Die Volksrepublik China – Land mit zwei Gesichtern

Aufgelesen zum Internationalen Tag der Menschenrechte
Titelbild
Polizeistation in der Provinz Hebei (Foto: Minghiu)
Von 9. Dezember 2005

Am 10. Dezember 1948 verkündet die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte.

Auszug aus der PRÄAMBEL

„Da die Anerkennung der angeborenen Würde und der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen die Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bildet, da die Nichtanerkennung und Verachtung der Menschenrechte zu Akten der Barbarei geführt haben, die das Gewissen der Menschheit mit Empörung erfüllen, und da verkündet worden ist, daß einer Welt, in der die Menschen Rede- und Glaubensfreiheit und Freiheit von Furcht und Not genießen, das höchste Streben des Menschen gilt, da es notwendig ist, die Menschenrechte durch die Herrschaft des Rechtes zu schützen, damit der Mensch nicht gezwungen wird, als letztes Mittel zum Aufstand gegen Tyrannei und Unterdrückung zu greifen…. verkündet die Generalversammlung diese Allgemeine Erklärung der Menschenrechte.“

Auch China gehörte zu den ersten Unterzeichnerstaaten. Wo steht China jetzt?

Seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts ist das kommunistisch regierte China auf dem Vormarsch als Wirtschaftsmacht. Der anfänglichen Bewunderung aus dem Ausland folgt jetzt die Hinterfragung und der immer deutlicher werdende Zweifel an der Beständigkeit und Glaubwürdigkeit des Regimes, seiner Wirtschaft, seiner Moral. Was sich zunächst hinter vorgehaltener Hand verbreitete, wird immer klarer ausgesprochen. Unternehmen, die sich wegen mangelnder Rechtssicherheit, behördlich gedeckter Betrügereien oder mangelnder Ressourcen aus China zurückziehen, geben dies auch zunehmend öffentlich bekannt.

Beim Deutschland-Besuch von Chinas Staatschef Hu Jintao im November sprach der deutsche Bundespräsident Köhler seinem Gast gegenüber die beklagenswerte Situation der Menschenrechte in dessen Heimatland an und riskierte damit, wie Journalisten berichteten, eine eisige Atmosphäre. Menschenrechtsaktivisten wurden nicht mehr aus dem Gesichtsfeld des Staatsgastes verbannt wie noch 2002 beim Besuch des damaligen Präsidenten Jiang Zemin. International findet zur Zeit ein Umdenken statt. Auch Chinas staatliche Medien- und Internetzensur kann Berichte über soziale Unruhen und die miserablen Menschenrechts-Zustände in China nicht mehr so wie in der Vergangenheit unterdrücken.

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

Artikel 1:

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.

Polizeistation in der Provinz Hebei (Polizeistation in der Provinz Hebei (Foto: Minghiu)

In China 2005: In der Nacht des 24. November wurde Liu Jizhi, eine 51 Jahre alte Mutter zweier  Töchter, von etwa sieben Polizeibeamten  entführt; ihre Wohnung wurde geplündert, das Notebook  ihres Mannes beschlagnahmt. Die Polizei hatte keinen Haftbefehl und erzwang sich den Zutritt zu der Wohnung mit Gewalt. Die Frau wurde zur Station der Dongfang Stadtpolizei gebracht, dort einem Verhör unterworfen, mit Gummistöcken geschlagen, mit Elektrostäben misshandelt, zu Boden geworfen und von einem Polizeibeamten in Anwesenheit eines anderen Polizisten vergewaltigt. [Geschehen in Zhuozhou, Provinz Hebei; Liu Jizhi praktiziert  Falun Gong. Gegen diese traditionelle Qi Gong-Schule startete der ehemalige Staatschef Jiang Zemin 1999 eine irrationale Verfolgung]

Artikel 3

Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.

In China 2005: In der Nacht auf den 24. Juni wurden auf dem Westbahnhof von Shanghai 30 Personen, die nach Peking fahren und dort eine Petition abgeben wollten, von einigen Dutzend Polizisten angegriffen und verletzt. Eine der Personen wurde so schwer geschlagen, dass sie mit blutüberströmtem Gesicht bewusstlos zusammenbrach. Der Transport in einem Krankenwagen wurde ihr verweigert.

Artikel 5

Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung  oder Strafe unterworfen werden.

