China in einem politischen Wandel
Seit der Absetzung des Spitzenpolitikers Bo Xilai Mitte März tobt ein politischer Wirbelsturm durch China. Während Gerüchte über einen Putschversuch von Zhou Yongkang, die Sichtung von Militärfahrzeugen in Peking, den komatösen Zustand von Expräsident Jiang Zemin und seiner daraus resultierenden Unfähigkeit, in den Machtkampf einzugreifen, in chinesischen Blogs hochkochten, schwiegen die hochrangigen Politiker der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh). Obwohl keiner genau weiß, was hinter den Mauern von Zhongnanhai, dem Regierungssitz in Peking, geschieht, deuten die Fakten immer klarer auf einen politischen Wandel in China hin. China, der größte Absatzmarkt für die deutsche Automobilbranche und wichtiger Handelspartner für eine Vielzahl weiterer Import- und Exportgüter, befindet sich im Moment in einer kritischen Phase.
CCTV, der wichtigste Fernsehsender der KPCh, legt einen Tag ohne Politiker ein
Möglicherweise ist CCTV, der sonst nicht sonderlich beliebte Fernsehsender der KPCh, der Einzige, der von diesem spannenden Machtkampf der KPCh profitiert. Die Einschaltquote der Nachrichten von CCTV ist seit der Absetzung von Bo Xilai stark gestiegen. Nicht weil die Chinesen sich auf einmal für die Bilder des Händeschüttelns und Winkens der hochrangigen Beamten der KPCh interessieren, sondern, weil sie wissen wollen, wer von diesen Politikern überhaupt noch gezeigt wird.
In China zeigten die 30-minütigen Nachrichten von CCTV in der Primetime – in China genannt „goldene Zeiten“ – immer die herrschende Meinung der KPCh. Da die KPCh nach Außen als zusammengeschweißte Einheit wirken will, kommt der Absturz eines Politikers oder das Auftauchen einer politischen Bewegung für das Volk oft überraschend. Deshalb sind die Chinesen daran gewöhnt, durch das Lesen kleiner Zeichen, insbesondere in der Berichterstattung von CCTV, den tatsächlichen Zustand der Innenpolitik in China zu beurteilen.
Ein typisches Beispiel dafür war die Studentenbewegung im Jahr 1989. Als der damalige Vorsitzende der KPCh Zhao Ziyang, der den Studenten gegenüber Sympathie gezeigt hatte, einen halben Monat lang nicht mehr im CCTV zu sehen war, befürchteten viele Chinesen schon vor dem 4. Juni, an dem dann wirklich das sogenannte Tiananmen-Massaker stattfand, eine harte Maßnahme der KPCh gegen die Studenten.
Diesmal ist Zhou Yongkang, der Generalsekretär des Komitees für Politik und Recht, trotz der Gerüchte über seinen Putschversuch, mehrmals bei CCTV erschienen. Seine Zielscheiben, Hu Jintao, der Staatspräsident und Vorsitzende der KPCh, und Premierminister Wen Jiabao, waren ebenfalls in den Nachrichten aktiv. Aber die Chinesen mussten nicht lange auf ein Zeichen warten. Am 4. April verschwanden zum allerersten Mal alle Politiker von China aus den CCTV-Nachrichten.
Wenn die Katze aus dem Haus ist, tanzen die Mäuse auf dem Tisch?
Vielleicht ist es für CCTV in einem solchen Wirrwarr am einfachsten, stumm zu bleiben. In welche Richtung der Wind sich dreht, scheint unvorhersehbar zu sein. Nach der Absetzung von Bo Xilai wurden viele zuvor streng zensierte Internet-Suchbegriffe wie „Organraub“, „Zhuan Falun“, „Falun Gong“ und „Shen Yun Performing Arts“ kurzfristig in China freigeschaltet. Von der Offenbarung dieser zensierten Informationen sind Expräsident Jiang Zemin, Zhou Yongkang und ihre Anhänger am schwersten betroffen.
Als Staatspräsident Hu Jintao Ende März auf einer Besuchsreise in anderen asiatischen Ländern war, drehte sich der Wind auf einmal. Am 30. März wurden in China wegen der „Verbreitung von Gerüchten“ sechs Personen festgenommen und 16 Webseiten geschlossen. Einen Tag später wurden nach offiziellen Angaben über 1.000 Menschen festgenommen und 70 Internetunternehmen bestraft. Außerdem wurde die Kommentar-Funktion in großen chinesischen Blogs für drei Tage deaktiviert. Dies wurde von The Epoch Times als Gegenschlag der Gruppe von Expräsident Jiang Zemin und Zhou Yongkang eingeschätzt. Für einen Artikel der parteieigenen Pekinger Tageszeitung am 31. März ist keine weitere Interpretation mehr nötig. Der Artikel stellte die Autorität des Parteivorsitzenden, sprich Hu Jintao, in Frage und meinte „der Vorsitzende der KPCh steht nicht über dem zentralen Komitee… eigentlich ist er ‚nur‘ Generalsekretär und damit für die Alltagsaufgaben des Komitees und die Einberufung von Sitzungen zuständig.“
Am 3. April kehrte Hu Jintao wieder nach China zurück und plötzlich war der Suchbegriff „Organraub“ in den vier größten chinesischen Blogs freigeschaltet. Die Chinesen können wieder Kommentare schreiben und äußerten im Internet lautstark ihre Empörung über diese Untaten.
Ein anderer Politiker scheint vorsichtiger zu sein und verlässt Peking nicht mehr so ohne weiteres. Li Keqiang, der im Herbst 2012 Premierminister werden soll, sagte seinen Besuch in Japan für April ab. Es gibt zwar Berichte darüber, dass China über die Äußerung eines japanischen Bürgermeisters bezüglich des Nanjing-Massakers verärgert sei und deshalb den Besuch absage. Aber die Regierung schickt einen anderen hochrangigen Beamten nach Japan. Offensichtlich kann oder will Li Keqiang Peking nicht verlassen. Das ist wahrscheinlich der wahre Grund der Absage.
