Strafanzeige wegen Folter gegen Parteisekretär aus China in Mainz gestellt
Ausgerechnet ein Gefängnis will heute eine hochrangige Delegation aus China besichtigen. Angesichts der Aufregung um das „Verschwindenlassen“ von bekannten Personen wie dem Künstler Ai Weiwei und etlicher Dissidenten in China ein etwas makabres Schauspiel. Hilft hier der deutsche Rechtsstaat den chinesischen Behörden, die bekanntermaßen nicht rechtsstaatlich vorgehen, die heimatlichen Gefängnisse modern zu gestalten?
Die Justizvollzugsanstalt Rohrbach im rheinlandpfälzischen Wöllstein empfängt heute um 11 Uhr Herrn SU Deliang, Direktor und Parteisekretär der Behörde für öffentliche Sicherheit der autonomen Region Ningxia Hui, Vorsitzender des Politik- und Rechtsausschusses sowie Leiter des Büros 610 der autonomen Region Ningxia Hui. Eingeladen wurde er vom Justizministerium Rheinland Pfalz.
Es gibt eine Begrüßung durch den Direktor der Anstalt, Norbert Henke, eine Rede von Dr. Ingrid Michelitsch-Träger vom Justizministerium Rheinland Pfalz, eine Besichtigung, ein gemeinsames Mittagessen und eine Diskussionsrunde bis zum Nachmittagskaffee.
Nicht nur die Frage, was Herr SU in der JVA Rohrbach lernen könnte, bewegt deutsche Menschenrechtler, sondern auch die Kenntnis, dass der Leiter der chinesischen Delegation in seinem heimatlichen Einflussbereich seit 2005 aufgrund seiner führenden Position im Büro 610 in der autonomen Region Ningxia Hui als einer der Hauptverantwortlichen für die Durchsetzung der chinesischen Regierungspolitik zur systematischen Verfolgung von Falun Gong zuständig ist.
Strafanzeige wegen Folter und Gefährlicher Körperverletzung
Deshalb fand heute die Staatsanwaltschaft in Mainz eine neunseitige Strafanzeige gegen SU Deliang in ihrem Vorab-Faxeingang vor, gestellt wegen Folter und Gefährlicher Körperverletzung gegen Falun Gong-Praktizierende in den Jahren 2005 bis 2011. Unterzeichnet vom Vorsitzenden des Deutschen Falun Dafa Vereins e.V., Man Yan Ng, und vom Vorstandsmitglied der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) Deutsche Sektion e.V., Hubert Körper. Die Strafanzeige liegt der Redaktion vor.
Falun Gong, auch Falun Dafa genannt, ist eine traditionelle chinesische buddhistische Kultivierungsschule, die 1992 das erste Mal öffentlich verbreitet wurde und die seit 1999 in China verfolgt wird, als die Zahl ihrer Anhänger, etwa 100 Millionen, den kommunistischen Machthabern zu groß erschien. Falun Gong hat nach eigenen Angaben keine politischen Ziele. Die anleitende Lehre spricht von einer Ausrichtung des Lebens nach Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht.
Im Sommer und Spätsommer 1999 kam es zu massivem Vorgehen von Polizeibeamten gegen Demonstrationen und Proteste von Falun Gong. Ab Oktober und November 1999 wurden zahlreiche neue Gesetze eingeführt, die der Strafverfolgung von Falun Gong dienten. Die Behörde für öffentliche Sicherheit dekretierte, dass Falun Gong-Praktizierende sofort zur Administrativhaft (auf Anordnung ohne gerichtliches Verfahren) im Arbeitslager bis zu drei Jahren verurteilt werden konnten.
Im Text der Anzeige heißt es: „Die auch heute noch gegen die inhaftierten Falun Gong-Praktizierenden angewandten Methoden beinhalten vor allem zahlreiche Formen von Folter: Prügelstrafe, häufig bis zur Ohnmacht und Knochenbrüchen. Unsachgemäße brutale Zwangsernährungen mit Fäkalien, kochendem Wasser, hochprozentiger Kochsalzlösung und anderen Flüssigkeiten. Folterungen mit 60.000 Volt Elektroknüppeln, auch an intimsten Körperteilen. Fesseln in völlig unnatürlichen Körperhaltungen, ebenso das Aufhängen in gefesselter Position. Massenvergewaltigungen, Eingabe von psychotrophen Medikamenten, Schlafentzug und Gehirnwäsche mit Propagandamaterial. Viele dieser Foltermethoden führen zu nachhaltigen Schädigungen wie Behinderungen und sogar zum Tod.“
Es werden fünf Einzelfälle von Folter in der Strafanzeige detailliert dargestellt und die juristische Begründung eingeschlossen, warum ein Eingreifen der deutschen Justizbehörden während des Inlandaufenthaltes des Angezeigten in der Bundesrepublik begründet und erforderlich ist.
Mit juristischer Sachkenntnis heißt es weiter: „Die Vorschrift des § 153 c Strafprozessordnung räumt der Staatsanwaltschaft prinzipiell ein weites Ermessen ein. Dieses Ermessen ist jedoch im vorliegenden Fall einerseits durch das Ausmaß der angezeigten Taten und deren Qualifikation erheblich eingeschränkt und durch die hinsichtlich der Völkerrechtsverbrechen eindeutigen gesetzgeberischen Wertungen und politischen Initiativen der Bundesregierung, die durch eine Nichtaufnahme von Ermittlungen geradezu konterkariert würden. Schließlich reduzieren die oben genannten Gesichtspunkte das staatsanwaltschaftliche Ermessen, so dass ein Absehen von der Verfolgung nach Maßgabe der Vorschrift des § 153 c Strafprozessordnung kaum rational begründbar erscheint, es sei denn man räumt den sicherlich fruchtbaren ökonomischen und politischen Beziehungen zur Volksrepublik China größeren Wert als dem Schutz der Menschenrechte ein.“
Die Staatsanwaltschaft hat das Wort.
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