Offshore-Leaks China: Gezielte Enthüllung im KP-Machtkampf?
Eine Bombe, was das Internationale Konsortium Investigativer Journalisten (ICIJ) in Washington vor rund zwei Jahren durch eine anonyme Quelle zugespielt bekam: 2,5 Millionen Dateien über Offshore-Geschäfte in 170 Ländern, in die insgesamt 120.000 Privatpersonen und Unternehmen verwickelt sind. Die Datenmenge ist 160mal größer, als die von Wikileaks im Jahr 2010 veröffentlichten White-House-Enthüllungen.
Verdächtige Umstände
Am 21. Januar veröffentlichte das ICIJ erstmals die Offshore-Leaks China: Ein Großprojekt. An der Auswertung der Daten aus dem Reich der Mitte hatte ein internationales Journalisten-Team mitgewirkt, die unter anderem von der Hongkonger Zeitung Ming Pao, einer Zeitschrift aus Taiwan und der Süddeutschen Zeitung kamen. Eine Nachrichtenagentur aus China stieg im November aus den Ermittlungen aus, weil sie Druck vom Regime bekommen hatte.
Das Interessante an den Offshore-Leaks: ICIJ erklärte selbst, dass ihr Vorsitzender Gerald Ryle den brisanten Datenberg im November 2012 auf einer externen Festplatte erhalten habe – also genau in der Zeit des 18. Plenums der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh), in dem Moment, als Xi Jinping die Führung der KPCh von Hu Jintao übernahm.
Warum fehlen hier Chinas Super-Korrupte?
Merkwürdig daran: Fünf große Namen von chinesischen Führern und Ex-Führern werden erwähnt, Xi Jinping, Hu Jintao, Wen Jiabao, Deng Xiaoping und Li Peng. Doch fällt kein Name aus der Jiang-Bande: Jiang Zemin, Zhou Yongkang und Zeng Qinghong werden mit keinem Sterbenswörtchen erwähnt. Dabei waren die drei keinesfalls zimperlich, wenn es darum ging, ihre Familien mit Geld und Macht auszustatten.
So besaß Ex-Diktator Jiang Zemin zum Beispiel in der Schweiz ein Geheimkonto mit 350 Millionen US-Dollar, wie Wu Fan, Chefredakteur und Politkommentator des Magazins „China Insider“, berichtete. Hongkonger Medien sprachen 2012 über ein anonymes Konto mit 2 Milliarden US-Dollar, die Jiang Zemin als Notgroschen ins Ausland geschleust hatte – für den Fall, dass er im internen Machtkampf der Partei unterliegen sollte. Ein verhafteter Manager der Bank of China hatte darüber ausgepackt.
Wer ist eigentlich Zeng Qinghong?
Zeng Qinghong regierte vor Zhou Yongkang als Chinas „Öl-Pate“, gleichzeitig war er chinesischer Vizepräsident. Sein Sohn Zeng Wei schaffte als „Unternehmer“ in der Provinz Shandong mehrere 10 Milliarden Yuan beiseite. Aufsehen erregte auch Zeng Weis Auswanderung mit seiner Frau nach Australien: Damals, 2008, kaufte er dort eine Villa für 200 Millionen Yuan, EPOCH TIMES berichtete.
Chinas reichste Familie ist der Clan des bereits verhafteten Ex-Stasi-Chefs Zhou Yongkang: Er häufte durchs Öl-Geschäft mit Hilfe seines Sohnes Zhou Bin auf Geheimkonten in Sichuan mehrere 100 Milliarden Yuan an. Drei staatliche chinesische Öl-Firmen haben mit den Steueroasen enge Geschäftsbeziehungen gehabt, hieß es nun in den Offshore-Leaks China. Doch ihre Protagonisten wurden nicht erwähnt.
Krach beim Kooperationspartner
Im Untersuchungs-Team der Offshore-Leaks China befindet sich auch die einflussreiche Hongkonger Tageszeitung Ming Pao, die in den vergangenen Tagen einen internen Krieg erlebte: Am 20. Januar demonstrierten rund 110 Mitarbeiter des Verlags fünfeinhalb Minuten lang schweigend für Pressefreiheit, indem sie sich vor dem Haus versammelten.
Grund für den Protest war ein geplanter Wechsel der Chefredaktion, der am 6. Januar verkündet wurde und nahelegt, dass die Ming Pao durch die Jiang-Bande stark unter Druck gesetzt wird: Der bisherige Chefredakteur Hongkonger Herkunft soll gegen einen Malaysier chinesischer Abstammung ersetzt werden, der sich in der Vergangenheit als Unterstützer von Bo Xilai – und damit als Gefolgsmann der Jiang Bande – hervorgetan hat. Er war Chefredakteur der chinesischen Tageszeitung Nanyang Business Daily aus Singapur und befürwortete in dieser Position Bo Xilais maoistisches „Chongqing-Modell“, das unter anderem die Verfolgung von Unternehmern als Mafiosi beinhaltete.
In die Schusslinie geraten
Die „Ming Pao“ wurde früher von Jiang Zemin beeinflusst, hatte sich mit dem Machtverlust des chinesischen Ex-Diktators jedoch eine gemäßigtere Linie angeeignet und in letzter Zeit teilweise Xi Jinping unterstützt. Im Oktober 2013 hatte die Zeitung kritisch über den Hongkonger Regierungschef Leung berichtet – der ebenfalls ein Mann der Jiang-Bande ist.
Die aktuellen Entwicklungen der Ming Pao und ihre Beteiligung an den Offshore-Leaks China legen laut Beobachtern nahe, dass das Blatt sich in einer Zerreißprobe zwischen Xi und Jiang befindet.
Die Schlacht zwischen Xi und Jiang tobt längst auch in West-Medien
Schon mehrmals hat die Jiang-Bande westliche Medien eingespannt, um Stimmung gegen ihre Gegner zu machen. So sorgte Zhou Yongkang in seiner Zeit als Stasi-Chef für den Rausschmiss von Google aus China, weil er Baidu als Suchmaschine Nr. 1 etablieren wollte. Das hatte Vorteile für ihn: Er konnte Baidu viel leichter zensieren als Google und außerdem gezielt einsetzen, um Negativnachrichten über seine Gegner Hu Jintao, Wen Jiabao und Xi Jinping zu verbreiten. Prompt wusste bald die ganze chinesische Medienlandschaft, inwiefern die Familien der Besagten in Korruption involviert waren und wie viel Geld sie für ihre Kinder beiseite geschafft hatten.
In China kalter Kaffee: Die New York Times-Enthüllungen
Als der berühmte Enthüllungsartikel über Wen Jiabao im Oktober 2012 in der New York Times erschien, stützte er sich auf Fakten, die seit Jahren auf Baidu verbreitet worden waren, um Wens Ansehen zu schaden. Sein milliardenschweres Vermögen und die exorbitante Schmucksammlung seiner Frau waren in China längst bekannt.
Dass Jiangs Clique die westlichen Medien gezielt mit den Informationen gefüttert hatte, bestätigte ein Redakteur der Voice of America schon im Oktober 2012: Alle englischsprachigen Medien in Peking hätten ein dickes Info-Paket über die Machenschaften von Wens Familie bekommen, so der Journalist.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion