Vor EU-China-Gipfel in Peking: Schauprozess gegen Vater eines Berliners
Schauprozesse gab es schon im Mittelalter, in der Sowjetdiktatur und am Volksgerichtshof der Nationalsozialisten, auch in der ehemaligen DDR war der Schauprozess beliebt. Auch heute gibt es ihn noch, in totalitären Staaten, wie dem Iran – oder eben im kommunistischen China.
Schauprozess nach Stasi-Aktion
Heute ist Schauprozesstag in der ostchinesischen Hafenmetropole Rizhao in der Provinz Shandong. Ding Yuande, ein Teebauer, ein einfacher Mann, soll verurteilt werden. Das von der Kommunistischen Partei dafür beauftragte Gericht tagt in einer für die Partei sensiblen Angelegenheit am 28. November.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV) aus Göttingen schreibt in einem Statement über das sogenannte „Verbrechen“ des schon älteren Familienvaters: „Als Praktizierender der Meditationsbewegung Falun Gong hat er für sich selbst einen Meditations- und Kultivierungsweg gefunden, der dem Atheismus und Materialismus der diktatorischen Kommunistischen Partei Chinas entgegensteht.“
Jasna Causevic ist Pressesprecherin und Referentin für Genozid-Prävention der Menschenrechtsorganisation mit Beraterstatus bei den Vereinten Nationen. Frau Causevic erklärte, dass dieser Vorwurf genauso „willkürlich und absurd“ sei, wie die Umstände der Verhaftung von Ding Yuande.
Denn selbst nach chinesischem Gesetz gebe es „keine Grundlage“, was das kommunistische Regime auch selbst wisse, so Jasna Causevic, die den Prozess nicht nur „Schauprozess“ nannte, sondern auch eine „pseudo-juristische Farce“ aufgrund einer „erbarmungslosen Repressionskampagne“ des Regimes seit 24 Jahren gegen Falun Gong-Anhänger.
Überfallen auf der Teeplantage
12. Mai 2023, frühmorgens. Männer in Zivil stürmen die kleine Teeplantage des älteren Ehepaars in dem Dorf Yanjiazhuang. Ding Yuande und seine Ehefrau Ma Ruimei, beide Falun Gong-Praktizierende, arbeiten gerade in der Pflanzung, als sie verhaftet werden.
In dem Statement der GfbV wird der weitere Verlauf der Stasi-Aktion geschildert: „Bei der anschließenden rechtswidrigen Hausdurchsuchung fanden sie Bücher von Falun Gong und Flugblätter, die über die brutale Verfolgung der Meditationsbewegung seit 1999 aufklären.“
Den Angaben nach verschwand das Ehepaar zunächst zwei Wochen lang spurlos von der Bildfläche. Allerdings hatten die Schergen des Regimes nicht mit der internationalen Aufmerksamkeit und Hilfe gerechnet. Ihr Sohn Ding Lebin ist vor zehn Jahren nach Deutschland gekommen und lebt zurzeit in Berlin. Mithilfe von Freunden machte er bei Politikern und in der Gesellschaft auf die Lage seiner Eltern aufmerksam. Teilweise erfolgreich, seine Mutter kam frei.
Ding Yuande droht Folter in der Haft
Jasna Causevic berichtet, dass nach einem „internationalen Aufschrei verschiedener Menschenrechtsorganisationen und aus der Politik“ Frau Ma Ruimei am 24. Mai 2023 unter Auflagen aus der Haft entlassen worden sei. Sie wurde unter strenge Überwachung gestellt.
Ihr Ehemann wurde jedoch in der Polizeistation einbehalten und am 13. Juni ins Untersuchungsgefängnis von Rizhao verlegt, wo er seither auf seinen „Prozess“ wartet.
Genozid-Referentin Causevic ist sich sicher: „Wenn er rechtskräftig verurteilt wird, drohen ihm brutale Folter und fehlende medizinische Behandlung in Haft.“
Sanktionspaket zum EU-China-Gipfel in Peking?
Angesichts des bevorstehenden EU-China Gipfeltreffens am 7. und 8. Dezember 2023 in Peking ergeht die dringende Aufforderung der Gesellschaft für bedrohte Völker an die Europäische Kommission und die EU-Mitgliedsstaaten, insbesondere auch an die deutsche Bundesregierung: Leiten Sie konkrete Sanktionsmaßnahmen ein!
„Dazu müssten auch Maßnahmen strafrechtlicher Verfolgung gegen Personen und Unternehmen zählen, die sich an den seit über zwei Jahrzehnten andauernden Verbrechen gegen Falun Gong-Praktizierende beteiligen“, so die Genozid-Referentin der GfbV.
Frau Causevic nannte zudem wirksame Beispiele von Sanktionen: „Visaverweigerung, Einfrieren von Vermögen, Ausweisung aus EU-Staatsgebieten, strafrechtliche Verfolgung oder die Einleitung völkerstrafrechtlicher Anklagen.“
Artikel 18, Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
Die Gesellschaft für bedrohte Völker hat neben einem UN-Berater-Status einen mitwirkenden Status beim Europarat. Die Menschenrechtsorganisation verweist auf die internationale Rechtslage bezüglich Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.
Danach habe „jeder Mensch […] Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht umfasst die Freiheit, seine Religion oder seine Überzeugung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, in der Öffentlichkeit oder privat, durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Vollziehung von Riten zu bekunden.“
Verhaftungswelle vor Welt-Falun-Dafa-Tag
Es wird allgemein angenommen, dass der Überfall ziviler Polizisten auf die beiden Teebauern mit einem für das Regime bevorstehenden sensiblen Tag zusammenhing.
Am 13. Mai feiern Falun Gong-Anhänger weltweit den Welt-Falun-Dafa-Tag und Geburtstag des Falun Gong-Begründers Herrn Li Hongzhi. Hierfür spricht, dass von dieser Verhaftungswelle etwa 70 weitere Falun Gong-Praktizierende aus der Gegend festgenommen worden waren. Ihnen drohen ähnliche Schauprozesse wie der gegen Ding Yuande.
Li Hongzhi erreichte mit der uralten traditionellen chinesischen Lehre von den universellen Prinzipien Wahrhaftigkeit, Gutherzigkeit und Nachsicht und fünf von ihm geschaffenen meditativ-energetischen Übungen Mitte der 1990er-Jahre in China das Herz des Volkes. Die Beliebtheit der Qigong-ähnlichen Praxis wuchs rasant und die Anzahl der Übenden in ganz China erreichte in wenigen Jahren die Marke von rund 70 Millionen Menschen (vom Sportministerium geschätzt).
Aufgrund dieser großen Beliebtheit im Volk fasste der damalige oberste Führer der Kommunistischen Partei Chinas, Jiang Zemin, von Eifersucht und Kontrollwahn geplagt, den Entschluss, die spirituelle Praxis zu beseitigen. Am 20. Juli 1999 startete Jiang die Verfolgung mit Massenverhaftungen. Zu zehntausenden wurden die Menschen in Sportstadien zusammengetrieben. Seither ist fast ein Vierteljahrhundert vergangen, ohne dass sich die Lage in China wesentlich verbessert hat.
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