„Was mich am tiefsten getroffen hat, ist das Schweigen“ – Rechtsanwalt zum 15. Jahrestag der Verfolgung von Falun Gong in China

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Weltweit rufen Falun Gong-Praktizierende auf, die Verfolgung in China zu beenden. Hier in Washington, DC, am 17. Juli 2014Foto: JIM WATSON/AFP/Getty Images
Epoch Times20. Juli 2014

„Was mich am tiefsten getroffen hat, ist das Schweigen der Intellektuellen, das ist sehr, sehr unverschämt. Und manche haben sich sogar an der Verfolgung von Falun Gong beteiligt, das ist ein furchtbares Unrecht.“ Das sagt Rechtsanwalt Teng Biao in Hong Kong zur Epoch Times.

Seit 15 Jahren, seit dem 20. Juli 1999,  dauert die gewaltsame Verfolgung  der buddhistischen Kultivierungsschule Falun Gong durch das kommunistische System in China an. Ebenso lange währt der friedliche Widerstand der Falun Gong-Praktizierenden gegen diese Verfolgung  in China und in der übrigen Welt.

Am 20. Juli 1999 wurden Falun Gong-Praktizierende gewaltsam aus ihren Betten geholt und in Arbeitslager abtransportiert. Mit dem Aufruf „Zerstört ihren Ruf, ruiniert sie finanziell und vernichtet sie physisch!“ wies der damalige Präsident Chinas, Jiang Zemin, die Handlanger der Verfolgung an, vor keiner Grausamkeit zurückzuschrecken.

Eine Menschenrechtskatastrophe

Rechtsanwalt Teng Biao: "Die KP Chinas hat die größte Angst vor den drei Zeichen von Falun Gong, die für Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Toleranz stehen, und dass die Menschen überhaupt darüber sprechen."Rechtsanwalt Teng Biao: "Die KP Chinas hat die größte Angst vor den drei Zeichen von Falun Gong, die für Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Toleranz stehen, und dass die Menschen überhaupt darüber sprechen."Foto: Epoch Times

Der chinesische Menschenrechtsanwalt Teng Biao, geb. 1973, der zurzeit als Dozent an der Chinese University of Hong  Kong arbeitet, gab  in einem Interview mit der Epoch Times in Hongkong eine deutliche Stellungnahme ab. Er äußert sich, obwohl er weiß, dass er damit in Gefahr gerät.

Teng Biao: „Nach meiner Meinung wird diese Menschenrechtskatastrophe, die Falun Gong erlebt hat und noch erlebt, in die Geschichtsbücher eingehen. Ob Beamte oder Geheimpolizisten vom Büro 610, wer die Verbrechen gegen Falun Gong begangen hat, wird seine Abrechnung erhalten.“   

Das Schweigen der Intellektuellen ist „unverschämt“

„Was mich am tiefsten getroffen hat, ist das Schweigen der Intellektuellen, das ist sehr, sehr unverschämt. Und manche haben sich sogar an der Verfolgung beteiligt, das ist ein furchtbares Unrecht.

Das ist wie bei einem Massenmord. Diejenigen, die die Wahrheit kennen, sagen nichts und verteidigen sogar das Verbrechen.“

Ein mutiger junger Mann

Teng Biao hat sich seit 1999 mit Falun Gong beschäftigt, als er beim Beginn der Verfolgung zum ersten Mal von dieser spirituellen Bewegung hörte. Er promovierte damals an der Elite Universität Peking. Er erinnert sich, dass damals eine Besprechung über Falun Gong für alle Gruppen an der Universität angesetzt wurde. Die Teilnahme war Pflicht: Jeder musste die Verfolgung bejahen und unterstützen.

Teng Biao stellte damals während der Besprechung mutig fest: „Man muss nach dem Gesetz handeln. Das Vorgehen entspricht nicht dem allgemeinen Rechtssystem, das ist allgemein bekannt. Man darf gegen Glaubensgemeinschaften nicht so vorgehen.“ Als er das gesagt hatte, wurde es ganz still im Besprechungsraum.     

Niemand im KP-System wagt, die Wahrheit zu sagen

Sein Kommentar heute: „Dass sich niemand traut, die Wahrheit zu sagen, ist die Tragödie des ganzen Systems. Dass Falun Gong so schwer verfolgt wurde, ist eine riesige Menschenrechtskatastrophe. Gegenüber dieser Katastrophe haben  auch die Bürger eine Verantwortung, ich meine Intellektuelle, Medien und Menschen mit gesellschaftlichem Einfluss.“

Nach der erfolgreichen Promotion startete Teng seine Karriere als Rechtsanwalt. Im Jahr 2003 erregte ein Vorfall Aufsehen, als ein Modedesigner in einem Internierungslager der Stadt Guangzhou zu Tode gefoltert wurde, weil er keinen Ausweis bei sich trug. Nach dem System „Verhaftung und Rückführung“ war der Polizei erlaubt, Personen, die keinen Ausweis bei sich trugen zu verhaften und zu internieren. 

Teng Biao und zwei andere Rechtsanwälte schrieben damals einen Brief, in dem sie dieses Verfahren verfassungswidrig nannten. Fünf weitere Juristen schlossen sich an. Große Aufregung im Internet war die Folge. Der damalige Ministerpräsident Wen Jiabao erklärte schließlich, dass zum 1. August 2003 ein neues Gesetz kommen würde. Das war ein zumindest ein kleiner Fortschritt für Chinas Menschenrechtslage.