Für die Gruppe von Jiang Zemin ist die Machterhaltung der rettende Strohhalm
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Für die Gruppe von Jiang Zemin ist die Machterhaltung der rettende Strohhalm
Dieser ganze Machtkampf begann mit der Flucht von Wang Lijun, dem ehemaligen Polizeichef von Chongqing. Er flüchtete Anfang Februar in ein amerikanisches Konsulat und soll dort Beweismetarial über einen bevorstehenden Putschversuch von Zhou Yongkang übergeben haben.
Die Machtgier von Zhou Yongkang und Jiang Zemin ist kein Geheimnis in China. Jiang Zemin kam damals an die Macht, weil er die militärische Unterdrückung der Studentenbewegung im Jahr 1989, am 4. Juni, befürwortet hat. Als er Staatspräsident wurde, fing er im Jahr 1999 an, die friedlichen Falun Gong-Praktizierenden zu verfolgen, von denen es nach inoffiziellen Angaben damals in China etwa 100 Millionen gab, was die Anzahl der Parteimitglieder überstieg. Es kann angenommen werden, dass Jiang Zemin sich durch die Existenz einer so großen Gruppe außerhalb seiner Kontrolle in seiner Macht bedroht sah. Um die enormen Kosten der Verfolgung zu decken, verwendete Jiang Zemin nicht nur ein Viertel des BIP, er ließ sogar die Organe der Falun-Gong Praktizierenden entnehmen und verkaufen.
Nach dem Ende seiner Amtszeit wurde diese Verfolgung durch seine Anhänger wie Zhou Yongkang und Bo Xilai bis heute fortgesetzt. Daher haben Suchbegriffe wie „Falun Gong“ und „Organraub“ bei der Zensur des Internets in China die oberste Priorität. Gegen Zhou Yongkang und Jiang Zemin sind am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag Strafanzeigen wegen Völkermord und Folter eingereicht worden.
Die gesamten chinesischen Justizorgane, sowie die Polizei, stehen unter der Kontrolle von Zhou Yongkang. Nach Angaben von New Epoch Weekly gibt es in China zurzeit etwa 300.000 Volksaufstände pro Jahr und die Hälfte davon hängt mit der Willkür von Vertretern des Rechtssystems zusammen. Von den acht Millionen „langfristigen Querulanten“ beschweren sich 82 Prozent wegen Ungerechtigkeiten des Justizsystems.
Nach Berichten von New Epoch Weekly scheint die Kritik an Zhou Yongkang innerhalb der KPCh sehr heftig zu sein. Qiao Shi, ehemaliges ständiges Mitglied des Politbüros, kritisierte, dass das Komitee für Politik und Recht unter der Führung von Zhou Yongkang bereits ein Unruhefaktor sei und dass dieses Organ alle Bemühungen um eine Reform des Justizsystems zerstört habe.
Wenn Zhou Yongkang innerhalb der KPCh bereits Kritik erntet, dann ist ein Putschversuch, wie die Gerüchte im chinesischen Internet besagen, nicht unwahrscheinlich. Für ihn und seine Gruppe kann ein Verlust an politischer Macht bedeuten, dass sie vor Gericht gestellt würden, was ihnen die Todesstrafe einbringen kann.
China steht am Rande einer neuen Epoche
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China steht am Rande einer neuen Epoche
Nach Analysen von The Epoch Times haben Hu Jintao und Wen Jiabao erst kürzlich, also gegen Ende ihrer Amtszeit, die tatsächliche Unterstützung des Militärs gewonnen und sind deshalb in der Lage, die Macht von Jiang und Zhou herauszufordern. Mit wachsender Macht der liberalen Politiker in China zeigen sich im Volk große Veränderungen.
Am 4. April 2012 fand in China das Qingming Fest statt, ein Tag, an dem der Verstorbenen gedacht wird. Diesmal war zum allerersten Mal das Haus von Zhao Ziyang zugänglich und etwa 200 Menschen kamen um zu trauern. Zhao Ziyang war früher Vorsitzender der KP in China. Weil er gegen die Unterdrückung der Studentenbewegung im Jahr 1989 war, wurde er bis zu seinem Tod unter Hausarrest gestellt.
Die wirtschaftliche Reform in China scheint auch große Fortschritte gemacht zu haben. Am 3. April kritisierte Wen Jiabao, dass die chinesischen Banken durch ihr Monopol zu leicht Profit machen und forderte, dass privates Kapital ins System gebracht werden solle. Kurz danach sind die Schattenbanken der Stadt Wenzhou legalisiert worden.
Sogar das Glück scheint auf der Seite von Hu und Wen zu stehen. Am 5. April berichtete die Zeitung Enshi, dass ein LKW aus der Stadt Chongqing zufällig bei einer Straßenkontrolle aufgehalten worden sei. Der Inhalt der Container habe aus über 10 Tonnen Munition bestanden. Das Ziel dieses Transports soll die Provinz Jilin gewesen sein. Später versuchte diese Zeitung ihre Nachricht wieder zurückzuziehen. Nach Einschätzung von The Epoch Times ist dieser Bericht wahr und passt zur Vermutung, dass Bo Xilai und Zhou Yongkang Kriegsmaterial und sogar eine private Armee besitzen.
Mittlerweile äußern viele Chinesen ihre Vermutung, dass in China ein politischer Wandel unmittelbar bevorsteht und manche meinen sogar, dass sie das Datum kennen: Der 4. Juni.
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