Inflation und Lebensmittelpreise in China auf Höchststand

Trotz steigender Nahrungsmittelpreise ist das Überleben für Bauern in China weiterhin schwierig. Die Stadtbevölkerung stöhnt über doppelte Fleischpreise.
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Ein chinesischer Schweinefleisch-Verkäufer wartet auf Kunden in einem Markt in Hefei in der ostchinesischen Provinz Anhui. Chinas Verbraucherpreisindex, ein Gradmesser für die Inflation, stieg um 6,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr und erreichte ein Drei-Jahres-Hoch im Juni. Die Preise von Schweinefleisch stiegen um satte 57,1 Prozent.Foto: STR/AFP/Getty Images
Von 16. Juli 2011

Am 9. Juli veröffentlichte Chinas Statistikbüro den Verbraucherpreisindex (VPI) für Juni, den wichtigsten Gradmesser für die Inflation. Die Verbraucherpreise stiegen im Juni um 6,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr, im Mai waren es noch 5,5 Prozent. Der hohe Anstieg wurde von einem 14,4-prozentigen Wachstum bei Nahrungsmittelpreisen angetrieben, einen Monat zuvor lag die Zunahme nur bei 11,7 Prozent. Die Inflation in China liegt somit auf dem höchsten Stand seit Juni 2008 und deutlich über dem von der Regierung angestrebten Ziel von vier Prozent für dieses Jahr!

Premier Wen Jiabao betonte in diesem Jahr mehrmals, dass die Bekämpfung der Inflation für die Regierung höchste Priorität hat. In seiner Rede vor dem jährlichen Treffen des Volkskongresses im März sagte Wen, dass die schnell steigenden Preise das Wohl des Volkes beeinträchtigten. „Wir müssen es daher zu unserer obersten Priorität der makroökonomischen Kontrolle machen, das Preisniveau insgesamt stabil zu halten.“ In einer Kabinettssitzung im April wiederholte Wen diese Botschaft: „Wir werden mit allen Mitteln versuchen, die Preise zu stabilisieren, das ist die oberste Priorität unserer Wirtschaftskontrollen in diesem Jahr und auch unsere dringendste Aufgabe.“

Die Inflation ist dennoch stetig angestiegen trotz Verringerung der wirtschaftlichen Aktivität und wiederholten Zinserhöhungen. Steigende Preise sind für die herrschende kommunistische Partei in China (KPCh) politisch gefährlich. Mittlerweile geben Millionen von Haushalten in China bis zur Hälfte ihres Einkommens für Nahrungsmittel aus. So ist die Angst in der KPCh groß, dass die hohe Inflation soziale Unruhen auslösen könnte.

Schweinefleisch als Treibsatz für Verbraucherpreise

Der Preis für Schweinefleisch, ein Grundnahrungsmittel in China und das beliebteste Fleisch in chinesischen Gerichten, ist zu einem wichtigen Treiber für steigende Verbraucherpreise geworden. Schließlich ist China bei weitem der größte Konsument von Schweinefleisch. Die Preise für Schweinefleisch stiegen im Juni um 57,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr!

„Die Regierung hat die unvermeidliche Verantwortung, die Preise von Schweinefleisch zu stabilisieren“, sagte der chinesische Premier Wen Jiabao kürzlich bei einem Besuch in der Provinz Shaanxi. Das bestätigte Chinas Kabinett am 13. Juli: Mit der Einführung eines 2,5 Milliarden Yuan-Investitionsprogramms (250 Millionen Euro) zur Unterstützung von Großschweinezüchtern sowie einem Zuschuss von 100 Yuan (zehn Euro) pro Schwein wolle man das Angebot von Schweinefleisch ankurbeln und somit die Preise stabilisieren. Die Ergebnisse dieser Maßnahmen werden jedoch erst in vier bis sechs Monaten sichtbar sein, übereinstimmend mit der notwendigen Zeit, ein Schwein heranzuzüchten, sagen Analysten. Das heißt, die Preise für Schweinefleisch könnten in den kommenden Monaten noch steigen.

Trotz steigender Lebensmittelpreise haben es chinesische Bauer schwer

Man würde denken, dass der chinesische Bauer jetzt von den Lebensmittel-Preissteigerungen profitieren würde. Tatsächlich aber zeigt der Selbstmord eines verzweifelten Bauern aus Shandong eine gegensätzliche Situation.

Der Tod des 39-jährigen Han Jin erhielt viel Aufmerksamkeit in Chinas Medien. In China kämpfen 200 Millionen Bauernfamilien um ihr wirtschaftliches Überleben. In den Städten steigt der Lebensstandard, doch in vielen ländlichen Gegenden ist der Alltag von ungeregelten Einkommen durch stark fluktuierende Schwankungen in Angebot und Nachfrage von landwirtschaftlichen Erzeugnissen geprägt. Laut Angaben des chinesischen nationalen Statistikbüros beträgt das durchschnittliche ländliche Jahreseinkommen mit etwa 2.200 Euro weniger als ein Drittel dessen, was in städtischen Gebieten verdient wird.

Bauern ohne Landbesitz

Eine typische chinesische Farm ist weniger als einen Hektar groß und wird von Hand bearbeitet. Die Kleinteilung ist noch ein Erbe der kommunistischen Reform, als der Staat die Kontrolle über Chinas Ackerland übernahm und es in winzige Parzellen aufteilte. Obwohl dieses System die große Landbevölkerung beschäftigt hält, bietet es wenig Raum, ihre Einkommen zu erhöhen. Chinesische Bauern haben keine Ernteversicherung, um sich vor Katastrophen zu schützen, und staatliche Subventionen sind minimal.

Weil sie ihr Land nicht besitzen, können sie dafür auch kein Kredit aufnehmen. Die schlechte Infrastruktur in den ländlichen Gebieten zwingt die Bauern, ihre Ernte vor Ort oder an Zwischenhändler zu niedrigen Preisen zu verkaufen. Dazu kommen noch steigende Kosten für Saatgut, Dünger und Treibstoff. Viele Landwirte müssen zusehen, wie ihre Gewinne gedrückt werden, während die Ladenpreise in den Städten regelrecht hochschießen.

Wegen der Unzuverlässigkeit der Marktprognosen haben Chinas Bauern keine andere Wahl als zu spekulieren, was in jeder Saison gepflanzt werden soll. Nehmen wir als Beispiel das Gemüse Kohl. Wegen des schlechten Wetters und erhöhten Anbaus von teureren Erzeugnissen wie Äpfel und Knoblauch war das Angebot von gängigen Gemüsesorten wie Kohl Anfang des Jahres geschrumpft. Infolgedessen schoss der Preis des grünen Gemüses nach oben. Sogar die Zentralregierung „riet“ Bauern, mehr Kohl anzubauen. Viele Bauern folgten diesem Ratschlag und es kam zu einer Überproduktion. Zur nächsten Erntezeit fiel somit der Preis von Kohl drastisch. Verzweifelte Bauern saßen auf Tonnen des grünen Gemüses und konnten es nicht loswerden. So auch Han Jin. Er hatte einen Kredit aufgenommen, um für den Kohlanbau zusätzliches Land zu pachten, musste dann aber erleben, wie die drei Tonnen seiner Ernte ihn in den finanziellen Ruin zogen. Han Jins Frau sagte, ihr Mann hätte Selbstmord begangen, nachdem der vom Gemüsehändler angebotene Preis für Kohl auf einen Tiefpunkt von 0,16 Yuan (2,5 Cent) pro Kilogramm gefallen sei. Selbst mit einer ausverkauften Ernte hätte Han Jin über 10.000 Yuan (1.000 Euro) verloren, was fast fünf Jahresgehältern entspricht.

Viele Bauern sehen sich gezwungen, die Landwirtschaft aufzugeben und in Stadtgebiete zu ziehen. So wie etwa Han Jins Witwe, die ihre Kinder verlassen musste, um in der Stadt nach Arbeit zu suchen. Das bisherige stark schwankende Einkommen als Landwirt reicht nicht mehr aus, um die schulische Ausbildung ihrer beiden Töchter zu finanzieren.

Mittlerweile wird bereits 40 Prozent des Pro-Kopf-Einkommens von ländlich registrierten Arbeitern durch Gehälter außerhalb ihrer Heimatorte (also in den Städten) bezogen.

Ein chinesischer Schweinefleisch-Verkäufer wartet auf Kunden in einem Markt in Hefei in der ostchinesischen Provinz Anhui. Chinas Verbraucherpreisindex, ein Gradmesser für die Inflation, stieg um 6,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr und erreichte ein Drei-Jahres-Hoch im Juni. Die Preise von Schweinefleisch stiegen um satte 57,1 Prozent.Ein chinesischer Schweinefleisch-Verkäufer wartet auf Kunden in einem Markt in Hefei in der ostchinesischen Provinz Anhui. Chinas Verbraucherpreisindex, ein Gradmesser für die Inflation, stieg um 6,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr und erreichte ein Drei-Jahres-Hoch im Juni. Die Preise von Schweinefleisch stiegen um satte 57,1 Prozent.Foto: STR/AFP/Getty Images

 

 

 



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