Chinas Stellvertretender Ministerpräsident Zhang Dejiang im Kanzleramt

„Wir Kommunisten glauben an den Marxismus. Unser Ziel und unser Streben ist es, den Sozialismus und Kommunismus zu verwirklichen. ... Daran festzuhalten ist die lebenslange Aufgabe von uns Kommunisten...“ (Zhang Dejiang) – Chinas Stellvertretendem Ministerpräsidenten – zu Besuch in Deutschland – werden schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.
Titelbild
Zhang Dejiang (Guang Niu/Getty Images)
Von 9. September 2008

Bundeskanzlerin Angela Merkel empfing am gestrigen Montag den Stellvertretenden Ministerpräsidenten Chinas, Zhang Dejiang, im Kanzleramt. Im Mittelpunkt des Gesprächs standen Projekte der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, wie Regierungssprecher Ulrich Wilhelm mitteilte. Zhang ist der ranghöchste chinesische Besucher in diesem Jahr in der Hauptstadt.

Der 62-jährige Zhang Dejiang zählt zu den 24 mächtigsten Personen Chinas. Im Jahr 2002 wurde der standhafte Kommunist Mitglied des Politbüros des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas. Im März 2008 stieg er auf in die Position des stellvertretenden Ministerpräsidenten. In seinen Zuständigkeitsbereich fallen Wirtschaft und Industrie.

Wirtschaftsminister Michael Glos will die wirtschaftlichen Beziehungen mit Peking weiter ausbauen. „Ich werde chinesische Investoren einladen, sich in Deutschland zu engagieren“, sagte er anlässlich von Zhangs Besuch. Der Vize-Ministerpräsident bleibt bis Freitag in Deutschland. Neben politischen Gesprächen sind auch Unternehmensbesuche bei Volkswagen, Airbus, Thyssen-Krupp, BASF und der Deutschen Bahn geplant.

Am 10. September wird er auch beim „Hamburg Summit: China meets Europe“ erwartet und beim „Opening Dinner“ der Konferenz mit Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zusammentreffen. Seiner Delegation gehören ein Minister und fünf Vize-Minister an. Damit werde der Besuch von Zhang auch zu einem politischen Ereignis, so sieht es der Präses der Hamburger Handelskammer Frank Horch.

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Start von Zhangs Karriere in der KPCh

Zhangs Karriere in der Kommunistischen Partei Chinas fing bereits während der Kulturrevolution an. Von 1970 bis 1972 war er Sekretär des Kommunistischen Jugendverbandes und des Revolutionsausschusses der Kreisstadt Wangqing in der Provinz Jilin. Er war zuständig für die Propaganda der Kulturrevolution. Als 25jähriger trat er im Jahr 1971 in die Partei ein.

1975 beendete er sein Studium der koreanischen Sprache an der Universität von Yanbian und gleichzeitig begann sein Aufstieg in der Parteihierarchie. Von 1978 bis 1980 absolvierte er ein Postgraduiertenstudium an der Kim Il Sung-Universität in Nordkorea. Während dieser Zeit war er auch Sekretär der Parteiorganisation der chinesischen Studenten der Universität. Anschließend wurde er erneut Mitglied des Ständigen Ausschusses des Parteikomitees sowie Stellvertretender Rektor der Universität von Yanbian.

Aufstieg zum Mitglied des Politbüros

Ein wichtiger Wendepunkt in Zhangs politischer Karriere war im Jahr 1985, als er zum Stellvertretenden Sekretär des Parteikomitees des Autonomen Bezirks Yanbian in der Provinz Jilin ernannt wurde. 1998 erfolgte seine Berufung zum Sekretär des Parteikomitees der Provinz Zhejiang im Südosten Chinas.

Auf dem 16. Parteitag der KPCh wurde er 2002 schließlich Mitglied des Politbüros des ZK. Im November 2002 wurde er Sekretär des Parteikomitees von Chinas viertgrößter Provinz Guangdong. Seit März 2008 ist Zhang Stellvertretender Ministerpräsident.

Politische Leistung als Machthaber in Guangdong

Als sich Anfang 2008 die Gerüchte verbreiteten, dass Zhang Dejiang vom Politbüro als Kandidat des Stellvertretenden Ministerpräsidenten genannt wurde, kursierten im Internet mehrere offene Briefe gegen Zhang. Der in China bekannte Schriftsteller Zhu Jianguo aus der Stadt Shenzhen in der Provinz Guangdong schrieb an den Volkskongress und forderte ihn auf, die Ernennung von Zhang als Stellvertretenden Ministerpräsidenten zurückzuweisen. In verschiedenen offenen Briefen wurde Zhang in seiner Funktion als Parteisekretär der Provinz Guangdong als unfähig, diktatorisch und hart kritisiert.

Vertuschung der SARS-Epidemie

Schon im April 2003 gab es deutliche Stimmen in Chinas Internet, die Zhangs Bestrafung und Absetzung forderten. Der Auslöser war sein mangelhaftes Krisenmanagement der SARS-Epidemie. Im November 2002 tauchte SARS zuerst in der Provinz Guangdong auf. Den Kritikern zufolge soll Zhang als damaliger Parteisekretär der Provinz Guangdong direkt für die Blockierung der Informationen und Vertuschung der tatsächlichen Situation beim Ausbruch der Epidemie verantwortlich gewesen sein. Dieses Vertuschen verhinderte, die Verbreitung der Epidemie rechtzeitig unter Kontrolle zu bringen.