In China 2005 – Der Fall Wang Bin: „Ich wurde zusammen mit über 30 anderen in einer dunklen Gefängniszelle von ungefähr 30 Quadratmetern gefangen gehalten. Als ich anfangs in diese Zelle gesperrt wurde, roch ich den widerlichen Gestank von Exkrementen, Urin, Schimmel, verdorbenem Fleisch und anderem.“

[Zitat Dr. Wang Bin, Korrespondent der Epoch Times; Wang Bin wurde lediglich wegen seiner Korrespondententätigkeit zu drei Jahren Haft verurteilt. In der Zeit musste er im  berüchtigten Gefängnis Nr.1 in Peking zusammen mit Kriminellen einsitzen.]

Der Fall Gao Rongrong: 

Gao Rongrong nach stundenlanger Folter mit Elektrostäben (Foto. Epoch Times)
Gao Rongrong nach stundenlanger Folter mit Elektrostäben (Foto. Epoch Times)

Am 7. Mai 2004 gegen 15 Uhr war Gao Rongrong zu Tang Yubao, dem Chef der 2. Brigade, und dem Gruppenführer Jiang Zhaohua gerufen und von den beiden sieben Stunden lang mit Elektrostäben misshandelt worden. Ihre Mithäftlinge konnten sie danach kaum noch erkennen wegen der Verbrennungen im Gesicht, am Kopf und Nacken. Sie war zur Unkenntlichkeit entstellt, mit vielen Brandblasen und blutverklebtem Haar, die Augen waren kaum noch im geschwollenen Gesicht wahrnehmbar. Nach einem weiteren langen Leidensweg starb die 37-jährige Gao Rongrong am 16. Juni 2005 in der Medizinischen Universitätsklinik von  Shenyang, der Hauptstadt der chinesischen Provinz Liaoning. Alle Türen und Eingänge der Klinik wurden in den Tagen vor ihrem Tod von Sicherheitsbeamten in Zivil und in Uniform bewacht. Die Eltern wurden erst an das Krankenbett der Tochter gerufen, als diese schon bewusstlos war und nur noch durch ein Beatmungsgerät am Leben erhalten wurde. Die Familie wurde zur sofortigen Verbrennung des Leichnams aufgefordert, um die Spuren der Folter zu verwischen. [Die junge Frau wurde festgenommen, weil sie sich für ein Ende der Verfolgung von Falun Gong eingesetzt hatte.]

Artikel 7

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich und haben ohne Unterschied Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz. Alle haben Anspruch auf gleichen Schutz gegen jede Diskriminierung, die gegen diese Erklärung verstößt, und gegen jede Aufhetzung zu einer derartigen Diskriminierung.

In China 2005: Am 20. Juli 1999 wurde auf Initiative von Jiang Zemin in ganz China die Verfolgung von Falun Gong gestartet. Seine mündlich übermittelte Order an die Verfolgungsorgane lautete: „Schädigt ihren Ruf, ruiniert sie finanziell und vernichtet sie physisch.“ Von da an waren in China alle Schüler der traditionellen Falun Gong-Schule Freiwild für die Sicherheitsorgane und im Volk  diskriminiert. Ohne entsprechende richterliche Vorgaben wurden viele gekidnappt, ihre Wohnungen geplündert, sie wurden in Arbeitslager oder psychiatrische Anstalten deportiert, intensiver Gehirnwäsche ausgesetzt; es wurden von ihnen Geständnisse durch Folter erpresst, Frauen vergewaltigt, bis jetzt (Stichtag 5.11.2005) wurden nachweislich 2791 zu Tode gefoltert.

Artikel 9

Niemand darf willkürlich festgenommen, in Haft gehalten oder des Landes verwiesen werden.

In China 2005: Im Oktober gastierte die Sydney Dance Company in Shanghai. Während einer Probe wurde der australische Tänzer Wang Xue-Jun, der seit 1992 in diesem Ensemble  arbeitet, von der Bühne weg von vier chinesischen Beamten ohne Angabe von Gründen in sein Hotel gebracht. Die Beamten durchwühlten sein Gepäck und fanden zwei DVDs und zwei gedruckte Kopien der Neun Kommentare über die Kommunistische Partei.

Daraufhin wurde Wang trotz des Einspruchs australischer Konsularbeamter des Landes verwiesen und auf einen Flug nach Australien gesetzt. Wang sagte später: „Als australischer Bürger genoss ich einen gewissen Schutz; als chinesischer Bürger gäbe es jetzt kein Interview mehr mit mir.“

Artikel 12

Niemand darf willkürlichen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung und seinen Schriftverkehr oder Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden. Jeder hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen.

