Im Strudel der Machtkämpfe von Chinas KP
Auch in der Geldstadt Shanghai sind 3,2 Milliarden Yuan veruntreute Versicherungsgelder aus der Sozialkasse ein starkes Stück. Laut einem Bericht der Epoch Times vom 1. September wurden aus Peking 100 Fahnder auf die Untersuchung des Falles angesetzt. Der Veruntreuung beschuldigt und deswegen am 23. August festgenommen wurde Qin Yu, Verwaltungsleiter des Bezirks Baoshan in Shanghai. Ein mächtiger Mann, dessen tatsächliche Macht auf seinem Parteiamt als Stellvertretender KP-Vorsitzender desselben Bezirks beruhte. Wie es heißt, gehört er zur politischen Seilschaft des ehemaligen Staatspräsidenten Jiang Zemin, im Volksmund bezeichnenderweise Jiang-Bande genannt. Somit ist die Verhaftung auch ein Schlag gegen die „Jiang-Bande“.
Der Fall Qin Yu wird von Insidern als politisches Kalkül der derzeitigen chinesischen Führung gesehen in ihrem Kampf um Macht und Anerkennung im Volk. Staatspräsident Hu Jintao und Premierminister Wen Jiabao haben noch immer an den machtbesessenen Hinterlassenschaften des 2004 endgültig aus allen Ämtern abgetretenen Jiang Zemin zu tragen. Dazu gehört nicht zuletzt die 1999 von Jiang nach Diktatorenart verhängte Verfolgung der Anhänger von Falun Gong, jener Qi Gong-Schule, die der KP in der Beliebtheit im Volk den Rang abzulaufen drohte. Die Verfolgung der seinerzeit auf rund 100 Millionen geschätzten Praktizierenden trägt Chinas Regierenden auf der Weltbühne ein nachhaltig schlechtes Image ein, kostet den chinesischen Staat ein Vermögen und entzweit die eigenen Landsleute sogar bis in die hohen Ränge der KP.
In die Kampflinie der Mächtigen ist auch der Anwalt Gao Zhisheng geraten. Er wurde noch im Jahr 2001 vom Justizministerium zu den zehn besten Anwälten Chinas gezählt. Am 12. Dezember 2005 brach der Pekinger Anwalt jedoch ein Tabu und berichtete in einem Offenen Brief an Staatspräsident und Premier die erschütternden Ergebnisse seiner Nachforschungen über verfolgte Falun Gong-Praktizierende, verbunden mit dem Appell, in China wieder auf den Weg der Gerechtigkeit zurück zu kehren. Einen Tag später trat Gao aus der Kommunistischen Partei aus und machte das öffentlich bekannt.
Sonderstatus für Gao
Wider Erwarten wurde der nun als Regimekritiker einzuordnende Anwalt aber nicht verhaftet. Er wurde zwar zur Schließung seiner Kanzlei gezwungen und seitdem sind ihm Tag und Nacht bis zu 20 Geheimagenten auf den Fersen, die ihn bewachen und drangsalieren. Doch der Psychoterror ließ Gao unbeeindruckt, selbst offensichtlich inszenierte Autounfälle konnten ihm nichts anhaben. Stattdessen berichtete er, sicher zum Entsetzen der KP-Oberen, kontinuierlich der im Ausland erscheinenden unzensierten Epoch Times haarklein und mit viel Ironie von allen Versuchen der Geheimpolizei, ihn mundtot zu machen.
Die Unterstützung für Gao verband schnell und überregional rechtsbewusste chinesische Bürger. Zahlreiche mit Anwalt Gao befreundete Anwälte, die sich für ihn einsetzen wollten, wurden festgenommen, verhört und verprügelt. Manche wurden wieder frei gelassen, andere stehen unter Hausarrest, wie der ehemalige Professor für Publizistik, Jiao Guobiao, der noch vor kurzem in Deutschland Vorträge hielt. Erstaunlich ist, dass Gao unter ihnen derjenige ist, der mit dem Engagement für Falun Gong das schlimmste „Sakrileg“ begangen hatte, aber auf freiem Fuß blieb. Acht Monate lang. Bis zum 15. August.
