Peking liefert Überwachungsgeräte an Teheran zur Niederschlagung der Proteste
Kurz vor den Protesten bekräftigten Peking und der Iran auf einem Gipfeltreffen mit einigen anderen Ländern, verstärkt Technologien zur sozialen Kontrolle einzusetzen. Forscher bezeichnen diesen Trend als „digitalen Autoritarismus“.
Auch iranische Medienberichte deuten den Kurswechsel an. Demnach erwägen iranische Politiker den Einsatz von Gesichtserkennungskameras, um die Vorschriften des Regimes zum Tragen des Hidschabs durchzusetzen.
„Tehran Bureau“, ein im Ausland ansässiges iranisches Medium, schrieb dazu. „Solche in China hergestellten Technologien sind in der Lage, Personen in Menschenmengen zu identifizieren, sogar nachts. Sie können vom Regime eingesetzt werden, um gegen Demonstranten oder Frauen vorzugehen, die gegen die Kleiderordnung verstoßen“.
Proteste mit KI aus China im Vorfeld aufspüren
Laut Experten bereitet sich das iranische Regime nun darauf vor, mittels Künstlicher-Intelligenz-Technologie sämtliche Proteste bereits im Vorfeld auszuschalten. Dafür benötigt es eine Technologie, die Vorbereitung für geplante Proteste online und in Echtzeit aufspüren kann, bevor eine kritische Masse entsteht.
„Es gibt nicht viele Anbieter, die den Iran mit solchen Technologien beliefern können, und da China die längste Geschichte der Internetzensur hat, ist es einer der wenigen verfügbaren Lieferanten“, sagte KI-Forscherin Dr. Sahar Tahvili in einer E-Mail an The Epoch Times.
Laut einem Bericht von Freedom House aus dem Jahr 2021 ist China bei der Internetzensur Spitzenreiter, und zwar schon seit 2014. Der Iran kommt gleich an zweiter Stelle.
Chinesische Unternehmen liefern Technologie
Nach Angaben von „Tehran Bureau“ verkaufen mindestens acht chinesische Konzerne Technologie an das iranische Regime, die es zur Überwachung seiner Bürger einsetzt. Dazu gehören Hangzhou Hikvision Digital Technology, Huawei Technologies, ZTE, Zhejiang Dahua Technology, Tiandy, Tencent, Zhejiang Uniview Technologies und FiberHome Telecommunication Technologies.
Erst kürzlich berichtete „Iranwire“, ein von Auslandsiranern betriebenes Nachrichtenportal, dass das iranische Innenministerium bereits im Jahr 2020 CCTV-Geräte des chinesischen Unternehmens Dahua Technology gekauft hat.
Einige der chinesischen Unternehmen wurden von den Vereinigten Staaten mit Sanktionen belegt, darunter die Firmen Dahua und Hikvision. Sie halfen dem kommunistischen Regime Chinas beim Aufbau seines Überwachungsnetzes zur Unterdrückung der Uiguren und anderer muslimischer Minderheiten in Xinjiang.
Laut Jason M. Broadsky, politischer Direktor der NGO United Against Nuclear Iran, fürchte das iranische Establishment die „westliche Unterwanderung“ durch das Internet und sieht in China einen zuverlässigen Partner.
„Die iranische Führung bewundert den chinesischen Polizeistaat und ist wahrscheinlich daran interessiert, bestimmte Praktiken zu übernehmen. Auch Russland könnte Teil dieses Unterdrückungsnetzwerks sein“, so Broadsky in einer E-Mail an The Epoch Times. Die US-Regierung habe jüngst enthüllt, dass Moskau Teheran möglicherweise berät, wie man gegen die Demonstranten vorgehen kann.
15 Millionen Überwachungskameras im Iran sollen Bilder in Echtzeit an Peking und Teheran übertragen
Laut „The Diplomat“ unter Berufung auf iranische Medien sollen in 28 iranischen Städten 15 Millionen Kameras installiert sein. Die Daten sollen demnach an zwei Kontrollzentren übertragen werden, eines in Teheran und eines in China. Das chinesische Technologieunternehmen Tiandy liefere sowohl die Kameras als auch das Know-how für deren Betrieb.
KI-Expertin Dr. Tahvili sieht dieses Ausmaß an Überwachung als ein massives Infrastrukturproblem. „Eine durchschnittliche Überwachungskamera produziert mindestens 1 Mbps an Daten, und 15 Millionen von ihnen würden 162 Petabytes an Daten pro Tag erzeugen“.
Diese Datenmenge muss transportiert, analysiert und gespeichert werden. Und der effizienteste Weg, diese Dienste zu installieren und die Kosten für die Datenspeicherung und -verarbeitung zu bewältigen, sei der „Verkauf“ des Zugangs zu den Daten, sagte Dr. Tahvili.
„Das Unternehmen, das Überwachungssoftware anbietet, benötigt die Daten – vor allem aus anderen Regionen der Welt – um die Qualität seiner eigenen Systeme zu verbessern“, sagte die Expertin weiter und bezog sich dabei auf die chinesischen Firmen.
Iranischer Cyberspionage-Experte zweifelt offizielle Zahlen an
Nariman Gharib, ein in Großbritannien ansässiger iranischer Bürgerrechtsaktivist und unabhängiger Ermittler im Bereich Cyberspionage, glaubt nicht, dass im Iran tatsächlich so viele Überwachungskameras installiert wurden.
„Bei einem der jüngsten Cyberangriffe auf die Stadtverwaltung von Teheran haben wir festgestellt, dass weniger als 10.000 Kameras zur Verkehrskontrolle in ganz Teheran installiert wurden“, erklärte er in einer E-Mail an The Epoch Times. Diese würden auch zur Überwachung der Bevölkerung eingesetzt.
Der republikanische US-Senator Marco Rubio hat kürzlich Sanktionen gegen Tiandy gefordert. „Menschenrechtsaktivisten zufolge hat das iranische Regime auch begonnen, modernere Gesichtserkennungssoftware von Tiandy zu kaufen“, so der Senator.
„Der Verkauf derselben Technologie an Teheran, einschließlich an das Korps der Islamischen Revolutionsgarde (IRGC), wirft ernsthafte Fragen darüber auf, ob die Produkte von Tiandy gegen friedliche iranische Demonstranten eingesetzt werden“, schrieb er am 1. Dezember in einem Brief an Außenminister Antony Blinken, Finanzministerin Janet Yellen und US-Handelsministerin Gina Raimondo.
Halal-Internet
China und der Iran unterzeichneten im März 2021 ein Abkommen mit einer Laufzeit von 25 Jahren und einem Wert von 400 Milliarden Dollar. Einer der wichtigsten Bereiche der Zusammenarbeit sei laut Medienberichten die Weiterentwicklung des nationalen iranischen Internetsystems.
Das Regime arbeitet seit über einem Jahrzehnt an der Entwicklung eines eigenen kontrollierten Internets. In einer vom Arab Center for Research and Policy Studies im Mai veröffentlichten Fallanalyse wird es auch als „Halal Internet“ bezeichnet. Es wurde 2011 von Ali Agha-Mohammadi, Ex-Vizepräsident für Wirtschaft und Mitglied des iranischen Parlaments, ins Leben gerufen.
Ähnlich wie Chinas „Great Firewall“ – dem weltweit größten Internet-Zensur- und Überwachungsapparat – soll das zentralisierte iranische Internet Inhalte im Netz überwachen und kontrollieren.
Die Einführung des ‚Halal-Internets‘ kann als eine Gegenreaktion auf die iranische Grüne Bewegung von 2009 angesehen werden. Damals kam es zu Protesten der Bevölkerung gegen die Wiederwahl von Mahmoud Ahmadinejad als iranischen Präsidenten, so die Analyse.
