Ein-Kind-Politik: Eltern kämpfen um Retortenbabies ihrer verstorbenen Kinder

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Künstliche befruchtete Eizelle unter dem MikroskopFoto: Sandy Huffaker /
Von und 20. Mai 2014

3Es ist nur eine von vielen Familientragödien, die durch die Ein-Kind-Politik des chinesischen Regimes verursacht wurde – dennoch  schlägt sie in China Wellen der Anteilnahme: Im März 2013 kam ein junges Paar bei einem Autounfall ums Leben – beides Einzelkinder. Die vewaisten Eltern der Verstorbenen zogen nun vor Gericht, um ihr Recht auf vier künstlich befruchtete Eizellen ihrer Sprößlinge geltend zu machen. Ihre potentiellen Enkel schlummern im Kühlschrank eines Nanjinger Krankenhauses, das die Herausgabe verweigert.

Am 15. Mai endete im Gerichtshof der Provinz Jiangsu in Nanjing der erste Prozess um die gefrorenen Retortenbabys. Das Urteil: Die Eltern haben kein Recht an den Eizellen.

Ein junges Paar verunglückt tödlich

Die Neue Pekinger Tageszeitung berichtete die Geschichte der jungen  Frau Liu Xi und ihres Ehemannes Shen Jie: Die beiden hatten sich ein Kind gewünscht und im Gulou Krankenhaus von Nanjing alles für eine künstliche Befruchtung vorbereiten lassen, nachdem ihr Wunsch längere Zeit nicht in Erfüllung gegangen war. Die Befruchtung von Eizellen im Reagenzglas hatte geklappt – doch fünf Tage vor dem entscheidenden Termin verunglückte die junge Frau mit ihrem Mann bei einem nächtlichen Autounfall.

Beide waren Einzelkinder

Sowohl Liu als auch ihr Mann waren gemäß Chinas Ein-Kind-Politik Einzelkinder gewesen. Zwischen ihren nunmehr verwaisten Eltern entbrannte ein Streit, wem die befruchteten Eizellen gehören. Doch das Krankenhaus verweigerte die Herausgabe mit der Begründung, dass Leihmutterschaft in China illegal sei.

Auf den Rat ihrer Anwälte zogen die beiden älteren Paare vor Gericht – hauptsächlich, um die Besitzansprüche zu klären. „Wir wollten lediglich die Eizellen sicher verwahren und warten, bis sich die Politik zur Leihmutterschaft ändert,“ erklärte der Vater von Shen Jie.

[–Eltern vor Gericht erfolglos–]

Vor Gericht stellte sich dann heraus, dass es keinerlei gesetzliche Regelung gibt und das Krankenhaus die Eizellen weder der väterlichen noch der mütterlichen Seite herausgeben muss –  beziehungsweise darf.

Die Elternpaare sehen sich als Opfer der Ein-Kind-Politik und werden in die nächste Instanz gehen. Eigene Nachkommen sind für die Chinesen bis heute ein wichtiger Faktor zur Sicherung ihres Überlebens im Alter, da das Rentensystem unzureichend ist. Ein Internetnutzer kommentierte: „Eigentlich ist die unmenschliche Familienplanung der Kommunistischen Partei schuld an der Tragödie: Früher zwang man diese Menschen dazu, nur ein Kind zu haben – jetzt haben sie gar keines mehr und der Staat kümmert sich nicht darum.“

Jedes Jahr verwaisen in China 76.000 Eltern

Dass Chinas im Alter verwaiste Eltern nicht mehr wegdiskutiert werden können, zeigt auch ein Artikel, der vor kurzem von Professor Mu Guangzhong veröffenlicht wurde, einem Experten vom Forschungsinstitut für Demographie. „Zur Zeit gibt es in China  schon über eine Million Familien, die ihr einziges Kind verloren haben. Jedes Jahr kommen 76.000 weitere dazu. Dies ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs“, schreibt er. „Familien, die ihr einziges Kind verloren haben, trauern für immer.“ Für die chinesische Gesellschaft werde dies ein Langzeit-Problem sein. Das Risiko, im Alter kinderlos dazustehen, sei durch die seit 1979 verordnete Ein-Kind-Politik viel größer, als in anderen Ländern.

Im Jahr 2012 betrug die Geburtenziffer in China durchschnittlich 1,55 Kinder pro Frau.



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