Autokauf in China – Traum oder Albtraum?
„Ich würde lieber sterben, als jetzt noch Produkte von VW zu kaufen. Eine Betrugsmarke!“ so zitierte Handelsblatt.com am 24. April im Artikel „Blogger beschimpfen VW in China“ eine Beschwerde aus einem chinesischen Mikroblog. Dabei ging es um eine mögliche Schwachstelle in einigen VW-Modellen, deren Getriebe unter bestimmten Umständen klemmen könnten. Das möglicherweise nicht vorhandene technische Problem wurde in China jedoch schnell als Verletzung des nationalen Bewusstseins empfunden. So soll ein Blogger geschrieben haben: „Wenn wir Chinesen so viel Geld für deren Autos ausgeben, verdienen wir dann nicht ein kleines bisschen fairen Respekt?“.
Tatsache ist, in den Augen von Deutschen sind die Chinesen bezüglich ihres Autos oft überempfindlich. Dies zeigte beispielsweise ein bekannter Fall aus dem Jahr 2000. Dabei ließ ein wütender chinesischer Autobesitzer seinen Mercedes-Benz von fünf Männern mit Hämmern zertrümmern, um seine Unzufriedenheit bezüglich technischer Defekte zum Ausdruck zu bringen. Nach Berichten von edu.gongchang.com habe Mercedes-Benz dazu geäußert: „Eine extreme und unnötige Handlung!“.
Natürlich spielen unprofessionelle Werkstätten und mangelhafte Beratungen bei den Händlern in China eine Rolle, wenn die Autobesitzer beim Auftauchen technischer Probleme leicht verärgert sind. Ein viel wichtigerer Grund ist jedoch, dass mancher in China die Ersparnisse mehrerer Jahre in ein Auto investiert. Der Autokauf bedeutet für viele Chinesen einen Meilenstein im Leben.
Ein Auto ist ein vergleichsweise teures Produkt in China. Ein Passat der Joint-Venture Company Shanghai VW, der einer Statistik von Chooseauto.com.cn zufolge im April 2012 das am drittbesten verkaufte Auto auf dem chinesischen Markt ist, kann beispielsweise bis zu 320.000 Yuan (etwa 40.000 Euro) kosten. Nach Angaben des statistischen Amtes in China beträgt der Medianwert des durchschnittlichen Jahreseinkommens im Jahr 2011 für einen Stadtbewohner 19.118 Yuan (etwa 2.300 Euro) und für einen Dorfbewohner 6.194 Yuan (etwa 770 Euro). Das heißt, um sich dieses Auto leisten zu können, müsste ein Stadtbewohner in China durchschnittlich knapp 14 Jahre sparen und ein Dorfbewohner mehr als 41 Jahre.
Inzwischen setzen viele jungen Menschen in China für die Gründung einer Familie voraus, dass ein Haus und ein Auto vorhanden sein müssen. Es ist offensichtlich, dass sich die Menschen in China dadurch unter Druck gesetzt fühlen. Wenn beispielsweise im Mikroblog Tengxun (1.t.qq.com), einem der vier größten Mikroblogs in China, „Autokauf“ als Suchbegriff eingegeben wird, kann man zahlreiche Beschwerden finden.
Luoyu schrieb: „Viele Menschen machen sich direkt nach dem Studium schon Sorgen um den Kauf von Haus und Auto, weil sie damit eine Familie gründen können.“ Nuoyan beschwerte sich: „Warum sind es meistens die Mädels, die ein iPhone besitzen? Weil sich die Männer das nicht leisten können! Die Männer müssen Geld für Haus, Auto und das iPhone ihrer Frau sparen […]. Die Gesellschaft übt einen zu großen Druck auf die Männer aus!“ Ein Blogger beschwerte sich auf bbs.tiexue.net: „Manche meinen, […] du bist arm, dann sollst du auf dem Dorf bleiben und nicht in einer Stadt rumhängen […]. Dann heirate ich nicht. Kein Haus, kein Auto, keine Familie.“
Aber Geld allein reicht an manchen Orten in China nicht, um ein Auto zu kaufen. In Peking beispielsweise darf nicht jeder ein Auto kaufen. Die Regelungen sind so kompliziert, dass sich viele Pekinger im Internet über ihre Erfahrungen beim Autokauf austauschen. Nach Erklärungen von wenwer.soso.com müsse man zuerst drei Bedingungen erfüllen, dann erst hat man das Recht, sich an einer Lotterie für das „Autokaufrecht“ zu beteiligen. Diese drei Bedingungen sind: Erstens, man muss in Peking angemeldet sein oder mindestens fünf Jahre lang kontinuierlich in Peking Sozialversicherung und Einkommensteuer bezahlt haben. Zweitens, unter dem Namen ist kein privates Auto in Peking angemeldet. Drittens, man hat einen Führerschein.
Wie wahrscheinlich ist es, dass man dann durch die Lotterie das „Autokaufrecht“ bekommt? Nach Berichten von news.bitauto.com betrage die Wahrscheinlichkeit im Februar 2012 1:45,9. Im März sei die Wahrscheinlichkeit noch einmal gesunken und betrage nach Informationen von auto.sohu.com nur noch 1:47,9.
Nach langem Sparen, mit viel Glück und vielleicht auch der Vorfreude auf die Gründung einer Familie kauft ein Chinese ein Auto. Wenn die Qualität des Autos nicht stimmt, ist er natürlich sauer. Auf der vor kurzem abgeschlossenen Autoausstellung in Peking wurde ein luxuriöser Wohnwagen* für stolze 80 Millionen Yuan (etwa 10 Millionen Euro) gezeigt. Es löste Diskussionen im Internet in China aus, ob man ein Haus oder doch lieber direkt ein solches Auto kaufen sollte. Einer kommentierte dieses Thema auf bbs.tiexue.net: „Mit 80 Millionen sollte man am besten direkt in die USA oder nach Kanada auswandern!“
(* es handelt sich um ein gepanzertes Expeditionsfahrzeug der deutschen Firma Unicat. Die Red.)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion