China: ARD-Besuch bei Menschenrechtsaktivisten scheiterte
„Schlagt sie tot“, drohten die chinesischen Geheimdienstler den vier Journalisten des deutschen Fernsehsenders ARD mit faustgroßen Steinen in den Händen. Den Journalisten, einem davon der Leiter des ARD-Studios Peking Jochen Gräbert, blieb nur noch die Flucht. Das Treffen in Dongshigu an diesem 24. Januar mit Yuan Weijing, der Ehefrau des prominenten blinden Menschenrechtsaktivisten Chen Guangcheng, war wieder gescheitert. Zuvor war schon ein am 9. Januar anberaumtes Interview wegen massiver Einschüchterung durch die örtlichen Behörden geplatzt. Zusätzlich war der vor Frau Yuans Wohnung aufgestellte sieben Mann starke Polizeikordon auf zeitweise 40 Mann verstärkt worden.
Keine Chance für ein Interview
„Die Personen, die mich überwachten, rempelten die Journalisten an, einer fiel hin“, sagte Yuan Weijing zur Epoch Times. „Einer der Geheimdienstler hatte einen großen Stein in der Hand und wollte ihn auf den Journalisten werfen. Ich warf mich auf den Geheimdienstler, um ihm den Stein abzunehmen“, so die Frau des blinden Menschenrechtsaktivisten weiter. „Ich machte mir große Sorgen um die Sicherheit des Journalisten, er war kaum aufgestanden, als er von den Agenten verjagt wurde“. Laut Yuan hatten die ARD-Journalisten versucht, mit den Geheimdienstmitarbeitern zu sprechen: „Wir sind ausländische Journalisten. Wir wollen Frau Yuan Weijing besuchen. Wir können euch auch noch interviewen“. Doch die Polizei habe das Angebot ignoriert und die deutschen Journalisten verjagt. Yuan wurde schließlich von zwei Männern gepackt und nach Hause gebracht.
Dorfspaziergang mit Geheimdienst im Anhang
In ihrem Dorf Dongshigu laufe gerade eine Rechtsbelehrungskampagne, erzählte Yuan. Dabei werde jede Familie von der Dorfverwaltung aufgeklärt, dass willkürliche, rechtswidrige Einschränkungen der Freiheit verboten seien. Jeder müsse das Gesetz kennen und befolgen, zitiert Yuan die Dorfverwaltung. Sie jedoch wäre sofort nach der Festnahme ihres Manns unter Hausarrest gesetzt worden. „Die Gesetze gelten nichts. Eine Anzeige bei der Polizei wird niemals ernst genommen. Ich bin wiederum nicht kräftig genug, gegen sie zu protestieren. Sie sind alle starke Männer. Es wäre zu gefährlich für mich“.
Normalerweise könne sie sich mit ihrem zweijährigen Kind innerhalb des Dorfes bewegen, nur der Geheimdienst sei immer hinter ihr, sagt Yuan. Am Abend würden die Geheimdienstmitarbeiter vor der Haustür oder im Hof schlafen. „Sie sagten mir, dass es ihnen zu kalt sei und sie deshalb nicht einschlafen könnten. Ich habe ein weiches Herz. Obwohl das was sie tun rechtswidrig ist, haben sie es auch nicht leicht, weil sie für ihr Leben Geld verdienen müssen. Ich habe ihnen deswegen gesagt: ‚Ich schließe meine Haustür zu, ihr könnt in euer Büro gehen und dort schlafen. Ich kann sowieso nicht weglaufen'“, so Yuan Weijing.
Beim Besuch des Ehemanns gehindert
Eigentlich wollte das Team der ARD zusammen mit Yuan und ihrer zweijährigen Tochter deren Ehemann Chen Guangcheng im Gefängnis Linyi besuchen. Doch auch ohne die Journalisten wurde Yuan und ihrer Tochter der Besuch verwehrt. An dem ihr zugestandenen, offiziellen Besuchstag, dem 24. Januar wurden sie nun im vierten Monat in Folge am Besuch gehindert – ohne vom Gefängnispersonal eine Begründung zu bekommen.
Chen Guangfu, der Bruder von Chen Guangcheng konnte ihn an diesem Tag im Gefängnis besuchen und sich mit ihm über 20 Minuten unterhalten. Laut Chen Guangfu befindet sich sein Bruder in einem guten Gesundheitszustand und habe nach der Situation anderer Menschenrechtler gefragt. Schließlich war Chinas bekannter Menschenrechtsanwalt Gao Zhisheng im letzten Herbst verschleppt worden.
Über Chen Guangcheng
Chen Guangcheng aus Linyi, einem Dorf in der Provinz Shandong, hatte sich als Autodidakt juristisches Fachwissen erworben und seine Dorfmitbewohner bei einer Klage gegen die lokale Behörde unterstützt. Nach Angaben der Dorfbewohner hatte die Kommunalbehörde die Frauen von Linyi dazu gezwungen, sich zwangssterilisieren zu lassen. Seit September 2005 stand Chen Guangcheng unter Hausarrest und wurde schließlich im August 2006 nach einem unfairen Gerichtsverfahren wegen „vorsätzlicher Zerstörung von Gemeineigentum und der Behinderung des Straßenverkehrs“ zu vier Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt. Auf Anweisung des Gefängnispersonals wurde Chen am 16. Juni 2007 von sechs Mithäftlingen zusammengeschlagen, weil er sich seinen Kopf nicht kahl scheren lassen wollte. Mit der Rasur sollte er bestraft werden für sein „ungehorsames Verhalten“, dass er sein Urteil beim oberen Provinzgericht anfechten wird.
Da Chen Guangcheng von Geburt an blind ist, ist er beim Verfassen dieses Antrages auf die Hilfe seines Anwalts oder seiner Frau angewiesen. Die Justizvollzugsbehörden gestatten ihm aber höchstens 30 Minuten Besuchszeit, entweder von seinem Anwalt oder von seiner Frau. So kann Chen aber unmöglich das Rechtsmittel gegen seine Haftstrafe formulieren und zu Papier bringen. Nach den Misshandlungen durch die Gefängnisinsassen im Juni hatte Chen über Schmerzen geklagt, war aber nicht medizinisch behandelt worden und deswegen aus Protest vorübergehend in einen Hungerstreik getreten. (ai)
Text erschienen in Epoch Times Deutschland Nr. 5 (30. Jan.-5.Feb. 2008)
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