‚Red Capitalism‘ Autor Howie: China und die kommenden Defaults
Fraser Howie sagt: „Die Tage von Chinas Wachstumswunder sind vorbei.“ Howie ist Co-Autor von ‚Red Capitalism‘, von der Zeitschrift The Economist als Buch des Jahres 2011 benannt.
Epoch Times: Mister Howie, das letzte Mal haben wir über die Geschichte der chinesischen Schulden gesprochen. Lassen Sie uns nun über die technischen Vorgaben bei den kommenden Zahlungsrückständen, den Defaults, sprechen.
Zunächst einmal: Sollten wir chinesische Bankschulden als Schulden der chinesischen Regierung ansehen?
Fraser Howie: Sicher, der Markt tut das. Sie können zwar kleinere Zahlungsrückstände in China haben, wie wir bereits gesehen haben, aber ich denke, es kann kein Zweifel bestehen, dass das Bankensystem von dem Regime gerettet werden wird.
Wenn man das sagt, lehnen sich viele Menschen zurück und sagen: „Es ist in Ordnung; die Regierung wird es retten." Das bedeutet aber nicht, dass es keine Kosten verursacht. Denn die Kosten fallen durch eine höhere Inflation, Gelddrucken und höhere Staatsverschuldung auf die Bürger zurück.
China ist immer noch ein relativ armes Land. Denken Sie daran, wenn Sie die Bankenrettung einsetzen, retten Sie Firmen. Die Banken verlieren nur Geld, weil die Menschen, denen sie Geld geliehen haben, es sich nicht leisten können, das zurück zu zahlen. So sprechen Sie dort über Staatsunternehmen (SOE) und all diese Bauherren und alle kommunalen Finanzierungs-Vehikel, die Geld geliehen haben und es nicht zurückzahlen können. Die Banken werden sicherlich gerettet werden.
Epoch Times: Wie sehen Sie in diesem Jahr die Defaults, die Zahlungsrückstände, bei Unternehmensanleihen, den ersten überhaupt?
Howie: Ich würde nicht sagen, dass es außer Acht gelassen werden kann. Aber gleichzeitig meine ich nicht, dass es eine Lawine in dem Sinne ist, dass eine wachsende Anzahl von Ausfällen zu einem großen Kreditereignis führen wird. Ich denke, Sie werden mehr Ausfälle haben. Ich denke, dass die Dinge irgendwie gesteuert und verwaltet werden.
Was der Prozess nicht sein wird, das ist marktorientiert.
Auf dem dritten Plenum im letzten Herbst, bei all den Reformen, die im letzten Jahr heraus kamen, da gab es häufig einen Fokus auf marktorientierte Prozesse, mit dem Markt als dem entscheidenden Faktor. Ich sehe davon überhaupt nichts mehr.
Ein Zahlungsrückstand ist eine hochpolitische Veranstaltung in China: Wie viele Menschen hat das Werk beschäftigt; wie sind ihre politischen Verbindungen; wie groß ist der Default; was sind ihre Verbindungen zur lokalen oder Landesregierung; wer ist auf der ganzen Linie verantwortlich; gibt es eine Staatsbank, die irgendwo beteiligt ist?
Es gibt eine Reihe von Faktoren dabei, von denen viele nicht-ökonomisch sind, die letztlich definieren und entscheiden, wer leidet und wer nicht. Man wird noch mehr Defaults sehen und das ist ein Teil der Kosten.
[– Vermischung von Wirtschaft und Politik–]
Epoch Times: Warum handhaben sie das auf diese Weise?
Howie: Eines der großen Probleme in China hat zu tun mit einem solchen Grad an Vermischung von Wirtschaft und Politik, weil das Regime in der Verantwortung war, und weil die Kommunistische Partei so zentral für die wirtschaftliche Entwicklung ist.
Epoch Times: Die meisten Menschen denken, China kann eine Entschuldung relativ leicht umgehen, weil sie drei Billionen Dollar Devisenreserven besitzen (FER, Foreign Exchange Reserves).
