, zum Beispiel bei Produkten wie Solarpanels.“

Eine „Interaktion auf einem vernünftigen Level“ werde es allerdings weiter geben müssen.

Auch Christina Raab von der Unternehmensberatung Accenture hält wenig davon, in einer Nacht- und Nebelaktion alle Zelte in China abzubrechen. Allerdings rät sie Unternehmen, die an ein Engagement in China denken, sich über ihr strategisches Ziel klar zu werden:

Jedes Unternehmen muss prüfen: Was ist für mich der chinesische Markt? Ist es ein Absatzmarkt, ein Rohstoffmarkt, ein Entwicklungsstandort? Und sich dann fragen: Wie abhängig bin ich davon?“

Eine mögliche Eskalation des Konflikts mit Taiwan wäre „ein wesentlich größerer Schock für die Weltwirtschaft als der aktuelle Konflikt mit Russland“.

Merz will Institution zur Risikobewertung

Raab rät Unternehmen, auch mögliche alternative Standorte in Südostasien im Auge zu behalten. In diesem Zusammenhang nannte sie beispielsweise Indien, Vietnam oder Indonesien. Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner will den chinesischen Markt nicht komplett aufgeben. Längerfristig müsse es aber einen Abbau der Abhängigkeiten geben. In der „Welt am Sonntag“ äußerte er:

Ein Abkoppeln unserer Wirtschaft vom chinesischen Markt wäre nicht im Interesse der Arbeitsplätze in Deutschland. Andere würden unseren Platz einnehmen.“

Allerdings müssten über die kommenden Jahre und Jahrzehnte andere Weltregionen und Märkte „nach und nach“ wichtiger werden.

CDU-Chef Friedrich Merz erklärte, eine Untersagung privater Investitionen in China durch den Staat wäre falsch. Das Land wäre weltwirtschaftlich zu bedeutend. Allerdings müsse die deutsche Außenwirtschaftspolitik angesichts veränderter geopolitischer Risikolagen neu strukturiert und geordnet werden:

Deutschland braucht eine Institution, in der Wirtschaft, Wissenschaft und Politik gemeinsam die politischen Risiken abschätzen und bewerten.“

(Mit Material von dpa und dts)



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