18 Jahre berichtete er aus China: Was ein US-Reporter erzählt
Reportagen über Tibet, Krebsdörfer und entführte Kinder waren sein Metier: Nach 18 Jahren in China erhielt Journalist Paul Mooney kein Visum mehr. Im Gespräch mit der EPOCH TIMES gab der preisgekrönte Reuters-Korrespondent tiefe Einblicke hinter die Fassade der kommunistischen Diktatur – in ein China, das er selbst erlebte.
Mooney ist einer jener Journalisten, die in Folge von Chinas verstärkter Medienzensur im vergangenen Jahr aus dem Land geschubst wurden. Von 1994 bis 2012 hatte der US-Amerikaner in Peking gelebt und gearbeitet. Als er 2013 sein Visum verlängern lassen wollte, ließ man ihn acht Monate warten und bestellte ihn dann zum Interview in die Botschaft von San Francisco. Wie denn seine Einstellung zu Tibet, dem Dalai Lama und zu Menschenrechts-Befürwortern sei, wollte man wissen. „Für China keine Bedrohung“, antwortete er. Falls er ein Visum haben wolle, müsse er „objektiver berichten“, mahnte der Beamte. „Eine unverhohlene Drohung”, so Mooney.
Warum „anti-China“ eigentlich „pro-China“ ist
„Ich bin sehr auf Menschenrechte und soziale Ungerechtigkeit fokussiert. Ich glaube, die Regierung war mit meinen Reportagen nicht glücklich.” Das Vorurteil, kritische Reporter seien automatisch „anti-China“ kommt nicht nur von der Kommunistischen Partei (KP), sondern auch öfter von Westlern, so Mooney. „Ich bin in der Tat sehr pro-chinesisch. Keiner von meinen Interviewpartnern hat mich je ‘anti-chinesisch‘ genannt … Ich habe denen eine Stimme gegeben, die keine Stimme hatten. Mit vielen Menschen, über die ich geschrieben habe, bin ich sogar online in Kontakt geblieben. Diese Leute haben keine Hoffnung. Allein der Fakt, dass ihnen jemand Aufmerksamkeit schenkt, bedeutet eine Menge für sie.”
Teenager als Sklaven verkauft
Eine seiner Reportagen handelte von Jungen, die entführt wurden und zur Sklavenarbeit in illegalen Ziegelbrennereien gezwungen wurden.
„Vor ein paar Jahren verschwanden auf einmal jede Menge Teenager. Sie kamen aus der Provinz Henan und waren in der Provinzhauptstadt Zhengzhou auf Jobsuche. Also war ich mit einer Gruppe von neun Eltern eine Woche unterwegs und begleitet sie zu diesen gottverlassenen Orten, wo sie nach ihren Kindern suchten. Es war unglaublich deprimierend. Sie weinten die ganze Zeit.”
Ein paar chinesische Reporter berichteten solche Vorfälle für kurze Zeit, dann las man nichts mehr davon, so Mooney. „Die Menschen, die ich traf, setzten Hoffnungen in mich. Meiner Erfahrung nach kommt von der Regierung kaum eine Reaktion. Ein Vater erzählte, dass die Polizei nichts unternommen hätte, um die Kinder zu finden.”
Ein Junge, dem die Flucht aus einer Ziegelfabrik gelungen war, suchte im Arbeitsamt Hilfe – nur, um dort von einem Beamten an die Fabrik zurück verkauft zu werden. Der gleiche Beamte verkaufte ihn sogar noch einmal an eine anderer Fabrik – für 600 Yuan (72 Euro).
Die Tragik der Krebsdörfer
„Über Krebsdörfer habe ich auch berichtet. Ich ging zu einem Dorf in der Provinz Hunan, wo eine Fabrik für Batterien war. Viele Leute waren krank geworden, weshalb die Regierung Ärzte hinschickte. Als sie bei 1.000 Personen Kadmium im Blut fanden, stoppten sie sämtliche Untersuchungen.
„Die Fabrik hatte überhaupt keine Ausrüstung, um den Müll zu entsorgen. Die Batterie-Industrie produziert Schwermetalle. Also schmierte man die örtlichen Beamten für Umweltzertifikate – eine Zusammenarbeit zwischen Behörden und ansässigen Gangs. Das Abwasser wurde in den Fluss gepumpt.” So wurden Trinkwasser, Reis und landwirtschaftliche Erzeugnisse vergiftet.