Erst als die Epidemie im Januar 2003 in großem Umfang in der Provinz Guangdong ausgebrochen und die Situation nicht mehr völlig zu verstecken war, legte das von Zhang geführte Parteikomitee dem Politbüro in Peking einen Bericht vor. In diesem Bericht wurde jedoch die Zahl der Angesteckten um mindestens die Hälfte reduziert. Zhang schlug sogar der Zentralregierung vor, die Informationen weiter zu blockieren, um gesellschaftliche Unruhen zu vermeiden und einen möglichen politischen Angriff der internationalen Gemeinschaft auszuschließen.

„Die Situation in der Provinz Guangdong ist bereits unter Kontrolle“ war die ständige Rede des Parteisekretärs Zhang Dejiang in jener Zeit.

Zhang bringt Journalisten von Southern Metro Daily ins Gefängnis

Im März 2003 jedoch wies die in China als kritisch geltende Zeitung Southern Metro Daily in Interviews mit dem Gesundheitsminister und dem Arzt Zhong Nanshan darauf hin, dass die Situation der SARS-Epidemie in der Provinz Guangdong noch nicht unter Kontrolle sei. Weiterhin zitierte die Zeitung die Rede des Ministers, dass die Transparenz der Information gegenüber der Bevölkerung erhöht werden solle.

Informanten zufolge war Zhang Dejiang wütend über diesen Bericht und gab sofort die Anweisung, den Verlag Southern Metro zu „behandeln“. Daraufhin wurden der Chefredakteur Chen Yizhong und der stellvertretende Chefredakteur von Southern Metro Daily, Yu Huafeng, festgenommen. Später wurde Yu Huafeng zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, Chen wurde aufgrund des Drucks der Öffentlichkeit freigelassen.

Zhang wurde wegen diesem Fall sogar von seinem Vorgänger Ren Zhongyi, dem früheren Parteisekretär der Provinz Guangdong, offen angesprochen. Dieser meinte, die Bestrafung von Yu sei ungerecht. Ren wünschte, dass Zhang den Fehler korrigieren sollte. Das tat er jedoch nicht.

Zhang ist mitschuldig an der Verfolgung von Falun Gong

Als Zhang 2005 Australien besuchte, wurde ihm am 8. November ins Hilton Hotel von Sydney eine Gerichtsvorladung wegen des Verdachts von Folter-Verbrechen im Zusammenhang mit der Teilnahme an der Verfolgung von Falun Gong zugestellt. Die Situation war für Zhang unerwartet, weil er nur an der Guangdong-Australien-Wirtschaftskonferenz teilnehmen wollte.

Als ihm die Vorladung ausgehändigt wurde, rief die chinesische Botschafterin in Australien, Fu Ying, welche dicht bei ihm stand: „Nimm das nicht an!“, wobei sie Zhang das Schriftstück aus der Hand schlug. Die Vorladung fiel vor Zhang auf den Tisch. Es entstand eine chaotische Situation und viele Zuschauer wurden auf die Szene aufmerksam. Reporter machten Aufnahmen davon. Der peinlichste Moment für den ehemaligen Parteisekretär der Provinz Guangdong.

Die Vorladung kam durch die Anzeige der nach Australien geflüchteten Falun Gong-Praktizierenden Xie Yan zustande, die sich auf den Posten Zhang Dejiangs als Parteisekretär der Provinz Gaungdong bezog. Als dem mächtigsten Mann in der Provinz Guangdong wurde Zhang vorgeworfen, für die Taten des gesamten Parteiorgans einschließlich der Arbeitslager und Gefängnisse der Provinz verantwortlich zu sein. Er hätte mittelbar und unmittelbar der Polizei und anderen Sicherheitsbehörden in der Provinz Guangdong befohlen, angeordnet und beauftragt, die Anzeigenstellerin und andere Falun Gong-Praktizierende körperlich zu misshandeln und zu foltern. Die Vorladung wurde von dem Obersten Gericht in Neu Süd-Wales ausgestellt.

Seit dem Beginn der Verfolgung von Falun Gong im Jahr 1999 betonte Zhang immer wieder in öffentlichen Reden, die Verfolgungspolitik gegen Falun Gong sei hart durchzusetzen. In Guangdong wird Falun Gong noch heute schwer verfolgt. Schon bald nach seinem Amtsantritt starben mindestens 33 Falun Gong-Praktizierende, deren Tod bestätigt ist, die tatsächliche Anzahl der zu Tode Gefolterten ist jedoch unbekannt.

Außerdem wird Zhang vorgeworfen, im Juli 2005 für die gewaltsame Niederschlagung der friedlichen Wahl in dem Dorf Taishi verantwortlich gewesen zu sein. Und ebenfalls für die anschließende Festnahme der Dorfeinwohner, der Medienvertreter und der Rechtsanwälte, die die Dorfeinwohner vertreten hatten.

Die blutige Niederschlagung der Proteste in der Stadt Shanwei sei auch von Zhang unmittelbar angeordnet worden, so die Kritiker. Es gab mindestens drei Tote zu beklagen.

Zweifelsohne zählt Zhang zu den sehr umstrittenen Personen als diktatorischer Parteifunktionär und Menschenrechtsverletzer.



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