Broadsky zufolge habe sich die Angst der Machthaber vor dem Internet durch die jüngsten Proteste noch verschärft. Sie betrachte es als „sanften Krieg“. Im Rahmen der „Look East“-Politik, die vom „Obersten iranischen Führer“ unterstützt wird, habe sich die Abhängigkeit von China noch verstärkt.
Neben der Sperrung von Inhalten gegen angeblich religiöse Grundsätze wird das Regime auch in der Lage sein, Nachrichten zu kontrollieren und Fake News im Internet zu verbreiten, sagte Dr. Tahvili. Das Regime werde wahrscheinlich auch KI-Überwachungstechnologie im „Hala-l“-Internet einsetzen, um zu überwachen, was die Nutzer tun und sagen.
Gharib zufolge setze das iranische Regime alles daran, um die Internetzensur zu verstärken und die Bürger zu überwachen.
„Deshalb versuchen sie, ein Tool zu fördern, das verfolgt werden kann. Es gibt zum Beispiel viele Internet-Taxis im Iran. Alle diese Unternehmen arbeiten mit den Sicherheitsbehörden zusammen und haben Live-Zugriff auf ihre Plattform“, sagte Gharib. Dies sei nur eine von vielen Möglichkeiten, wie das Regime seine Bürger überwacht.
Mehr Überwachung in Sicht
Soziale Medienplattformen wie Instagram spielen bei den aktuellen Protesten eine große Rolle. Mit ihnen können die Iraner über den Tellerrand hinaus schauen und untereinander kommunizieren.
Irans Oberster Rat verbot vorübergehend Instagram, die beliebteste Social-Media-Plattform des Landes. Das Verbot war jedoch nicht von langer Dauer. Das Regime will die Plattform so lange nicht schließen, bis sie einen lokalen Ersatz für Instagram gefunden hat. Die Plattform generiert für den Iran Einnahmen in Höhe von 700 Millionen bis 1 Milliarde Dollar. Telegram ist schon seit 2018 im Iran verboten, da auf der Plattform zu Protesten aufgerufen wurde.
Tahvili vermutete, dass das iranische Regime mit China zusammenarbeiten könnte, um einen Ersatz zu entwickeln. Bis jetzt gibt es jedoch keine öffentlichen Berichte oder Ankündigungen über eine solche Partnerschaft. „Das könnte der Fall sein, aber ich kann es nicht zu 100 % bestätigen“, sagte die Expertin und verweist auf das Cybersicherheitsabkommen zwischen Iran, China und Russland.
Gharib glaubt, dass das iranische Regime keine Hilfe aus China für Software sucht, sondern stattdessen nach chinesischer Hardwaretechnologie Ausschau hält. Als der Iran WeChat im Iran einführen wollte, sei das auf wenig Gegenliebe gestoßen, sagte Gharib. Die Bevölkerung habe ziemlich schnell herausgefunden, dass die Anwendung aus China kam.
Die Islamische Republik habe zwar ihre Internetbeschränkungen verschärft und beliebte Netzwerke blockiert, allerdings würden die iranischen Bürger weiterhin westliche mobile Anwendungen über private Netzwerke (VPNs) nutzen können, so der Bürgerrechtler.
Im Zusammenhang mit der wachsenden Unzufriedenheit im Land werde der Iran nur noch mehr aus Pekings Internet-Spielbuch lernen, meint Dr. Tahvili. Das iranische Regime werde seine Kontrolle ausweiten. Jeder Versuch, sich dem zu entziehen, werde als kriminell angesehen werden.
„Eine Armee von bezahlten Internetnutzern und Bots wird eingesetzt, um die Online-Meinung zugunsten des Regimes zu beeinflussen. Smartphones und Computer werden mit vom Regime ausgegebener Spionagesoftware ausgestattet sein“, sagte die Expertin.
Dieser Artikel erschien im Original theepochtimes.com unter dem Titel: Chinese Surveillance Technology Aids Iranian Regime as Tehran Clamps Down on Protesters (deutsche Bearbeitung nh)
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