Howie: Zunächst einmal die FER, ich denke, sie sind ein bisschen wie ein roter Hering. Die FER sind genau das: sie sind ausländisch. Sie sind nicht Renminbi (RMB); sie sind nicht Geld, das im Inland als Anlage zum Tragen kommt.
Anders gesagt, mit diesen Reserven vertreibt man jede Angst vor einer Zahlungsbilanzkrise. China hat deutlich genug Devisen zur Bedienung von Auslandsschulden in einer Weise, die viele asiatische Länder in der Asienkrise nicht hatten. Damit fällt dieser Druck weg.
Aber alles, was China im Inland zu tun möchte, wie die Bankenrettung und das Drucken von Geld, kann alles ohne die FER durchgeführt werden. Die FER geben nicht mehr Freiheit, die Dinge im Inland zu managen. Ich schaue auf die FER als die Kosten für ein China ohne Reformen.
Wenn China viel offener in seinem Kapitalkonto gewesen wäre und eher bereit, die RMB zu schätzen und etwas aggressiver sein zu lassen, würde man nicht so große Devisenreserven aufgebaut haben, aber man hätte stattdessen auch eine viel wettbewerbsfähigere und gesunde Wirtschaft.
Epoch Times: Und wie wird das Regime die Entschuldung handhaben?
Howie: Sie werden sich durchwursteln. Sie werden einige Defaults erlauben; sie werden einige notleidende Kredite gestatten; sie werden einigen Personen aus der Patsche helfen; sie bieten Unterstützung und Garantien, wo sie können.
Da sich das Wachstum verlangsamt, werden sie einige Anreize setzen. Wenn das Wachstum wieder anzieht, werden sie den Stimulus auch wieder entfernen. Das Wachstum wird wieder langsamer und sie werden diesen Prozess so gut wie möglich managen. Ich sehe nicht, dass sie dieses Problem lösen; ich sehe nur, wie sie das Problem verwalten.
Sie managen langsameres Wachstum und sie managen höhere Schulden. Sie werden sich sicherlich nicht einfach zurücklehnen und den Markt entscheiden lassen. Sie werden interventionistisch sein und versuchen, die Dinge so gut wie möglich zu kontrollieren. Aber sie werden nicht dem niedrigeren Wachstum und der höheren Verschuldung entkommen.
Das China, an das wir uns gewöhnt haben, mit diesem übertriebenen Wachstum, ist ein China der Vergangenheit. Ich sehe nicht, dass es einfach so schnell wiederkommen kann. Sie sind auf dem Weg in ein China des viel langsameren Wachstums und der viel härteren wirtschaftlichen Bedingungen.
[–Das Geld von einer Tasche in die andere bewegt–]
Epoch Times: Wie kann die Zentralregierung die Schulden erhöhen für die Rettungspakete?
Howie: Es gibt einen Staatsschuldenmarkt in China. Etwa die Hälfte der Schulden in China ist die Staatsverschuldung. Die ist in die Versicherungsunternehmen verkauft worden; sie ist in die Banken verkauft. Es ist sicherlich machbar. Sicherlich können sie ihre Schulden relativ leicht erweitern.
Epoch Times: Aber wenn die Zentralregierung Schulden an die Banken verkauft, denen sie aus der Patsche helfen will, ist das nicht ein Kreisprozess?
Howie: Willkommen in China, das ist ein weitreichender Zirkelschluss des Denkens. Man übernimmt die Unternehmenshaftung und macht daraus eine Staatshaftung. Es gibt einen großen Pool von Spargeldern in China, es gibt große Versicherungen, es gibt Gesellschaften für die Rentenversicherung. Es gibt eine Vielzahl von Menschen, die Staatsschulden kaufen können.
Das genau ist das Problem. Immer wenn Sie keine Abschreibung machen, haben Sie auch das Zirkelschluss-Argument über jemanden, der das Geld von einer Tasche in die andere bewegt.
Es löst nicht das Problem, sondern verwaltet es für eine Zeit, bis sich die Dinge ein wenig stabiler gestalten und sie in einer besseren Position sind. Also die Bad-Bank-Schulden von vor 15 Jahren „rollten sie so über“, sie sind immer noch da, ob Sie es glauben oder nicht. Wenn sie die weiterrollen, dann rollen sie damit auf die Bühne, wo sie jetzt ein viel kleinerer Teil der Wirtschaft sind, sodass es in diesem Sinne gelungen ist, sie auf ihrem Weg aus dem Problem hinauswachsen zu lassen.
