Milliardenbetrug, Erpressung und ein mysteriöser Ferrari-Unfall: Das waren Ling Jihua´s „4 Fehler“
Neue Details zu einem spektakulären Korruptionsfall in China: Es geht um veruntreute Milliarden, politische Erpressung und einen mysteriösen „Ferrari-Unfall“.
Zheng Ming, ein regimekritisches Hongkonger Magazin, enthüllte in seiner Januar-Ausgabe ausführliche Informationen über den einstigen Sekretär Hu Jintaos. Ling Jihua , der Mann, der „nur“ Sekretär des chinesischen Ex-Staatschefs war, ist Kopf eines korrupten Familienclans. Ähnlich wie der gefallene Stasi-Chef und Öl-Pate, Zhou Yongkang, veruntreute auch Ling Milliarden mit Hilfe seiner Angehörigen.
Besonders pikant ist der Fall Ling, da auch Erpressung zwischen Chinas verfeindeten politischen Lagern darin vorkommt: Lings Sohn kam bei einem mysteriösen „Ferrari-Unfall“ im Jahr 2012 ums Leben. Danach wechselte Ling, der eigentlich auf der gemäßigten Seite von Hu Jintao und Wen Jiabao stand, das Lager und begann mit der berüchtigten Jiang Zemin-Bande zu kooperieren, was letztendlich zu seinem Sturz führte. Chinas amtierender Staatschef Xi Jinping zeigt mit Lings Verhaftung, dass er seine harte Linie auch gegenüber Personen durchzieht, die eigentlich mal seine Verbündeten waren …
Der Korruptionsfall Ling
Am 22. Dezember 2014 wurde Ling Jihua verhaftet und Untersuchungen gegen ihn eingeleitet. Aktuell war er „Vereinigungsminister“ und Vize-Präsident von Chinas „Politischer Konsultativkonferenz“. Ling war nicht das einzige Opfer der Korruptionsjäger: Auch seine Frau, Verwandte und Geschwister wurden festgenommen und ihre Vermögen vom Staat eingefroren – insgesamt 83,7 Milliarden Yuan (10,46 Milliarden Euro). Rund 4,5 Milliarden US-Dollar des Familienvermögens waren bereits ins Ausland verschoben worden.
Tätig war der geschäftstüchtige Clan in der Immobilienbranche, in Bergbau und Verkehr, sowie in Sachen Internetsicherheit und in der Werbung. Als Anbieter von Sicherheits- und Überwachungssystemen, statteten die Lings durch eine ihnen hörige Firma das Pekinger Olympiastadion, den Flughafen und das Nationalmuseum aus. Seinem jüngsten Bruder schacherte Ling außerdem interessante Investment-Deals zu: Mehrfach machte Ling Wancheng Millionen, indem er in Firmen investierte, die zufällig kurz darauf an die Börse gingen und ihren Wert vervielfachten. Eine beliebte Investment-Strategie chinesischer Funktionäre.
Ling selbst hatte bei Geheimverhören, die bereits letztes Jahr im Oktober mit ihm stattfanden, die Existenz von 12 privaten Bankkonten zugegeben. Unter Pseudonym hatte er bei fünf verschiedenen Banken rund 8,2 Millionen Yuan gehortet (1,03 Millionen Euro). Auch besaß er in fünf chinesischen Metropolen je eine Villa.
Sechs LKWs voll Gold und Antiquitäten
Auch Lings Brüder waren in den Fall involviert: Wie die Hongkonger Tageszeitung Apple Daily berichtete, verriet Lings jüngster Bruder den Ermittlern den geheimen Ort, an dem Ling seine Schätze gelagert hatte. Insgesamt wurden sechs LKW-Ladungen Gold, Antiquitäten, Kunstschätze und Gemälde sichergestellt. Gegen einen älteren Bruder Lings war schon im Juni ermittelt worden.
Auch Lings Frau hatte es faustdick hinter den Ohren: Sie leitete seit 2010 eine Stiftung, die vordergründig gemeinnützigen Zwecken diente, in Wahrheit aber lukrative Immobiliengeschäfte in ganz China abwickelte. Allein in Shanghai setzte sie über 3 Milliarden Yuan mit Immobilien um. Vor 2010 hatte sie mit einem Eisenbahnprojekt 4 Milliarden Yuan verdient, das sie mit freundlicher Unterstützung von Eisenbahnminister, Liu Zhijun, erhalten hatte (der 2013 auf Bewährung zum Tode verurteilt wurde).
Am 24. Dezember wurde Lings Frau in der Hafenstadt Qingdao verhaftet. Sie war bereits mit ihrem japanischen Reisepass unterwegs nach Japan, wo sie zwei Villen besitzt.
Das war Lings KP-Traumkarriere
Ling Jihua wurde 1956 als Sohn eines KP-Funktionärs geboren. Seit 1999 war er in der KP-Zentralverwaltung tätig. Als Hu Jintao 2002 Chinas Staatschef wurde, wurde er dessen Büroleiter und wichtigster Sekretär, der viele Befehle weitergab. 2007 übernahm Ling die Leitung der KP-Zentralverwaltung und saß somit am Knotenpunkt, der alle Organe der KP verband und informierte. Da Hu Jintao so großes Vertrauen in ihn hatte, stieg er noch weiter auf und wurde 2012 „Vereinigungsminister“. (Der Vereinigungsminister hat die Aufgabe, kommunistische Ideologie im Ausland zu promoten und die Welt unter der Fahne des Kommunismus zu „vereinigen“.)
Obwohl man damit rechnete, dass Lings Traumkarriere nach Xi Jinpings Amtsantritt im November 2013 noch weitergehen würde, kam es anders:
Der „Ferrari-Unfall“ und die Folgen
Am 18. März 2012 prallte ein Ferrari in Peking gegen eine Mauer, in dem Ling Jihuas Sohn gesessen hatte. Ling Gu, 26, wurde aus dem Auto geschleudert und starb. Zwei junge Damen, die er dabei hatte, wurden lebensgefährlich verletzt. Über den Unfallhergang gibt es die wildesten Spekulationen,
Anfang 2014 zitierte ein Hongkonger Magazin hochrangige chinesische Insider, die den Vorfall „politischen Mord“ nannten. Ein amtliches Ermittlungsergebnis gibt es bis jetzt nicht, alle Fotos und Dokumente wurden für die Öffentlichkeit gesperrt.
Beobachter vermuten, dass es sich um einen Racheakt der Jiang-Bande für den Sturz Bo Xilais handelte, denn der Ferrari-Unfall geschah kurz nach der offiziellen Entlassung Bo Xilais als KP-Chef von Chongqing, der am 15. März verkündet worden war.
Ling Jihua hatte als erster Sekretär Hu Jintaos beim Sturz von Bo stark mitgewirkt. Am 9. April 2012 war er einer der drei, die Bo in der Volkskongresshalle in Peking mitteilten, dass ihm die Mitgliedschaft in der KP-Zentralkomission entzogen würde und die ihn gleich darauf an die Disziplinarkontroll-Abteilung übergaben. Außer Ling waren dies nur der Chef der Disziplinar-Abteilung und der Chef der KP-Personalkomission. Er hatte also offenbar eine sehr wichtige Rolle im Fall Bo gespielt.
Ling mobilisierte die Präsidenten-Garde
Wie kam es, dass der Ferrari-Unfall seine Karriere wendete? Ling hatte im Schock nach dem dramatischen Tod seines Sohnes gegen heilige KP-Regeln verstoßen: Er war noch am Abend des 18. März mit der Schutztruppe der KP-Zentrale an der Unfallstelle aufmarschiert und hatte das von der Polizei gesperrte Gebiet mit der Truppe umstellt, um die Leiche seines Sohnes sicherzustellen. Diese Spezialeinheit des Militärs ist in Zhongnanhai stationiert und dient normalerweise nur als Bodyguards der allerhöchsten Führer. Dass Ling es wagte, die Präsidenten-Garde zu mobilisieren, die allein sein Chef hätte bewegen dürfen, war ein unverzeihlicher Fehler.
Geheimer Deal mit Stasi-Chef Zhou
Zhou Yongkang, (damals noch Stasi-Chef und mittlerweile selbst im Gefängnis) erfuhr davon. Der Big Boss der Inneren Sicherheit erpresste Ling daraufhin, um ihn für seine Ziele einzuspannen. In einem Geheimgespräch eröffnete er ihm, dass nicht nur der Einsatz der Schutztruppe ein Fehler war, sondern er auch detaillierte Unterlagen über die korrupten Machenschaften seiner Familie in der Hand habe. Speziell über Letzteres soll Ling schockiert gewesen sein, weil er wusste, dass eine Veröffentlichung der Akten seine ganze Sippe ins Gefängnis bringen konnte.
Die beiden machten einen Deal: Zhou würde die Korruptheit der Familie Ling sowie den Truppeneinsatz nicht verraten, mit dem Preis, dass Ling darauf hinwirken würde, dass die Korruptionsuntersuchungen im Fall Bo Xilai nur auf Bo beschränkt blieben. Zhou Yongkang war selbst gemeinsam mit Chinas Ex-Staatschef Jiang Zemin ein Hintermann Bo Xilais. Die drei hatten nichts geringeres als einen Putsch gegen Chinas damals amtierenden Staatschef Hu Jintao und seinen Nachfolger Xi Jinping geplant – also viel zu verlieren.
Später verriet jedoch ein anderer Stasi-Mann den Truppeneinsatz an Hu und Wen. Der Präsident und sein Premier waren entsetzt und verdächtigten auch Ling der Putschabsicht.
Geheimer Herren-Club gab ihm den Rest
Alles in allem machte Ling 4 Fehler: Den Truppeneinsatz, den Geheimdeal mit Zhou und die illegalen Geschäfte seiner Familie. Der Rest des Vertrauens war jedoch dahin, als herauskam, dass er auch Kopf einer Geheimgesellschaft war, in der sich Pekinger Regierungsmitglieder aus der Provinz Shanxi vereint hatten. Die Mitglieder des „Xishan-Clubs“ trafen sich regelmäßig ohne Handys und Ehefrauen in wechselnden Luxushotels. Was für Pläne sie dabei schmiedeten ist unbekannt – Hu Jintao und Xi Jinping sahen in dem Club der Shanxier eine potentielle Machtbedrohung.
Bis heute betont Xi Jinping gerne, dass man „innerhalb der Partei keinen kleinen Kreis“ bilden sollte …
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