In China 2005: Gao Zhisheng, einer der wenigen Menschenrechtsanwälte in China, veröffentlichte am 18. Okt. einen Brief an Premierminister Wen Jiabao und an den Staatspräsidenten Hu Jintao. Darin forderte er von seiner Regierung die Achtung der Menschenrechte. Nach kaum drei Wochen wurde ihm unter fadenscheinigen Gründen mitgeteilt, dass er seine Anwaltskanzlei zum 15. November für die Dauer eines Jahres zu schließen habe. Er erhielt Drohanrufe, die gegen ihn und seine Familie gerichtet waren. Der Anwalt schrieb an Freunde: „Seit dem 20. November haben Gruppen von je drei Zivilpolizisten abwechselnd mein Appartement und mein Büro überwacht. Am zweiten Tag waren sie hier, das Fahrrad meiner Frau verschwand auf wundersame Weise aus der Garage. Letzte Nacht waren über 20 Zivilpolizisten vor meiner Türtreppe postiert…“

Artikel 18

Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion oder seine Weltanschauung zu wechseln, sowie die Freiheit, eine Religion oder seine Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen.

Verletzte katholische Nonnen (Verletzte katholische Nonnen (Foto: China Aid)

In China 2005: Am 22. November wurde eine katholische Kirche in der Stadt Xi’an, Provinz Shanxi, niedergerissen, 16 Nonnen wurden danach verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert. Etwa 30 uniformierte junge Männer waren mit Holzknüppeln bewaffnet um 18 Uhr in die Kirche eingedrungen. Um 20 Uhr hatte ein Bulldozer mit dem Abriss der katholischen Kirche begonnen. [Bericht von AP]

Artikel 24

Jeder hat das Recht auf Erholung und Freizeit und insbesondere auf eine vernünftige  Begrenzung der Arbeitszeit und regelmäßigen bezahlten Urlaub.

In China 2005: Eine ehemalige Insassin von Pekings Xin´an Frauenarbeitslager berichtet: „Normalerweise begannen wir um fünf Uhr morgens mit der Arbeit und arbeiteten dann bis 2 oder 3 Uhr am nächsten Morgen. Manchmal mussten wir auch länger arbeiten, weil wir sonst unser Pensum nicht erfüllen konnten. Ich war so erschöpft, dass ich nicht klar bis zehn zählen konnte… nach den vielen Stunden intensiver Arbeit und schwerem Schlafmangel hatte ich das Gefühl, das einzige, was ich in meinem Leben brauche, ist Schlaf.“ [Das betraf die Arbeit an 10.000 Spielzeughasen für die Mickey Toys Co. LTD, mehr lesen Sie in dem Buch: „Stilles Wasser ist tief“ von Jennifer Zeng, das nur auf Chinesisch erhältlich ist]

Artikel 28

Jeder hat Anspruch auf eine soziale und internationale Ordnung, in der die in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten voll verwirklicht werden können.

In China 2005: Dem normalen chinesischen Bürger ist es kaum möglich, sich über seine Rechte und  Freiheiten zu informieren, und somit kann kaum der Anspruch auf soziale und internationale Ordnung erfüllt werden. Die Informations-Kontrolle liegt eisern in der Hand des  kommunistischen Regimes. Es gibt in China  Internet-Kontrolleure, deren Zahl erst zu Beginn dieses Jahres von 30.000 auf 50.000 erhöht wurde. Im Internetcafé muss sich jeder Besucher registrieren lassen. Autoren regierungskritischer Äußerungen werden schnell lokalisiert und als „Verräter von Staatsgeheimnissen“ eingelocht. Die halbe Million gesperrter Webseiten werden nur bei großen Gipfeltreffen für einige Tage geöffnet, der Schein der Rechtsstaatlichkeit bleibt gewahrt. Google hat sein System für China entsprechend den Anforderungen der kommunistischen Regierung von Begriffen aus dem Bereich der
Menschenrechte „gesäubert“.

Artikel 29

(1) Jeder hat Pflichten gegenüber der Gemeinschaft, in der allein die freie und volle  Entwicklung seiner Persönlichkeit möglich ist.

In China ist, wie an diesen Beispielen zu sehen, noch ein langer Weg zurückzulegen bis zur freien und vollen Entwicklung der Persönlichkeit. Es steht zu bezweifeln, ob das unter kommunistischer Herrschaft jemals erreicht werden kann. Die mehr als sechs Millionen öffentlichen Parteiaustrittserklärungen (fast zehn Prozent der  Mitglieder) in den letzten zwölf Monaten lassen einen großen Schwund an Zustimmung und die deutliche Abkehr des Volkes von seiner Führung erkennen.

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