„Ein achtjähriges Mädchen starb an Kadmium-Vergiftung. Ihre 80-jährige Großmutter fiel weinend auf die Knie, als sie es erfuhr und auch die Mutter. Als die Beiden sahen, dass ich auch weinte, waren sie für einen Moment erschrocken – und weinten noch lauter. Es war herzzerreißend.” Der Vater hatte in den Versuch, das Leben seiner Tochter zu retten 90,000 Yuan (10.860 Euro) investiert. Und der Rest des Dorfes war derart eingeschüchtert, dass niemand auch nur wagte, mit Mooney zu reden. „Ich berichtete, weil ich hoffte, die Regierung würde die Leute entschädigen.”
In Südchina gibt es laut Mooney rund 400 Krebsdörfer, deren Flüsse mit Schwermetallen vergiftet sind. Gegenmaßnahmen der KP hat er nicht beobachtet. „Es wird viel geredet und nicht gehandelt. Die Regierung hält zu den lokalen Firmen und den Beamten vor Ort, ihnen geht’s ums Geld. Der Ruf der Partei ist viel wichtiger als das Wohlergehen des Volkes. Im Endeffekt zahlen die Chinesen für all das den Preis.”
„Für Menschen unvorstellbar“
Mooneys Interesse für China begann in den 70er-Jahren. Wie viele Amerikaner seiner Generation faszinierte ihn der chinesische Kommunismus. Das änderte sich jedoch: „Aus menschlicher Sicht ist das Verhalten der KP weder vorstellbar noch verständlich”, sagt er heute. Natürlich wird so mancher seiner Aussage nicht zustimmen. „Ich denke, eine Menge Leute – Chinesen und Westler – lassen sich von der Propaganda einseifen. Vieles davon ist so positiv, das wahre Bild Chinas bekommst du niemals zu sehen.”
Nach Mooneys Ansicht hat der Kommunismus den Chinesen weit mehr Leid gebracht, als die Japaner. „360.000 Kinder erkrankten durch Melamin-verseuchte Babynahrung. Die Story wurde blockiert, weil das Regime, um sein Gesicht zu wahren, vor den Olympischen Spielen keine schlechten Nachrichten erlaubte.”
Zukunftsprognose düster
Ein ähnliches Beispiel: „Eine chinesische Journalisten wollte Sicherheitsmängel bei Hochgeschwindigkeitszügen enthüllen – und wurde daran gehindert. Ein Jahr später kam es zu einem schweren Unfall. Anstatt ihr Gesicht zu verlieren, akzeptiert diese Regierung lieber, dass Menschen verletzt, vergiftet oder getötet werden.” Auch die Zukunft sieht Mooney düster: „Lungenkrebs entwickelt sich wegen der schweren Luftverschmutzung gerade zu einem riesigen Problem. Von außen sieht es nach moderner Gesellschaft aus, in Wirklichkeit ist das alles Fassade.”
Er glaubt persönlich nicht daran, dass sich in absehbarer Zeit etwas ändern wird. „Die Kommunistische Partei ist wirklich hinterhältig und rücksichtslos. Solange sie ihre Macht nicht ernsthafte bedroht sieht, wird sie in Bezug auf die gesellschaftlichen Probleme nichts unternehmen. Also vermute ich, dass alles noch viel schlimmer werden wird, bevor die Regierung reagiert und Probleme angegangen werden. Ich sehe keine Hoffnung.”
Druck auf ausländische Journalisten
Ein Bericht im „Business Insider“ zeigte, dass die KP nach den Olympischen Spielen von 2008 ausländische Journalisten deutlich schlechter behandelte. Der Druck, die Welt zufriedenzustellen war nicht mehr da. Noch nie habe er so viele ausländische Reporter auf Visa warten gesehen, meint Mooney. Und auch auf der Karte, die Reporter ohne Grenzen vor kurzem zur Weltpressefreiheit veröffentlichte, ist China ein pechschwarzes Land.
Die Situation für die ausländischen Journalisten wird sich in China nicht verändern, solange kein Druck aus den betroffenen Ländern kommt, meint Mooney. Aus Angst, Wirtschaftschancen zu verlieren, traut sich der Rest der Welt nicht, Druck auszuüben. Dass China das Ausland selbst dringend braucht, werde oft übersehen. „Wie wär´s wenn die US-Regierung zur Abwechslung mal chinesischen Korrespondenten die Visa verweigern würde?“, schlägt er vor. „Ich wette, innerhalb von zwei Wochen würden sie uns wieder welche ausstellen.“
„Mein größter Respekt gilt den chinesischen Reportern, die versuchen, Unerwünschtes ans Tageslicht zu bringen“, so Mooney. Für sie großes Risiko – Jobverlust, manchmal Gefängnis. „In die KP setze ich keine Hoffnung – aber in diese Reporter.”
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