Falun Gong  „nicht schuldig“ – Prügel für die Anwälte

Im Jahr 2005 verteidigte Teng den bekannten Menschrechtsanwalt Gao Zhisheng. 2007 verteidigte er außerdem die Falun Gong-Praktizierende Wang Bo, eine Musikstudentin, und ihre Eltern. Es war der erste Fall in China, bei dem Rechtsanwälte sich vor Gericht hinter Falun Gong stellten und auf „nicht schuldig“ plädierten.  Als Teng mit seinen Kollegen das Gericht verließ, wurden sie von Polizisten umzingelt und verprügelt. Seine Anwalts-Lizenz wurde ihm für ein Jahr entzogen. In China müssen Rechtsanwälte ihre Lizenz jedes Jahr erneuern lassen.

Die größte Angst der KP Chinas

Teng Biao zur Epoch Times: „Ich weiß, dass die Problematik von Falun Gong das sensibelste Thema in Chinas Gesellschaft ist. Für uns Rechtsanwälte ist es auch der sensibelste Bereich. Manche Praktizierende wurden einfach ins Arbeitslager oder Gefängnis geschickt, weil sie Informationen aus dem Internet heruntergeladen haben oder weil sie Informationsblätter verteilt haben. Manche werden im Arbeitslager sehr schlimm gefoltert, oder bis zum Tod misshandelt.“

Obwohl ich weiß, dass man in Gefahr gerät …

„Obwohl ich auch weiß, dass man in Gefahr gerät, wenn man sich für Falun Gong ausspricht, soll man aber als Menschenrechtsanwalt und Intellektueller nicht schweigen. Der Rechtsanwalt Gao Zhisheng ist der mutigste in ganz China. Sein Vorbild hat auch andere Rechtsanwälte in China ermutigt, sich für Falun Gong auszusprechen.

Die KP Chinas hat die größte Angst vor den drei Zeichen von Falun Gong, die für Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Toleranz stehen, und dass die Menschen überhaupt darüber sprechen. Man will, dass Falun Gong einfach total vergessen wird – so wie das Massaker vom 4. Juni 1989 auf dem Tiananmen-Platz in Peking.“

Er glaubt an ein freies China

„Ich bewundere den friedlichen Kampf von Falun Gong seit 15 Jahren. Diejenigen, die an der Verfolgung beteiligt waren, fürchten sich vor der Vergeltung. Es ist gut, wenn diese Verbrecher auch im Ausland angezeigt werden. Ich denke, dass immer mehr Menschen auf der ganzen Welt von dieser Verfolgung erfahren werden. Sie werden erfahren, dass die Verfolgung ein so schlimmes Maß erreicht hat.

Diese Verfolgung kann nicht andauern, weil der Glaube trotz der Verfolgung nicht verschwinden wird. Ich hoffe, dass China bald in eine demokratische, freie  und offene Gesellschaft eintreten wird und dass jeder das Recht haben wird, seine Meinung zu äußern und seinen Glauben zu behalten. Ich bin sicher, dass dieser Tag kommen wird.“    

Quelle: DJY / (rls)

Hintergrund:

Am 20. Juli 1999 wurden tausende Falun Gong-Praktizierende in China in einer Nacht und Nebel-Aktion gewaltsam aus ihren Betten geholt und in Arbeitslager abtransportiert. Mit dem Aufruf „Zerstört ihren Ruf, ruiniert sie finanziell und vernichtet sie physisch!“ wies Chinas damaliger Staatschef Jiang Zemin die Handlanger der Verfolgung an, vor keiner Grausamkeit zurückzuschrecken.

Falun Dafa, auch Falun Gong genannt, ist eine traditionelle buddhistische Kultivierungsschule, die ursprünglich aus China stammt und in mehr als 114 Ländern und Regionen der Welt praktiziert wird. Neben den körperlichen Übungen wird besonderer Wert auf ein Leben nach den Prinzipien Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht gelegt, die seit Tausenden von Jahren in der chinesischen Kultur verwurzelt sind.

Seit dem 20. Juli 1999 unterliegt Falun Dafa in China einer irrationalen Verfolgung, die durch den ehemaligen Staatschef Jiang Zemin initiiert wurde. Schätzungen zufolge wurden seit dem Juli 1999 über eine Million Falun Gong-Praktizierende festgenommen, über 500.000 Praktizierende, möglicherweise aber wesentlich mehr, zu häufig jahrelangem Gefängnisaufenthalt gezwungen, in der Regel ohne ordentliches Gerichtsverfahren. Betroffen von der Verfolgung sind nicht nur die etwa 70  – 100 Millionen Praktiziereden, die es in den 90er-Jahren gab, sondern auch ihre Familien, Freunde und Helfer.

Die Verfolgung in China umfasst alle Lebensbereiche: sie führt zum Verlust von Arbeitsplatz und Wohnung, schließt Schüler und Studenten von der Ausbildung aus, zwingt Frauen zur Abtreibung und Ehepaare zur Scheidung.

Dem Falun Dafa-Informationszentrum liegen bis heute Informationen von über 3771 Todesfällen vor, zu denen es durch Folter in Polizeistationen und Arbeitslagern kam. Die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches höher liegen. Dass systematischer Organraub von staatlichen Behörden angeleitet und geschützt wird, ist kaum zu glauben. Dennoch sind schätzungsweise 65.000 gesunde Falun Gong-Praktizierende Opfer von Organraub bei lebendigem Leib geworden.  

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