Anwälte fordern die Freilassung eines chinesischen Kollegen
Wegen der Festnahme des Menschenrechtsanwalts Gao Zhisheng wird die chinesische Führung international von dessen Anwaltskollegen kritisiert. Professoren, Anwälte und Menschenrechtler aus USA, Europa, Kanada und Taiwan haben sich mit einem Schreiben an die chinesische Justizministerin gewandt. Unter den Unterzeichnern befindet sich auch ein deutscher Anwalt. Sie fordern in ihrem Brief die Freilassung ihres Kollegen und die Wiederherstellung der Lizenz seiner seit dem 14. Dezember 2005 zwangsweise geschlossenen Kanzlei in Peking. Sie geben ihrer Befürchtung Ausdruck, dass Gao in Gefahr ist, gefoltert zu werden.
Anwalt Gao war am 15. August von Unbekannten aus der Wohnung seiner Schwester in der Provinz Shandong entführt worden. Nach dem in China bekannten Spruch: „Polizei und Schläger sind eine Familie“, stellte die oberste Polizeibehörde in Peking drei Tage später seine Festnahme fest und erklärte, Gao stehe unter dem Verdacht der „Beteiligung an kriminellen Aktivitäten“. Diese Aktivitäten wurden bis heute nicht näher benannt.
Gao war in ganz China bekannt geworden wegen seiner beherzten und oft kostenlosen Verteidigung von Mitbürgern, die der Willkür von Staat und Parteifunktionären ausgeliefert waren. Unter ihnen befanden sich auch viele verfolgte Christen und Falun Gong-Anhänger. Aufgrund der bei seiner Arbeit gewonnenen bitteren Erkenntnisse über die Situation seiner Mandanten hatte er sich Ende 2005 in drei Offenen Briefen an Chinas Präsidenten Hu Jintao und Premier Wen Jiabao gewandt und darin eindringlich die Rückkehr zu einer den Menschen achtenden Politik gefordert.
„Die KP Chinas fürchtet sich vor Gao, weil Gao sich nicht vor ihr fürchtet.“
Die US-amerikanische Anwältin Dr. Terri Marsh, Initiatorin des Briefes an die chinesische Justizministerin, sagte: „Gao ist ein nobler Mensch, der den Mut hat, sein Leben einzusetzen bei der Anwendung der Gesetze, eben nicht zur Verteidigung der chinesischen kommunistischen Partei, sondern zur Verteidigung der moralischen Prinzipien.“ Sie fährt fort: „Die KP Chinas fürchtet sich vor Gao, weil Gao sich nicht vor ihr fürchtet.“
Kernpunkt des Briefes ist der Vorwurf, dass diese Festnahme und Inhaftierung eine Verletzung der internationalen Konvention für zivile und politische Rechte darstellt. China hat diesen Vertrag unterschrieben und seine Ratifizierung zugesagt. Die Unterzeichner erinnern die Justizministerin an die Pflicht, sicher zu stellen, dass Anwälte ihre Aufgaben ohne Furcht vor Bedrohung oder anderer disziplinarischer Folgen erfüllen können. Die Unterzeichner des Briefes haben sich auch an den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen gewandt. Ihr Adressat ist Manfred Nowack, der UN-Sonderberichterstatter für Folter. Nowack hatte im vorigen Jahr bei seinem Aufenthalt in Peking zur Untersuchung von Vorwürfen der Folter ein Treffen mit Anwalt Gao. Dr. Marsh brachte die Inhaftierung ihres Kollegen Gao Ende September in Genf gegenüber dem UN-Sonderberichterstatter für die Unabhängigkeit von Richtern und Anwälten zur Sprache. Dr. Marsh über dieses Treffen: „Ich möchte sagen, er wusste, was ich sagte, war wahr und wichtig, er bedankte sich mit seinen Blicken.“
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