Gerichtsverhandlung wegen giftigen Milchpulvers verschoben

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Im September 2008: Eltern mit ihren Kindern warten auf Untersuchungen wegen Verdacht auf Nierensteine oder andere Erkrankungen.Foto: AP Photo
Von 15. November 2009

Der erste Gerichtsprozess in China, der wegen vergifteten Milchpulvers am 10. November stattfinden sollte, wurde am vergangenen Freitag plötzlich verschoben. Man setzte keinen neuen Termin fest.

Zhao Lianhai, Gründer einer Elterninitiative für Opfer vergifteten Milchpulvers, ist davon überzeugt, dass die Verschiebung des Termins mit seinen Appellen im Internet zusammenhängt, in denen er betroffene Familien und andere Anwälte dazu aufrief, an der Verhandlung teilzunehmen.

Seiner Meinung nach hat das Regime den Prozess verschoben, um seine ‚Muskeln spielen zu lassen‘

Eltern der Opfer waren über die Entscheidung des Gerichts außer sich vor Zorn. Es gab keine Begründung für die Terminverschiebung.

Es ist schon über ein Jahr her, seitdem die Öffentlichkeit zum ersten Mal von verdorbenem Milchpulver gehört hat. Vier Fälle wurden von den Gerichten angenommen. Zwei von ihnen wurden in der Provinz Hebei eingereicht und die Gerichte weigerten sich, die Fälle zu behandeln und wiesen beide Seiten an, erst einmal darüber nachzudenken.

Die beiden anderen Fälle sollten in Peking verhandelt werden. Für einen wurde der Termin 17. November am Gerichtshof in Daxing angesetzt.

Am Freitag, dem 6. November, erhielt Peng Jian, der Anwalt der Kläger, morgens die Nachricht vom Gerichtshof aus Daxing, dass die Verhandlung verschoben wurde. Zhao Lianhai, der Gründer der Elterninitiative für Kinder mit Nierensteinen, sagte, dass er davon überzeugt sei, dass er persönlich das Zielobjekt des Gerichtsbeschlusses sei.

„Ich habe online bekannt gegeben, dass ich die Familien der Opfer zu der Verhandlung einlade. Die Regierung fürchtete, dass zu viele Leute anwesend sein würden und dass ihr das Ganze aus dem Ruder liefe. Dieses ist der erste Zivilprozess, der wegen des giftigen Milchpulvers geführt und in dem eine Entschädigung der Opfer erreicht werden sollte. Ich hatte gehofft, dass die Familien der Opfer sich zusammen tun, der Verhandlung beiwohnen und ihre Unterstützung zeigen würden“, erklärte Zhao.

Auch die Medien hatten viel über den Fall berichtet und das, so meinte Zhao, sei ein Teil der Gründe für die Verschiebung auf unbestimmte Zeit gewesen. „Sie hoffen, das Ganze in die Länge zu ziehen, um dann plötzlich und schnell ein Gerichtsverfahren durchzuführen“, sagte er.

Zhao drückte seinen Ärger und sein Bedauern über das Eingreifen der Regierung in diesem Fall einer Initiative für Verbraucherrechte aus. Er erklärte, dass viele Eltern von Opfern zu der Verhandlung hatten kommen wollen und dass sie sehr enttäuscht seien, dass der Prozess verschoben wurde.

Hou Roagbos Frau, Mutter eines Kindes, das an dem vergifteten Milchpulver gestorben war, drückte ihre Verzweiflung über die Verschiebung aus. Sie berichtete, dass sie und ihr Mann mehrere Male versucht hatten, von Shandong nach Peking zu reisen, um die Bürger zu unterstützen, die Gerechtigkeit verlangten. Doch die Behörden hatten sie bei jeder Gelegenheit festgenommen.

„Mein Mann und ich haben mehrere Male versucht, nach Peking zu fahren, doch wir wurden jedes Mal daran gehindert. Wir haben viel Geld ausgegeben. Ich weiß nicht, wann der Termin für die Gerichtsverhandlung erneut festgesetzt wird. Es ist jetzt schon ein Jahr her, seitdem das vergiftete Milchpulver auftauchte. Wir haben als Eltern unendlich gelitten und haben doch keine Möglichkeit, gerichtliche Schritte gegen die Hersteller zu unternehmen. Immer, wenn ich an mein Kind denke, leide ich entsetzlich. Ich bin voller Zorn und kann doch nichts machen.“

Anwalt Peng erklärte, dass der Gerichtshof keine Gründe für die Verschiebung der Verhandlung genannt habe. Auch er ist davon überzeugt, dass Zhaos Appelle im Internet ausschlaggebend dafür gewesen seien.

Peng sagte, auch wenn der Beschluss des Gerichts legal gewesen sei, so komme so etwas doch nicht häufig vor. „Das Gericht teilte mir nur mit, ich solle auf einen weiteren Bescheid warten. Wenn aber das Datum für eine Verhandlung erst einmal festgesetzt ist, wird es nur selten geändert. Und noch ungewöhnlicher ist das bei Zivilprozessen.“

Peng fügte hinzu, dass es nun schon vier Monate her sei, dass das Gericht den Fall angenommen habe und dass auch er sich in dieser Situation hilflos fühle.

Im Juli 2009 haben fünf Familien von Opfern des vergifteten Milchpulvers einen Prozess am Bezirksgericht in Daxing, Shunji, Xuanwu, Xicheng und Fengtai angestrengt. Nur zwei Fälle wurden angenommen. Der Antrag der drei anderen Fälle blieb unbeantwortet.

Die Eltern haben beschlossen, vor einem Zivilgericht zu klagen, weil die Entschädigung, die die Behörden anboten, zu niedrig war. Einige Eltern, deren Kinder an dem vergifteten Milchpulver gestorben waren, wollten eine Entschädigung von mehr als einer Million Yuan. Sie mussten ihre Klage jedoch zurückziehen, weil die Gerichtskosten untragbar waren.

Im Januar 2009 gab das chinesische Gesundheitsministerium bekannt, dass das vergiftete Milchpulver sich bei annähernd 296 000 Kinder ausgewirkt habe. Die Regierung gab zu, dass sechs Todesfälle bei dieser Tragödie zu beklagen seien. Seitdem sind keine offiziellen Berichte oder Erklärungen erschienen.

 

Originalartikel auf Chinesisch: 中国首宗毒奶粉民事案突被撤消庭审

Bericht auf Englisch: Trial on Poison Milk Powder Postponed Indefinitely

 

 



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