Freier Währungstausch heizt Chinas Kapitalflucht an
Reformen bei Investment, Handel und Verwaltungsrecht – das soll die Freihandelszone in Shanghai bringen. Am 29.September trat sie in Kraft – und mit ihr erstmals die freie Konvertierbarkeit des Yuan. Offenheit und Risikobereitschaft werden die Erfolgsfaktoren des Vorhabens sein. Doch wieviel Veränderungen wagt Chinas Führung in der Boom-Metropole wirklich?
In den vergangenen 30 Jahren ging man bei Chinas Wirtschaftsreformen auf Nummer Sicher und Reformen wurden nur schrittweise und vorsichtig umgesetzt.
Per Freihandelszone mehr erreichen …
Der eigentliche Grund, warum Premierminister Li Keqiang und sein Kabinett auf die Einrichtung der FTZ gedrängt haben, war das Transpazifische Partnerschaftsabkommen (TPP) der USA, vermuten Analysten. “Die Freihandelszone wird eine entscheidende Rolle spielen bei China Beitrittsverhandlungen zum Transpazifischen Partnerschaftsabkommen. Nach einem Beitritt wird die Zone vermutlich Chinas erstes wirtschaftliches Fenster zur Außenwelt sein”, sagt Qi Xiaozhai, ein Wirtschaftsforscher aus Shanghai.
Da es der chinesischen Führung hauptsächlich um den Beitritt zum TPP geht, werden die USA das Shanghaier Pilotprojekt umso kritischer beäugen. Denn mit Chinas gesamten Wirtschaftssystem sind die Shanghaier Reformen kaum kompatibel. Außerdem will die USA mit China heute weit weniger gern zu tun haben, als dies noch in den 80er Jahren der Fall war: Die Kehrseiten des schnellen Wirtschaftswachstums – horrendes soziales Ungleichgewicht und grassierende Korruption – können nicht mehr wegdiskutiert werden.
Mit einer Bevölkerung von 23 Millionen Einwohnern und einem geschätzen Bruttosozialprodukt von rund 365 Milliarden Euro, rangiert Shanghai heute unter den 30 stärksten Wirtschaftsmächten. Könnte Shanghai allein, als selbständiges Wirtschaftssystem mit liberalisiertem Kapitalmarkt, dem Abkommen beitreten? Möglich wäre es. Doch wäre es nur dann wirklich erfolgreich, wenn Shanghai, ähnlich wie Hongkong, komplett von China abgekoppelt würde.Skeptiker weisen darauf hin, dass eine Konvertierbarkeit des Kapitalmarkts zwar schon 1993 von China angekündigt, seitdem aber nie ernsthaft in Angriff genommen wurde.
Uneingelöste Versprechen
Die Freihandelszone Shanghai soll also Pionier in Sachen Währungskonvertierbarkeit und marktorientierter Wechselkurse und Zinssätze sein. Das kommunistische Regime betonte, die Währungsliberalisierung in der Zone würde in China und im Rest der Welt ein positives Wirtschaftsklima fördern.
Als Chinas zwölfter Fünfjahresplan für die Wirtschaft 2011 veröffentlicht wurde, sprach die Regierung von “voller Konvertibilität des Yuan” auf dem Kapitalmarkt bis zum Jahr 2015. Für das Erreichen dieses Zieles wurden keine weiteren Eckdaten gesetzt. Nun sind schon mehr als zweiundhalb Jahre ins Land gezogen und bei der Yuan-Konvertibilität gibt es keinen Fortschritt. Die Reformen in der FTZ sind zwar ein Versuch – doch ihre Ausweitung auf ganz China liegt in weiter Ferne.
Auch falls es der FTZ gelingt, den Yuan innerhalb eines Jahres konvertierbar zu machen, werden weitere Jahre vergehen, bis das Modell auf andere Städte und Regionen übertragen wurde. Innerhalb des zwölften Fünfjahresplans wird dies nicht mehr realisierbar sein.
Kapitalflucht – ein unkalkulierbarer Faktor
Skeptiker befürchten, dass von der Konvertierbarkeit des Yuan in Shanghai vor allem Fluchtkapital profitiert. Korrupten Beamten werden Vermögen legal transferieren können, was Chinas Kapitalflucht-Probleme verschärfen wird. Durch Untergrundkanäle wird Schwarzgeld schon jetzt unbehindert exportiert und importiert. Auch könnten Firmen und Regierungsmitarbeiter innerhalb der Freihandelszone ihre Privilegien für Geschäfte mit chinesischen Firmen außerhalb der Zone missbrauchen. Dies könnte Chinas Wirtschaftswachstum und sogar die Haushaltsstabilität gefährden, falls große Mengen Yuan in die Zone fließen und gleichzeitig große Geldmengen ausländischer Währungen China verlassen.
Würde dieser Zustand einreißen, hätte die chinesische Regierung nur zwei Möglichkeiten: Entweder die Freihandelszone zu schließen und ihr Scheitern zugeben. Oder Shanghai nach dem Vorbild Hongkongs ganz in die finanzielle Unabhängigkeit entlassen. Die erste Lösung ist die Unwahrscheinlichste – wäre sie doch ein Gesichtsverlust für die chinesische Führung. Lösung 2 würde jedoch auf andere Städte und Regionen wie die Einladung wirken, wirtschaftliche und vielleicht sogar politische Unabhängikeit anzustreben. Dann würde es für das Regime richtig gefährlich …
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