Am 15. August wurde Anwalt Gao Zhisheng unter ominösen Umständen von Unbekannten in der Provinz Shandong entführt. Drei Tage später verlautete vom Pekinger Amt für Öffentliche Sicherheit, er befände sich in Untersuchungshaft zur Klärung des „Verdachts der Mittäterschaft bei kriminellen Aktivitäten“.
Diese Aktion bringt die Regierung international und beim eigenen Volk in Misskredit. Geschah dies nun im Sinne der Regierung, oder ist es eine Attacke auf das Ansehen der Regierenden durch den politischen Hasardeur und Chef des Pekinger Büros für Öffentliche Sicherheit, Zeng Qinghong, der noch zur Jiang-Fraktion gezählt wird, dessen mächtigste Position aber seine Mitgliedschaft im Politbüro der KP ist? Gao Zhisheng könnte sich als Spielball der Machtsuchenden in großer Gefahr befinden.
Der Countdown läuft
Die Sechste Vollversammlung des 16. Parteitages der KP Chinas steht im Oktober 2006 bevor. Die Machtspiele hinter den Kulissen laufen. Wissen die Machthaber auch, was vor den Kulissen läuft? Gao selbst erfuhr nach seinem Offenen Brief aus Kreisen um Staatschef Hu Jintao, dass dieser höchst betroffen auf Gaos Schilderungen der Folter an Falun Gong-Anhängern reagierte. Für einen westlichen Demokraten ist fast nicht vorstellbar, dass er keine Kenntnis davon gehabt haben sollte.
Staatschef Hu Jintao versucht Vertrauen bei der Bevölkerung zu gewinnen. Am 1. August schickten fünf Ministerien und Kommissionen eine „Eilige Mitteilung“ an die örtlichen Verwaltungsbehörden mit der Aufforderung, alle in diesem Jahr eingeleiteten Projekte nochmals genau zu überprüfen.
Am 14. August gab das Landwirtschaftsministerium einen Managementplan zur Land-Registrierung bekannt, um die Korruptionsfälle in diesem Bereich einzudämmen.
Am 18. August gab die Chinesische Zentralbank eine Zinserhöhung bekannt und Premier Wen Jioabao ordnete die Untersuchung des Veruntreuungsskandals in Shanghai an, die dann zu in der am Anfang erwähnten Festnahme des stellvertretenden örtlichen KP-Vorsitzenden Qin Yu führte und die Jiang-Bande in eine unangenehme Lage brachte.
Der gefürchtete Gesichtsverlust
In diese Situation hinein platzte am 8. August in Los Angeles die Flucht und Bitte um politisches Asyl in den USA von Yuan Sheng, einem langjährigen Piloten der China Eastern Airlines. Was die KP-Führung wohl am bittersten traf, indirekter Grund dafür waren die Neun Kommentare über die Kommunistische Partei, die dadurch natürlich besonders ins Licht der Öffentlichkeit rückten. Auf mehreren Pressekonferenzen nahm der Geflüchtete dazu Stellung.
Er hatte kurz vor seinem Abflug als Pilot einer Verkehrsmaschine einem Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes in Shanghai die Neun Kommentare empfohlen und in diesem Zusammenhang den Austritt aus Chinas KP ans Herz gelegt. Das hatte eine Beinahe-Festnahme durch mehrere Polizisten zur Folge, die ihn dann mangels Pilotenersatzes starten lassen mussten, aber mit der Drohung: „Wir kriegen Dich schon, wenn Du zurückkommst!“
Die Flucht des Piloten und die KP-kritischen Neun Kommentare, die in China verboten sind, rückten auch die Menschenrechtsverbrechen durch Chinas KP ins internationale Rampenlicht, Gaos Entführung durch Unbekannte zeigt die Ohnmacht der Führung. Für Hu Jintao und Wen Jiabao ein Gesichtsverlust zur falschen Zeit, aber vielleicht der Beginn einer politischen Demontage der gesamten KPC.
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