Epoch Times: Das klingt nicht ganz schlecht.
Howie: Aber sie haben nichts an ihren Problemen gelernt. Wenn sie Schulden übertragen, sind sie nur dabei, die gleichen Dinge immer und immer wieder zu tun. Genau da haben sie dieses Problem. Auch nach einem Wunder-Jahrzehnt des Wachstums, nach dem Beitritt zur Welthandelsorganisation, werden sie über eine Schuldenkrise und ein Banken-Problem sprechen. Und man fragt sich: Wie konnte es so weit kommen?
[–In der Klemme–]
Es gibt eine Menge Gerede über die Änderung des Wirtschaftsmodells, das Voranbringen echter größerer Reformen. Entfernen Sie die Abhängigkeit von durch Anlage-und Kreditwachstum angetriebener Größe. Verbessern Sie die Balance der Wirtschaft zwischen Konsum und Investitionen. Es gibt eine Zustimmung, dass die Dinge geändert werden müssen. Aber das ist eine Menge Arbeit. Und es gibt keine Garantie, dass dies in einer Zeit, wenn die wirtschaftlichen Bedingungen viel härter sind, auch funktioniert.
Es gab eine Zeit, von 2000 – 2008, wo man sehr starke wirtschaftliche Bedingungen hatte, wo sie viele Reformen hätten einbringen und viel aggressiver hätten sein können, aber sie haben ihre Wahl getroffen, genau dies nicht zu tun.
Es war einfacher, nur auf das alte Modell der Zahlungsausfälle zurückzugreifen und nur auf der Welle der Investitionen zu reiten. Und jetzt stellen sie fest, dass sie die Chancen für Änderungen verpasst haben. Jetzt denke ich, sind sie viel mehr in der Klemme.
Epoch Times: Was ist mit globalen Folgen?
Howie: Vor zehn Jahren konnte China es sich leisten, ein bankrottes Bankensystem zu haben. Weil China weit entfernt war, und niemand kümmerte sich um die chinesischen Banken oder man hatte auch keine Investitionen in chinesischen Banken. Es war in der globalen Wirtschaft nicht relevant.
Jetzt ist China die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft. Seine Banken sind international gelistet, von einer großen Zahl von in- und ausländischen Aktionären gehalten. China füllt eindeutig jeden Tag die Titelseiten der Zeitungen. Jetzt haben Sie ein Szenario, in dem das, was China tut oder nicht tut, Auswirkungen auf die globalen Märkte und die globalen Investoren hat. Das ist ganz anders als vor einem Jahrzehnt.
Auch wenn es relativ isoliert und insular in der Form von Kapitalkontrollen ist und auch nicht vollständig in die globalen Kapitalströme integriert ist, hat China mittlerweile einen Einfluss in der Weltwirtschaft, den es vorher nicht hatte .
Epoch Times: Das finale Urteil?
Howie: Wenn Sie das alles genau anschauen, erscheint mir nichts als Wunder-Wirtschaft. Stattdessen erscheint mir China als Blasenwirtschaft. Nichts wunderbar, sondern in der Tat eine Menge von politischer Misswirtschaft viel eher als alles andere.
Fraser Howie ist der Co- Autor von drei Büchern über das chinesische Finanzsystem, darunter „Red Capitalism“, als Buch des Jahres 2011 von der Zeitschrift The Economist benannt. Seit 20 Jahren hat er gehandelt, analysiert und über die asiatischen Märkte geschrieben. Während dieser Zeit hat er in Hong Kong, Peking und Singapur für Unternehmen wie Bankers Trust, Morgan Stanley, CICC und CLSA gearbeitet.
Dies ist Teil 2 einer zweiteiligen Reihe. Lesen Sie den ersten Teil des Interviews hier.
Das Interview wurde für die Kürze und Klarheit bearbeitet.
Original-Artikel auf Englisch: ‘Red Capitalism’ Author on China Managing the Coming Defaults
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