No Man‘s Land – China im brutalen Western-Stil – aber genial

Titelbild
'Wu Ren Qu' (No Man's Land) aus China bei der Berlinale. Regisseur Ning Hao (2. v.l.) (v. l.n.r.) Xu Zheng, Yu Nan und Huang Bo.Foto: PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images
Von 14. Februar 2014

Was der Held des chinesischen Filmes Wu Ren Qu – No Man‘s Land als „eine Geschichte über Tiere“ ankündigt, entwickelt sich in der felsenreichen Xinjiang-Sandwüste natürlich zu einer Geschichte über Menschen, deren Gier nach Ruhm und Reichtum keine Grenzen der Brutalität kennt. Der Besitz und der erhoffte illegale Verkauf zweier Falken an reiche Ölscheichs ist der fast absurde Dreh- und Angelpunkt für den Fortlauf der Geschichte.

Mit einer gewaltigen Bildersprache, mit unglaublicher Lautstärke und großartigen Schauspielern zeigte der Regisseur Ning Hao im Wettbewerb auf der Berlinale ein chinesisches Wüstendrama in Stil des Italo Western. Wer gehofft hatte, dass wenigstens die Weite der Landschaft zwischendurch eine seelische Entlastung bieten würde, sah sich enttäuscht. Einige Zuschauer verließen den Saal mittendrin. Laut, robust, selbstsüchtig, hinterhältig, berechnend und zunehmend brutal entwickelte sich die Story zwischen drei Männern und einer Frau und wenigen Randfiguren.

Was macht die Geschichte für Westler so chinesisch trotz der Anlehnung an den Italo-Western? Das waren die – zugegeben sehr knappen – Dialoge. Die wiederholte Frage „warum?“, die Aussagen, vielleicht doch ein guter Mensch zu sein, die versteckte Sehnsucht, sogar ein Freund zu sein. Diese auch im Dreck und in der Nähe des Todes noch getroffenen fast philosophischen Feststellungen und Dispute. Die Entschlusskraft, sich sogar zu opfern für einen anderen, um das letzte Restchen menschlicher Würde zu erhalten – zum Unterschied vom Tier. Das alles war fein chinesisch und sehr sophisticated komponiert.    

Verpackt in einen etwas zu langen Film mit zu vielen Zusammenstößen von Autos, aber auch diese waren gut gemacht. Die Explosionen der brennenden Laster waren offensichtlich genau auf die Herzfrequenz abgestimmt, denn sie schlugen – wumm – genau im Brustraum der Zuschauer ein.

Aufatmend klatschte das Publikum, als der „Held“ des Filmes, ein junger ehrgeiziger Rechtsanwalt, sich schließlich auf ein Pferd schwingen kann – niemand versteht, wo das Tier  plötzlich herkam – und vor der untergehenden Sonne durch die Wüste reitet, um eine junge Frau zu retten. Das gelingt ihm auch unter Aufopferung des eigenen Lebens. Diese Bilder waren von ebenso märchenhaftem wie hoffnungsfrohem Zauber, wie der Flug der beiden Falken unter dem blauen Himmel, die in den Wirren der Kämpfe ihre Freiheit wiedererlangt hatten.

Der Schluss sei nicht verraten, nur so viel: ganz viel Geld verbrennt und die junge Frau überlebt und arbeitet schließlich in einer Tanzschule für kleine Mädchen. Im Abspann des Filmes hat der sehnsuchtsvolle Klang der chinesischen Flöte eine zu Tränen rührende und doch aufblühende Kraft des Weiblichen. Die Hoffnung in einer skrupellosen Gesellschaft?        



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