Warum lügt der IWF zugunsten Chinas beim BIP-Wachstum?
"Vor zehn bis 15 Jahren brauchte China 1,4 Prozent BIP-Wachstum, um eine Million Arbeitsplätze zu schaffen", sagte Markus Rodlauer, Chef der China-Abteilung des IWF, in einem Freitag veröffentlichten Interview mit Chinas staatlicher Nachrichtenagentur Xinhua. "Vor fünf bis 10 Jahren brauchte es dazu noch 1 Prozent BIP-Wachstum. Jetzt sind nur noch 0,8 Prozent erforderlich."
Laut Chinas Ministerium für Humanressourcen und soziale Sicherheit entstanden in China im Jahr 2013 rund 2,73 Millionen Arbeitsplätze. Wenn also die IWF-Formel korrekt ist, wuchs China im vergangenen Jahr wirtschaftlich um 2,2 Prozent.
Doch was hatte der IWF China für das Jahr 2013 prognostiziert? Am 8. Oktober 2013 hatte man mit 7,5 Prozent gerechnet!
Offensichtlich ist was faul beim IWF, da die gemachte 7,5 %-Prognose mit dem 2,2% Ergebnis von Rodlauers Formel kaum in Einklang zu bringen ist. Und was noch schlimmer ist: Der IWF kann nicht argumentieren, dass diese „nur“ 2,73 Millionen Arbeitsplätze eine Anomalie sind. Dass die Schaffung von Arbeitsplätzen in China schleppend läuft, ist nichts Neues: Im Jahr 2012 betrug die Zahl der neuen Jobs laut dem Ministerium für Humanressourcen 2,84 Millionen.
Was war da los?
Was war da los? China liefert, wie viele andere Länder auch, vertraulich Daten an den IWF, damit dieser darauf basierend seine Artikel-IV-Konsultationen führen kann. Die Daten, die China an den IWF liefert, müssen aber nicht notwendigerweise die gleichen sein, wie die Zahlen, die Chinas Nationales Statistikamt veröffentlicht. Und das bedeutet wohl in diesem Fall, dass der IWF höflich schwieg, als Peking abweichende und zweifellos unrichtige Statistiken an die Öffentlichkeit gab.
Einige werden das Schweigen des IWF mit dem Glauben an den gesunden Menschenverstand rechtfertigen und damit, dass die chinesischen Beamten wohl kaum mit einer Organisation zusammenarbeiten würden, die Pekings reale Zahlen preisgibt. Doch egal, ob der IWF nun richtig oder falsch handelt, wenn er Zahlen unter solchen Umständen erhebt – ich glaube, es ist praktisch immer falsch, wenn eine multilaterale Organisation ihre Mitgliedstaaten nicht mit deren Betrugsabsichten konfrontiert. Und die Rodlauer-Formel hat hier eine Diskrepanz zu Tage gefördert, die kaum erklärbar ist.
Wie hoch ist Chinas Wachstum wirklich?
Wie hoch ist also Chinas Wachstum? Trotz ihres drastischen Ergebnisses tanzt die IWF-Formel, verglichen mit anderen Formeln, immer noch moderat aus der Reihe. Premier Li Keqiang sagte zum Beispiel letztes Jahr, dass jeder Prozentpunkt des chinesischen BIP-Wachstums 1,4 Millionen Arbeitsplätze schaffe. Das würde bedeuten, dass China im Jahr 2013 um 2,0% wuchs. Mit der Morgan Stanley-Formel kommt man mit 1,7 beziehungsweise 1,6 Prozent Wachstum auf rund 1,6 bis 1,7 Millionen Arbeitsplätze. Die Northern Business School schließlich berichtete, dass Chinas Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2013 um 7,7% wuchs.
Bisher haben fast alle Analysten die Hinweise auf ein niedriges Wachstum im einstelligen Bereich ignoriert. Der IWF sollte dies jedoch nicht tun, da ihm in der internationalen Gemeinschaft eine besondere Verpflichtung zur Objektivität zukommt. Entweder lag er mit seiner Prognose völlig daneben oder Rodlauer hat einen riesigen Fehler gemacht – und wir alle haben ein Recht darauf, zu erfahren, was nun der Wahrheit entspricht.
Erklärungsbedarf beim IWF
Zugegeben, bei Chinas BIP vertrete ich eine Außenseiter-Meinung, doch meine Einschätzung lautet, Rodlauer hat recht. Doch egal, ob ich nun richtig oder falsch tippe: Da es nun um China geht, steht die Glaubwürdigkeit des IWF bei einer maßgeblichen Angelegenheit auf dem Spiel und es besteht Erklärungsbedarf.
Anmerkung des Autors: Am 8. September schickte ich dem IWF den Entwurf dieses Artikels und ersuchte um einen Kommentar. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung gab es noch keine Rückmeldung.
Hier kann man Gordon Chang folgen:
Auf Twitter @GordonGChang und auf Forbes.
(deutsche Version: rf)
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